2011-05-28

In Österreich soll die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft werden



Alle Zeichen deuten darauf hin, dass auf Betreiben der österreichischen Bundesregierung die allgemeine Wehrpflicht durch ein Freiwilligenheer (Berufsheer) ersetzt wird. Deshalb ist es dringend notwendig, sich mit diesem Thema gründlich auseinanderzusetzen. Die Plattform für den Austritt aus der EU veranstaltete am 10. März 2011 in Wien im Kolpinghaus/Alsergrund einen Informations- und Diskussionsabend  zum Thema „Wehrpflicht – Ja oder Nein“. Als Experte sprach der Präsident der niederösterreichischen Offiziersgesellschaft Herrn Generalmajor i.R. Günter Hochauer.
                  



Vortrag:
Wehrpflicht – Ja oder Nein?

Diese Frage hat im letzten halben Jahr eine hohe Aktualität erlangt, die eher unerwartet kam und man fragt sich was denn der Anlass dafür gewesen ist. Tatsächlich gab es keinen Notstand in unserem Staat, der das Lostreten der Wehrpflichtdebatte verlangt hätte. Ganz im Gegenteil, die Republik hat genug andere lebenswichtige Problembereiche, die dringend auf Reformen warten. Hier sollen nur beispielhaft der Bereich der Bildung und der Gesundheits-bereich genannt werden.

Die Österreichische Offiziersgesellschaft (ÖOG) als das „sicherheitspolitische Gewissen der Republik Österreich“ meldet sich immer dann zu Wort, wenn sie vermeint auf Fehlentwicklungen hinweisen zu müssen, um Schäden in der Gesellschaft abzuwenden. So hat sich die ÖOG auch in die laufende Wehrpflichtdebatte eingeschaltet und tritt vehement für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht ein. Der Vorwurf, die Entwicklungen in der Umgebung und den Wandel in der Gesellschaft nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, geht aber an der Wirklichkeit vorbei. Die ÖOG ist nicht nach rückwärts gerichtet und in überkommenem Denken erstarrt, sondern blickt sehr wohl nach vorne und verlangt die Beibehaltung der Wehrpflicht, allerdings in einer reformierten neuen Form unter Berücksichtigung der aktuellen Erfordernisse.

Es erweist sich als zweckmäßig zunächst einmal dien Inhalt der „österreichischen“ Wehrpflicht kurz darzustellen, um sich klar zu werden worüber man spricht.

Inhalt der Wehrpflicht in Österreich            

Die Wehrpflicht ist eine Verfassungsbestimmung und legt fest, dass jeder männliche österreichische Staatsbürger vom 17. bis zum 50. Lebensjahr wehrpflichtig ist. In dieser Zeit kann er für einen Einsatz einberufen werden.
Die Wehrpflicht umfasst die Stellungspflicht (Musterung), den Dienst im Präsenzstand in Form des Grundwehrdienstes und der Milizübungen, den
Einsatzpräsenzdienst sowie bestimmte Meldepflichten. Nur Wehrtaugliche kommen für eine Einberufung zum Präsenzdienst in Betracht.

Man kann aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigern und dafür einen Zivildienst leisten (also einen Wehrersatzdienst, keinen Alternativdienst!). Früher gab es eine „Zivildienstkommission“, die die Aufgabe hatte, in jedem Einzelfall die „Gewissensgründe“ eines Wehrdienstverweigerers zu überprüfen. Dann wurde im Sinn einer Liberalisierung die Zivildienstkommission abgeschafft und der erklärte Wille, den Wehrdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, als ausreichend für den Zivildienst erkannt. Seither besteht in der Praxis die freie Wahl zwischen Wehr- und Zivildienst. Um den Zugang zum Zivildienst nicht ausufern zu lassen, ist die Dauer mit neun Monaten festgelegt.
Zum Zivildienst können nur Wehrtaugliche einberufen werden, da sich der Zivildienst als Ersatzdienst nach den Kriterien des Wehrdienstes richtet. Fällt der Wehrdienst, fällt auch der Zivildienst mit allen seinen nachteiligen Auswirkungen auf den Sozialbereich. Im Jahre 2010 gab es von rd. 40 000 Wehrpflichtigen ca. 13 000 Zivildiener, die zur Aufrechterhaltung vieler sozialer Dienste auf dem gewohnten Niveau auf anderem Weg aufgebracht werden müssten. Das würde dem Staat hohe Mehrkosten verursachen, die bei Beibehaltung der Wehrpflicht zu vermieden werden könnten. Damit soll aber keineswegs der Eindruck vermittelt werden, dass das Argument für den Wehrdienst der Wegfall des Zivildienstes sei.

Ein Wegfall der Wehrpflicht würde grundsätzlich auch einen Wegfall der Stellungspflicht einschließlich der Stellungsuntersuchung (Musterung), für viele Wehrpflichtige die erste umfassende Gesundenuntersuchung überhaupt, bedeuten. Der Volksgesundheit würde dadurch kein guter Dienst erwiesen!
Der Grundwehrdienst ist mit einer Dauer von sechs Monaten festgelegt. Er dient zur Ausbildung des Wehrpflichtigen für eine Einsatzfunktion. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass eine umfassende Einsatzbereitschaft des Soldaten gegen Ende des sechsten Ausbildungsmonats erreicht wird. Für einfache Verwendungen kann dies aber auch schon früher angenommen werden. Nach dieser „Lehrzeit“ sollte der Soldat in eine Einsatzformation (Kompanie, Bataillon) eingeteilt werden. Handelt es sich dabei um eine Milizeinheit (nur nach einer Aufbietung/Mobilmachung vorhanden), sollte er in den auf den Grundwehrdienst folgenden Jahren in wiederkehrenden Milizübungen, die jeweils eine bis zwei Wochen dauern, weiter konditioniert werden. Für bestimmte Truppen des Bundesheeres, die als präsente Truppen für eine friedensmäßige Einsatzbereitschaft vorgesehen sind, sollte im Anschluss an den Grundwehrdienst eine Nutzungsphase im Rahmen der präsenten Truppen folgen.

Bis 2006 dauerte der Grundwehrdienst acht Monate. Damit konnte das oben dargestellte System, einerseits Milizübungen zu leisten und andererseits acht Monate in einem abzudienen, bedarfsgerecht umgesetzt werden. Dann wurde aber das bis dahin bewährte System zerstört. Durch den Bundesminister PLATTER wurde ohne sachlichen Zwang, wohl aber aus populistischen wahltaktischen Überlegungen, der Grundwehrdienst auf insgesamt sechs Monate reduziert. Damit wurde eine unheilvolle Entwicklung begründet, die das Bundesheer in ein Dilemma führen musste und eigentlich für die Sinnfrage des Weiterbestehens der allgemeinen Wehrpflicht verantwortlich ist.

Mit einem Schlag bekamen die Milizverbände keine übungspflichtigen Soldaten mehr (die verordnete Freiwilligkeit für Milizübungen brachte nicht den gewünschten Erfolg) und die zeitweise Einsatzbereitschaft der präsenten Truppen konnte auch nicht mehr gewährleistet werden. Dazu kam zu allem Überdruss die wehrpolitisch ohnehin höchst problematische „Systemerhaltung“. Von Anfang an wurden dem Bundesheer die finanziellen und personellen Möglichkeiten vorenthalten, seinen Betrieb mit eigens dafür vorgesehenen Bediensteten sicherzustellen. Die unverzichtbaren Hilfsdienste in den Bereichen der Verwaltung, Instandhaltung, Unterstützung und Betreuung mussten daher nach Absolvierung einer kurzen militärischen Grundausbildung, stets durch Wehrpflichtige („Systemerhalter“) übernommen werden. Beim acht monatigen Grundwehrdienst benötigte man daher zwei Wehrpflichtige pro Jahr zur permanenten Abdeckung einer systemerhaltenden Funktion. Jetzt aber, nach Einführung des sechs monatigen Grundwehrdienstes, erhöhte sich der Bedarf auf drei Wehrpflichtige. Damit werden derzeit rd. 60% eines Jahrganges für die Systemerhaltung verbraucht, ein im Sinne eines Wehrdienstes unhaltbarer Zustand. Damit war die Sinngebung für die Wehrpflicht praktisch weggebrochen. Anstatt nun Lösungen für eine Verbesserung auf der Basis der Wehrpflicht vorzuschlagen, begann man „das Kind mit dem Bad auszugießen“ und unter dem Vorwand von politisch nicht akzeptablen Ausweitungen von Verpflichtungen die Flucht nach vorne anzutreten und die leichteste aller Problemlösungen zu forcieren, nämlich die Abschaffung oder Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht. Angesichts der vorhersehbaren Entwicklung fällt es schwer nicht zu glauben, dass Absicht hinter dieser Entwicklung steht. Nachdem über viele Jahre die Landesverteidigung finanziell ausgezehrt wurde, entzieht man ihr nun auch noch die personelle Grundlage ihres Bestehens. Es scheint so als ob die im Untergrund wühlenden pazifistischen Kräfte die Oberhand erhielten.


Strategische Rahmenbedingungen

Vordergründig wird die Rücknahme der militärischen Kapazitäten mit der Veränderung der strategischen Lage in Europa begründet. Mit dem Wegfall des „Eisernen Vorhanges“ und der Auflösung des Warschauer Paktes sei uns „der Feind abhanden gekommen“ und die Gefahr einer militärischen Aggression sei nicht mehr gegeben, wird uns gesagt. Die Aufrechterhaltung einer „klassischen“ Armee mit ihren verschiedenen Waffengattungen und der Fähigkeit zur operativen Gegenkonzentration sei überholt. Man könne sich auf die Sicherstellung der Auslandseinsätze, auf die Luftraumüberwachung sowie auf die Fähigkeit im Falle von Katastrophen Assistenz zu leisten konzentrieren. Die neue Lage ermögliche eine weitere Reduzierung der Truppen auf einen Umfang, der ohne Weiteres durch Freiwillige abgedeckt werden könne. So etwa lautet die offizielle Lesart.

Vergessen wird dabei auf die Landesverteidigung! Gemeint ist hier natürlich die Art von Landesverteidigung, die unsere Gesellschaft, den Staat, vor den mittelfristig absehbaren Bedrohungen schützen soll. Wie auch in der jüngst herausgegeben „Österreichischen Sicherheitsstrategie“ aufgelistet, wird stellen
die Auswirkungen von
·         Terrorismus
·         grenzüberschreitender organisierter Kriminalität
·         „Cyber Angriffen“ (Angriffe auf IT-Systeme)
·        Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen
·         Migrationsbewegungen
·         Ressourcen- und Energieknappheit
·        natürlicher und von Menschen verursachter Katastrophen

die wichtigsten Formen „neuer“ Bedrohungen der Sicherheit der Menschen und ihrer Lebensgrundlagen dar. Der Schutz der lebenswichtigen Infrastruktur in unserem Land muss in Zukunft das zentrale Anliegen der Verteidigungspolitik und damit der Landesverteidigung sein. Dafür muss das Bundesheer vorbereitet sein. Man braucht dafür weniger Panzer und Artillerie und sonstige schwere Bewaffnung, als vielmehr eine große Anzahl an leicht bewaffneten Wach- und Sicherungstruppen, die zur Überwachung des Staatsgebietes, zum Schutz von sensiblen Kommunikationen und Objekten sowie für Ordnungsdienste zusammen mit der Sicherheitsexekutive befähigt sind. Dieser „Heimatschutz“ wäre die neue Form der Landesverteidigung.

Der für die laufende Reform immer noch maßgebliche Mobilmachungsrahmen des Bundesheeres von 55 000 Soldaten soll aber selbstverständlich weiterhin gelten. Allerdings beabsichtigt man listigerweise in  diese Zahl rd. 20 000 vorrätige Reservisten, die nicht in Formationen (Einheiten) organisiert sind, sondern nur als Einzelpersonen existieren, einzurechnen, um dem Schein einer erfolgreichen Reform wenigstens auf dem Papier zu wahren.

Der Weg in die Wehrlosigkeit scheint vorgezeichnet! Wir, die ÖOG, sehen in diesen Vorgängen – aus welchen Gründen auch immer- den Versuch zur unauffälligen Liquidierung des Bundesheeres und der Wehrhaftigkeit der Republik Österreich. Wir aber wollen  die Wehrpflicht erhalten, weil wir davon überzeugt sind, dass wir sie auch in Zukunft brauchen, um den Menschen in   unserem Land einen verlässlichen Schutz vor neuen Gefährdungen und Bedrohungen zu bieten. Wir verlangen allerdings eine reformierte neue Form           
der Wehrpflicht! Mit einer Fortsetzung des derzeitigen Systems sind wir aber nicht einverstanden! Das derzeitige „Produktionsergebnis“ der Wehrpflicht - weder eine funktionierende Miliz, noch eine praktikable Präsenzfähigkeit - rechtfertigt eigentlich nicht den derzeitigen Aufwand.

Am besten und im Sinne einer nachhaltigen Problemlösung wäre es, den     Grundwehrdienst wieder auf 8 Monate, besser auf 12 Monate, zu verlängern.
Damit wären so ziemlich alle Sachprobleme, wie die Systemerhaltung, ein hoher Ausbildungsstand, Kräfte für  Präsenzaufgaben und die  Übungserfordernisse für die Miliztruppen, schlagartig gelöst.



 Argumente für die Wehrpflicht

Sachargumente:     

Freiwillige Meldungen zum Wehrdienst reichen nicht aus, die erforderlichen Stärken zu Stande zu bringen.    
Es gibt überhaupt keine Anzeichen, dass sich genug Freiwillige melden werden. Zurückliegende und aktuelle Untersuchungen bestätigen dies. Auch die internationalen Erfahrungen sind alles andere als ermutigend.  8 Mill. Österreicher geben keine ausreichende Rekrutierungsbasis ab. Entscheidend sind nicht die Zahl der Meldungen zum freiwilligen Wehrdienst, sondern die dann tatsächlich als geeignet Befundeten (jeder Zweite bis Dritte). Die Schaffung von Anreizsystemen (Entlohnung, Berufsausbildung, Übernahme in den öffentlichen Dienst nach Beendigung der Dienstzeit, etc.) wird allein schon im Hinblick auf Beispielsfolgen nur unzureichend ausfallen. Viele längerdienende Soldaten werden erst durch das positive Erleben des soldatischen Dienstes motiviert, was beim Wegfall der Wehrpflicht nicht zum Tragen kommen würde. Die Erwartungshaltung in den Werbeerfolg ist haushoch übertrieben. Allein die Wehrpflicht kann die nach wie vor erforderliche Werbebasis für den Kadernachwuchs verlässlich sicher stellen. Wenn jemand unbedingt Soldat werden und sich auf längere Zeit verpflichten wollte, könnte er das auch heute schon tun. Was berechtigt zu der Annahme, dass beim Wegfall der Wehrpflicht  der Zuspruch sprunghaft ansteigen würde?

Was ist denn eigentlich der Bedarf an Freiwilligen?
Das Bundesheer verfügt derzeit über rd. 11 000 Berufskadersoldaten (Offiziere, Unteroffiziere) und rd. 5 000 längerdienende Soldaten. Jährlich rücken
rd. 25 000 Wehrpflichtige jeweils auf sechs Monate ein, wovon wie schon oben erwähnt rd. 60% in der Systemerhaltung eingesetzt werden und der Rest einer militärischen Ausbildung zugeführt wird (ohne allerdings im  Präsenzstand oder in der Miliz einen besonderen Einsatzwert zu erzielen). Für Assistenzleistungen zur Katastrophenhilfe stehen diese Kräfte auch zur Verfügung. Die wichtigste Funktion der Wehrpflichtigen im Grundwehrdienst ist aber die einer Werbebasis für den Kadernachwuchs und für freiwillig Längerdienende.

Für den Kadernachwuchs werden jährlich rd. 1 000 Freiwillige für eine mehrjährige (Soldaten auf Zeit) oder vieljährige (Berufssoldaten) Dienstzeit benötigt. Für die Miliz sind jährlich rd. 4 000 Freiwillige erforderlich, die nach einem Grundwehrdienst für Milizübungen verfügbar sind. Bei einem Wegfall der Wehrpflicht wären also jährlich rd. 5 000 taugliche Soldaten sozusagen auf dem freien Markt zu rekrutieren, das ist jeder Fünfte eines Stellungsjahrganges!
Das ist illusorisch! Ein Problem für sich wäre auch der Übergang auf ein Freiwilligensystem. Es würde nämlich – unter der Annahme, dass die erforderlichen Freiwilligen tatsächlich zu Stande kämen – etwa 10 Jahre dauern bis dass der Ersatz der rd. 12 000 Wehrpflichtigen, die derzeit ständig in der Organisation vorhanden sind, durch Freiwillige erreicht würde.


Gesellschaftspolitische Argumente:

Jedes Gemeinwesen, das zusammengefunden hat, hat das Bedürfnis seine Bürger und seine Ordnung vor fremden Anfeindungen zu schützen. Bedrohungen von Staaten (als Ausformung der Gemeinwesen) gab es schon immer und wird es auch immer geben. Es ist bloß die Frage wie sich die Auseinandersetzungen zur Durchsetzung staatlicher Interessen äußern.
Ein Wandel der Ausdrucksformen ist jedenfalls zu beobachten. In der modernen globalisierten Welt werden auch andere Formen der Konfliktaustragung in den Vordergrund treten, als wir sie aus der Vergangenheit in Form der konventionellen militärischen Konfrontationen kennen. Die Geschichte lehrt uns, dass Gemeinschaften, die nicht mehr bereit waren sich zur Wehr zu setzen und die allenfalls diese Aufgabe delegiert hatten, zum Untergang bestimmt waren. Die auf Selbstbestimmung ausgerichtete Gesellschaft kommt daher ohne Wehr nicht aus. Die Wehrhaftigkeit als Summe von Wehrwille und Wehrfähigkeit ist eine grundlegende und zeitlose  Selbstverständlichkeit in der Verantwortung des Souveräns, in der Demokratie also des Volkes.

Im Laufe der Geschichte hat sich das Volk das Recht, den Schutz der Gemeinschaft selbst bestimmen zu können, gegen die Willkür souveräner Herrscher oft erst recht mühsam erwerben müssen.
Die Wehrpflicht ist eine Errungenschaft der französischen Revolution, es ist ein  „legitimes Kind der Demokratie“, weil der Souverän, das Volk, unmittelbar wirksam wird und sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und es nicht wie seinerzeit anderen – z.B. Ritterheeren oder Söldnerheeren  – überlässt, die Entscheidung in lebenswichtigen Fragen herbeizuführen. Das Volk hat sich also das Recht auf die Ausübung des Militärhandwerks geholt. Damit wird dieses Recht der Gemeinschaft zur Pflicht jedes einzelnen Bürgers, seinen Platz  als Soldat (Wehrbürger) zu beanspruchen und auszufüllen.

Wehrpflicht hat daher immer auch eine bestimmte gesellschaftspolitische Bedeutung; man will die bewaffnete Macht nicht einer eigenen Gruppe in die Hand geben, die sich dann in der Isolation als „Staat im Staat“ mit allen negativen Auswirkungen  mausern könnte. Die ständige Rekrutierung junger Männer aus allen gesellschaftlichen Bereichen lässt stets zivilen Geist in das Heer einfließen und gibt so ein  natürliches Korrektiv ab und gewährleistet die  gesellschaftliche Integration der Soldaten im Volk.

Insofern ist die demokratische Staatsidee untrennbar mit der Idee des Volksheeres verbunden. Die Miliz ist ein besonderer Ausdruck der allgemeinen Wehrpflicht und des Volksheeres. Sie sorgt in besonderer Weise für die Verankerung  des Heeres in der Gesellschaft und für die Integration. Allgemeine Wehrpflicht und Miliz sind grundlegende zeitlos gültige Werte von hoher gesellschaftspolitischer Relevanz.

In gesellschaftspolitischer Hinsicht ist die Lage heute durch die postmoderne Spaß- und Wohlstandsgesellschaft gekennzeichnet, die immer weniger bereit ist ihr Recht auf Wehrhaftigkeit in Anspruch zu nehmen. Der Wehrwille der Gesellschaft ist im Abnehmen begriffen (Wehrdienstverweigerer/Zivildienst). Man ist zu gerne bereit das Militärhandwerk in fremde Hände zu legen. Die Überlegungen zur Aufstellung einer Berufs- und Freiwilligenarmee stehen im Lichte der obigen Ausführungen grundsätzlich im Widerspruch zur demokratischen Staatsidee. Eine Delegierung der Selbstbehauptung an einen kleinen Teil des Gemeinwesens an ein  Berufsheer wäre gleichbedeutend mit der Aufgabe des gemeinschaftlich getragenen Willens zur Wehrhaftigkeit der Gesellschaft. Im Grunde genommen wäre ein Berufs- und Freiwilligenheer mit einer Söldnertruppe gleichzusetzen, nur dass sich diese aus eigenen Bürgern rekrutiert. Das Heer muss zwangsläufig in die politische Isolation und Entfremdung innerhalb der Gesellschaft geraten. Es würde von „geistiger Auszehrung, Blutarmut und allerlei Verknöcherung befallen werden und hinter Kasernenmauern ein muffiges Eigenleben führen“. Das Berufs- und Freiwilligenheer würde zu einem Fremdkörper in der Gesellschaft mutieren und allerlei absonderliche Eigenheiten und Auswüchse hervorbringen. Solche Fehlentwicklungen können im Ansatz bei einigen europäischen Ländern mit Berufsarmeen registriert werden. Das geht bereits bis zur Anwerbung fremdländischer Staatsbürger, denen in der Folge als Belohnung die Einwanderung eröffnet wird. Die Auswirkungen auf die Motivation der Angeworbenen und deren Identifikation mit ihrer Aufgabe liegen auf der Hand. Dem gegenüber stehen natürlich die Berufssoldaten innerhalb eines auf allgemeiner Wehrpflicht beruhenden und als Miliz strukturierten  Heeres. Diese sind unverzichtbar für die Grundorganisation des Heeres. Sie treten aber als geschlossene Gruppe mit den sich daraus ergebenden Problemen  nicht in Erscheinung.

Die Wehrpflicht ist  auch ein wichtiger Integrationsfaktor für Bürger mit Migrationshintergrund. Erst durch den Militärdienst kommen viele von ihnen aus ihrem heimischen Milieu heraus und lernen die andere Seite kennen.

Die Wehrpflicht ist aber nicht unbedingt ein Wesensmerkmal der Demokratie.. Uralt Demokratien (USA, GB) leisten sich seit jeher in Friedenszeiten eine Berufsarmee ohne deshalb gleich ins demokratiepolitische Abseits zu geraten. Wehrpflichtarmeen sind somit keineswegs ein Merkmal für demokratische Strukturen, wie die Beispiele der Deutschen Wehrmacht und des ehemaligen Warschauer Paktes nachweisen.

Es ist sicher so,  dass das Nichtvorhandensein der allgemeinen Wehrpflicht die gesellschaftspolitische Verselbständigung eines Heeres mit den aufgezeigten  negativen Konsequenten erleichtert. Ob allerdings dieses Argument allein noch herhalten kann, um ein Berufs- und Freiwilligenheer abzulehnen, wäre  zu hinterfragen.  Wer dies tut, beleidigt die in demokratischer Tradition erzogenen Berufs- und Zeitsoldaten unseres Heeres. Nicht die Wehrform, sondern die demokratischen Kontrollinstanzen und die gesellschaftliche Einstellung zum Militär an sich sind die ausschlaggebenden Kriterien.


Wenn auch viele gesellschaftspolitische Argumente  für die  allgemeine Wehrpflicht sprechen, ist ein Festhalten an der Wehrpflicht allein aus einer demokratiepolitischen Grundhaltung heraus nicht mehr angebracht. In unserer entwickelten Demokratie scheinen doch genug Kontrollinstanzen zu existieren, um Fehlentwicklungen hinan zu halten. Ausschlaggebend für die Wehrpflicht sind die Sachargumente des personellen Bedarfes und die in höchstem Maße in Zweifel zu ziehenden Möglichkeiten die Erfordernisse auf der Basis von Freiwilligkeit zu erfüllen. Verstärkt durch gesellschaftspolitische Argumente verlangen die dargestellten Sachargumente eindeutig ein Festhalten an der allgemeinen Wehrpflicht verbunden mit einer tiefgehenden Reform des Wehrdienstes.

Kurzbiographie

Persönliche Angaben:
Geboren am 24. 4. 1941 in SCHEIBBS, NIEDERÖSTERREICH; Volksschule und Realgymnasium in WIEN, Matura 1959; Hauptwohnsitz: 3483 WAGRAM.

Militärischer Werdegang:

1959                                                            Eintritt in das Österreichische Bundesheer mit der Absicht Berufs-
Offizier zu werden; Waffengattung: Panzerjäger
1960 – 1963                        Theresianische Militärakademie WR. NEUSTADT;
                                            Leutnant mit 1. 10. 1963; Waffengattung: Jägertruppe
1963 – 1969                        Zugskommandant und Ausbildungsoffizier in einem  
                                            Ausbildungsregiment in KLAGENFURT;
                                            Kommandant einer Einjährig-Freiwilligen-Kompanie
1969 – 1972                        6. Generalstabskurs an der Landesverteidigungsakademie in
                                            WIEN; Hauptmann des Generalstabes mit 1. 10. 1972
1972 – 1973                        Einteilung im Planungs- und Aufstellungsstab der neuen
                                            Bereitschaftstruppe
1973 – 1975                        Referent für Organisation im neuen Armeekommando in WIEN
1975 – 1976                        Kommandant eines Jägerbataillons in KÄRNTEN
1976 – 1987                        Leiter des Referates Operation und stellvertretender Leiter
                                            der G3-Abteilung des Armeekommandos; Brigadier mit 1. 7. 1986
1987 - 1990                         Leiter des Referates Einsatzvorsorgen und stellvertretender Leiter  
                                            der Führungsabteilung im Bundesministerium für Landesverteidi-
                                            gung (BMLV)
1990 – 2000                        Leiter der Führungsabteilung im BMLV                                
2000 – 2002                        Leiter der Generalstabsgruppe B im BMLV; Divisionär (General-
                                            Major mit 1. 3. 2000
Ende 2002                           Übertritt in den Ruhestand
Seit 2005                             Präsident der Offiziersgesellschaft  NIEDERÖSTERREICH


***

 Dr. Eduard Paulus (Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft):

„Ethisch ist es mehr als bedenklich, die Landesverteidigung ausschließlich einer sehr kleinen Berufsgruppe zu überlassen. In wenigen Jahren ergäbe sich eine völlige Entfremdung zwischen Bevölkerung und Militär. In der Bevölkerung ginge mangels Erfahrung jegliches Grundverständnis für militärische Fragen verloren.“

Der Österreichische Kameradschaftsbund will ein Volksbegehren zum „allgemeinen Wehrpflicht für alle Staatsbürger“ machen. Das wird nicht nur angeregt, die Landesgruppe Oberösterreich will das tatsächlich durchführen.




         


  
          

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Noch Unterstützer/innen gesucht, welche die Einleitung des Volksbegehrens am Gemeindeamt oder Magistrat unterschreiben!!

http://www.webinformation.at/material/Austritt%20Seite1.pdf

2011-05-27

Widerstand musikalisch

 Zwei Nummern, die unter die Haut gehen:

Killez More - Nein zum EU-Vertrag

Die Bandbreite - Angst vor Lissabon

Die Bandbreite - Was ist los mit diesem Land?

So wird im EU-Parlament "gearbeitet" !

 Die Versammlung von Vertretern der Mitgliedsstaaten, genannt "EU-Parlament" ist kein volles Parlament. Es kann keine Gesetze beschließen und vertritt kein Volk. Es gibt kein EU-Volk. Laut EU-Vertrag von Lissabon vertritt aber das EU-Parlament das EU-Volk! Ausserdem sind die Abgeordneten nicht nach dem Gesetz der Gleichheit der Wahl gewählt. Es kann nicht sein, dass 1 deutscher Abgeordneter mehr deutsche Bürger und Bürgerinnen vertritt oder 1 österreichischer Abgeordneter mehr Österreicher und Österreichinnen vertritt als beispielsweise 1 maltesischer Abgeordneter.










2011-05-24

Geld in Gefahr: Erst Eurobetrug, jetzt Inflation?




Hans-Olaf Henkel (Bild: WDR/Melanie Grande)

Hans-Olaf Henkel (Ex-BDI-Chef, Buch: "Rettet unser Geld!")

"Rettet unser Geld! Deutschland wird ausverkauft – wie der Euro-Betrug unsere Wohlstand gefährdet", klagt der frühere BDI-Chef in seinem Aufsehen erregenden, gleichnamigen Buch. Hans-Olaf Henkel fordert einen radikalen währungspolitischen Schritt: "Ich schlage den gemeinsamen Austritt einiger 'Nordländer' wie Deutschland, Niederlande, Österreich aus dem Einheitseuro und damit die Begründung eines 'Nordeuro' vor. Den verbleibenden Ländern bleibt der Euro erhalten. Das wäre dann faktisch eine Art 'Südeuro'."

 
Frank Lehmann (Bild: WDR/Melanie Grande)

Frank Lehmann (Wirtschaftsjournalist)

Alle Umfragen belegen: "Die Angst vor Inflation ist immer mit die größte bei den Bundesbürgern", sagt der langjährige ARD-Börsenexperte. Weil viele Deutsche eine neue Inflationswelle fürchten, die Vermögenswerte und Renten abwerten könnte, flüchte man in Sachwerte wie Gold, Immobilien und auch Aktien. In seinem neuen Buch ("Über Geld redet man nicht") allerdings wiegelt Frank Lehmann ab: Eine Hyperinflation wie 1929 werde nicht kommen.

 
Sahra Wagenknecht (Bild: WDR/Melanie Grande)

Sahra Wagenknecht (Die Linke, stellv. Parteivorsitzende)

"Das Rettungsprogramm für Griechenland ist gescheitert, der Sparkurs ist ökonomischer Unsinn und ein soziales Verbrechen", sagt die stellvertretende Vorsitzende der Linken. Dieselben neoliberalen Rezepte hätten schon viele Entwicklungsländer ruiniert. Sahra Wagenknecht (Buch "Freiheit oder Kapitalismus") fordert eine Art Marshallplan für verschuldete EU-Länder, finanziert durch eine Vermögensabgabe der Reichen. Außerdem sollten die Banken stärker zur Kasse gebeten werden.

Prof. Dr. Wilhelm Hankel (Bild: WDR/Melanie Grande)

Prof. Dr. Wilhelm Hankel (Wirtschaftswissenschaftler und Eurokritiker)

Er ist ein Eurokritiker der ersten Stunde. Das Ende des Euro rücke näher, sagte der Wirtschaftswissenschaftler vor einem Jahr nach der Rettungsaktion für Griechenland. Die nächsten Hilfskandidaten in der Eurozone brauchten 500 Milliarden Euro. Deutschland werde davon 150 Milliarden zahlen müssen. Wilhelm Hankel klagte bereits 1997 vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung des Euro, damals erfolglos. Seine aktuelle Klage gegen den Rettungsschirm wurde angenommen. Ein Urteil wird noch in diesem Jahr erwartet.

2011-05-23

Prominente gegen den Euro und die EU

 Präsidenten, Verfassungsrechtler, Ökonomen und viele andere bekannte Persönlichkeiten raten: Raus aus dem Euro und kritisieren die EU heftig.

 

 Altpräsident Herzog kritisiert EU-Kurs der Bundesregierung



Altpräsident Roman Herzog Foto: Privat
BERLIN. Altbundespräsident Roman Herzog hat der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat vorgeworfen, leichtfertig Kompetenzen nach Brüssel abzugeben und somit das Prinzip der Subsidiarität zu unterlaufen. Tatsächlich gehe es in der EU längst schon um Uniformität, sagt er im Interview mit der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT.
„Eigentlich müßte man dafür schon das Wort ‘Uniformismus’ kreieren. Und das wiederum ist für mich ein Indiz dafür, daß die EU-Eliten die EU längst als entstehenden oder gar als bereits sehr weitgehend entstandenen Staat empfinden. Aber das war nie so vereinbart und ist auch durch nichts demokratisch legitimiert.“
„In Brüssel heißt das: ‘German vote’“
Warum Bundeskanzlerin Merkel gelegentlich „Madame No“ gescholten werde, könne er nicht nachvollziehen. Zwar protestiere die Bundesregierung in den EU-Ministerratssitzungen nachdrücklich gegen Gesetze, die einen rechtswidrigen Eingriff in die nationale Hoheit darstellen, enthalte sich in der anschließenden Abstimmung aber dann, um die Richtlinie  nicht zu blockieren.
„In Brüssel heißt das: ‘German vote’. Ich frage mich aber, wofür hat man denn eigentlich den Einstimmigkeitsgrundsatz, wenn man nicht mal gelegentlich, wenn die Dinge besonders manifest werden, nicht auch mal freundlich aber bestimmt nein sagt“, kritisierte Herzog. (JF)

 ***

Václav Klaus: Europa?

Knihy, 14. 1. 2011





Webseite Vaclav Klaus:

Das Buch besteht aus drei Hauptteilen. Der erste Teil befasst sich mit Europa, und ist der europäischen Integration und Unifikation gewidmet. Das halte ich persönlich für mein Hauptthema der letzten zwei Jahrzehnte – nachdem mein vorheriges Kernthema abgeklungen ist: das Ende des Kommunismus und die politische, wirtschaftliche und soziale Transformation vom Kommunismus zur parlamentarischen Demokratie und Marktwirtschaft. (In Deutschland muss ich hinzufügen – zur Marktwirtschaft ohne Adjektive).

Der zweite Teil enthält die Analyse der gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme, die ich als Professor der Volkswirtschaftslehre mein ganzes Leben lang studiere. Es ist die Sicht eines liberalen Ökonomen mit der Hayek-Mises Perspektive, der über die heutige europäische Untergrabung des freien Marktes verzweifelt ist. In diesem Teil möchte ich auf die komparative Analyse der Transformation im Multavialand und Albisland (der ehemaligen Tschechoslowakei und der DDR) nach dem Fall des Kommunismus aufmerksam machen.
Der dritte Teil ist mehr generell. Ich befasse mich mit den verschiedenen „Ismen“ der heutigen Welt, die – meiner Meinung nach – eine Bedrohung unserer Freiheit darstellen. Für eine äußerst wichtige Bedrohung unserer Freiheit (und Prosperität) halte ich besonders das Dogma der globalen Erwärmung.

(http://www.klaus.cz/clanky/2748)

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«Scheitert der Euro, scheitert Europa!» versicherte Bundeskanzlerin Merkel ihren Zuhörern auf dem World Economic Forum Ende Januar 2011 in Davos. Viele schüttelten die Köpfe. Wie das? Ist Europa so schwach, dass seine Existenz von einer Kunstwährung abhängt, die von einer Krise in die andere taumelt? Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien, Belgien, immer schwieriger und kostspieliger wird es, die hochdefizitären oder verschuldeten Staaten über Wasser zu halten. Einige der zugeworfenen Rettungsringe erwiesen sich als Bleigewichte, die den notwendigen Wachstumsschub verhindern. Merkel versuchte, den Ertrinkenden mit einem «Pakt für Wettbewerbsfähigkeit» zu helfen. Doch den hielten ihre Kollegen im Europäischen Ministerrat sowie die meisten Abgeordneten im Europäischen Parlament glattweg für Unsinn: Löhne runter, ihre Indexierung verbieten. Staatsausgaben einbremsen, Beamte entlassen. Pensionen kappen, Pensionsalter hinaufsetzen. Gesundheitsvorsorge einschränken und verteuern, Familienbeihilfen vermindern, das alles lässt sich politisch nicht durchstehen. Ertrinkende, die dem Diktat einer «Wirtschaftsregierung» nicht folgen, mit Strafzahlungen auch noch untertauchen, ist für viele keine gute Idee. Deshalb war das einzige, was der angedachte «Pakt» hervorbrachte, Ablehnung und Hass auf die deutsche Domina und ihr Gefolge.
Auf dem internationalen Parkett nehmen die Vertreter selbst kleiner Staaten die kabarettanregenden Auftritte von Frau Merkel, Herrn Schäuble und Herrn Westerwelle nicht mehr ernst. Man verstand, dass sie vor den zahlreichen Landtagswahlen ihre gegen die neuerlichen Belastungen aufmuckende Bevölkerung sedieren müssen, und ging zur Tagesordnung über. Wie beim ersten «Stabilitätspakt» der Herren Kohl und Waigel wird man ihren Vorschlägen in einigen Punkten vielleicht zustimmen und sie dem geduldigen Papier anvertrauen. Die Durchsetzung erwartet niemand. Wer will schon bei dem unter Hochdruck stehenden Dampfkessel der Währungsunion die Notventile verstopfen?
Also werden diese geöffnet. Von Stabilitätsfloskeln gut getarnt, wird hinter den Kulissen inzwischen die Maschinerie für die grenzenlose Geldschöpfung oder das «quantity easing» nach amerikanischem Vorbild auf Touren gebracht. Man ist jetzt drauf und dran, EZB, ESM und EFSF in Bad Banks zu verwandeln, welche gegen Zahlungsversprechen falliter Staaten diesen Kredite gewähren, ihre Schatzscheine aufkaufen und durch Umschuldungen die Rückzahlung von Staatsschulden auf den Sanktnimmerleinstag verschieben. Und weil die Bad Banks und «Stabilitätsfonds» keine Sicherheit bieten, sollen jetzt auch noch die Triple-A-Staaten wie Deutschland, Holland oder Österreich für die von ESM und EFSF aufgenommenen Anleihen in noch grösserem Ausmass bürgen. Inzwischen sind auch für sie die Finanzmarktzinsen für kurzfristige Kredite in den letzten Wochen um fast 50 Prozent gestiegen, während ihre Bonität abzunehmen beginnt. «Bürgen soll man würgen», heisst es im Sprichwort, und das geschieht jetzt. Durch die riesigen «vagabundierenden Geldmengen» ist bereits eine Art «Währungskrieg» ausgebrochen. Und auch die Inflation wirft ihre Schatten voraus, die exorbitanten Erhöhungen der Preise für Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel beginnen durchzuschlagen.
In dieser Situation kommt ein Buch gerade recht, das sich wohltuend von dem Flickwerk abhebt, mit dem kopflos gewordene Politiker das Scheitern von EU und Euro hinauszögern wollen, um ihre eigene Haut zu retten, «koste es, was es wolle».
Der Autor des Buches ist Václav Klaus, derzeit amtierender Staatspräsident von Tschechien, Professor für Nationalökonomie und vielfacher Ehrendoktor. Als ehemaliger Mitarbeiter in der tschechoslowakischen Nationalbank und als Finanzminister nach der Wende von 1989 ist er in Währungsfragen bestens ausgewiesen. Durch seinen Sachverstand ist er eine Rarität unter Politikern. In seinem neuesten Buch mit dem Titel «­Europa?» (Augsburg 2011, ISBN 978-3-9396-4535-1) findet sich eine Fülle von Aussagen sowohl zu den Fehlentwicklungen in der EU wie zur Europäischen Währungsunion und den verzweifelten Euro-Rettungsversuchen, die einfach unwiderlegbar sind. Hier wenigstens ein paar Kostproben:
Für Václav Klaus ist die Europäische Währungsunion schon «seit langem gescheitert» («Frankfurter Allgemeine Zeitung» vom 27. April 2010). Als wirtschaftlich begründetes Projekt hat sie «versagt» (S. 128 u.a.), sie hielt nicht, was sie versprach. Statt Wachstumsbeschleunigung trat Halbierung der Wachstumsraten ein. Die Kosten der Schaffung und Erhaltung der Währungsunion überstiegen die Erträge. Politisch gegen alle Einwendungen von ökonomisch-fachlicher Seite durchgesetzt, führte die Währungsunion nicht zum Zusammenwachsen, sondern zum Auseinanderdriften der Länder. Die starken Länder wurden geschwächt, in den schwachen Ländern entstanden ungesunde Blasen, die nun platzen und zu erhöhter Arbeitslosigkeit führen. Jetzt wird das politisch, nicht wirtschaftlich motivierte Währungsprojekt auf unverantwortliche Weise fortgesetzt «zu einem ungeheuer hohen Preis, den die Bürger der Länder der Eurozone bezahlen werden» (S. 131), sei es in Form von weiterer Einbusse an Wirtschaftswachstum gegenüber dem Rest der Welt, sei es im «Anstieg des Volumens an Finanztransfers, die den Ländern mit den grössten wirtschaftlichen und ­finanziellen Problemen geleistet werden müssen». Und dieser Preis wird «weiter steigen» (S. 132). «Der Euro wurde zu einer Gefahr für Europa!»
Auch als Ganze ist die Europäische Union gescheitert. Die mit der Ode an die Freude und Freiheit vielbesungene «Verbrüderung» ist nicht eingetreten. Sie lässt sich auch «nicht künstlich organisieren» (S. 31). Heute sind durch die EU «nicht nur Freiheit und Demokratie bedroht, sondern auch unsere Prosperität». Demokratie ist in Brüssel «nicht realisierbar» (S. 16): «Die Hauptfigur der EU ist nicht der Bürger, sondern der Beamte» (im Original fettgedruckt!). Er lebt «von mehr Planung, Regulierung, Kontrollierung und Koordinierung» (S. 25) und schädigt damit die wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung der einzelnen Länder. Demokratie funktioniert «nur auf der Ebene der Nationalstaaten» (S. 33). Werden die Nationalstaaten durch die Bewegung zu einem «ever-closer Europe» geschwächt, verschwindet die Demokratie. Die «sogenannte Vertiefung» ist «nicht nur unnötig, sondern auch politisch gefährlich und ökonomisch bremsend» (S. 24). «Europa war in der Vergangenheit nie eine politische Entität (und ohne Zweifel muss es auch nicht eine werden)» (S. 31). Mit «Vertiefung» und «Vereinheitlichung» oder «Unifikation» bringen wir in Europa ja keinen «Sonnenstaat» hervor, sondern weit eher die «‹Brave New World› von Huxley, eine Welt von Zamjatin, Orwell und Denkern dieses Typs» (S. 31). «Der Vertrag von Lissabon steht im Widerspruch zum Grundsatz der Souveränität des tschechischen Staates» (S. 42) und «des tschechischen Volkes» (S. 43). «Das heutige System des Entscheidens in der Europäischen Union ist etwas anderes als das von der Geschichte geprüfte und in der Vergangenheit erprobte System der klassischen Demokratie» (S. 51). Im Europäischen Parlament gibt es keine parlamentarische Opposition. «Wir haben [Anm.: im kommunistischen System] die bittere Erfahrung gemacht, dass dort, wo es keine Opposition gibt, die Freiheit verkommt.» (S. 51) Aber auch «eine eventuelle Stärkung des Europäischen Parlaments» wäre «keine Lösung für den demokratischen Defekt», er gehört zu «den unkorrigierbaren Geburtsfehlern» der Europäischen Union. (S. 64). Es gibt kein europäisches Volk oder keinen «europäischen Demos». «Die Auflösung der Staatsgrenzen und die Umwandlung vom ‹Europa der Staaten› zum ‹Europa der Regionen› beruht auf der Fehlideologie des Multikulturalismus. Der Versuch der ­politischen Eliten, «die EU weiter und tiefer zu integrieren, [führt nur] zu einer weiteren Vergrösserung des demokratischen Defizits und zu einer weiteren Entfernung vom Bürger» (S. 66). In Wahrheit schadet die EU der Europa-Idee (S. 64: Václav Klaus verweist hier auf so prominente Kritiker wie den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, den Abgeordneten Peter Gauweiler, den Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof, die Einbringer von Verfassungsbeschwerden beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe und auf den Dichter und Essayisten Magnus Enzensberger). Die EU «geht über die Köpfe der Bürger hinweg» (S. 65), wie das die Abstimmungen über die europäische Verfassung oder zur Einführung des Euro gezeigt haben. Deshalb wurde ja in vielen Staaten tunlichst vermieden, das Volk zu befragen.
Das Resümee, das Václav Klaus zieht, ist so eindeutig und logisch fundiert, dass ihm jeder einigermassen mitdenkende Bürger zustimmen muss: Die noch immer von einem Grossteil der politischen «Elite» betriebene Entwicklung der Europäischen Union hin zu einem Bundesstaat und einer Währungs- und Transferunion ist gescheitert! Sie war eine «idée fausse». Das nicht einzugestehen wird noch «enorme Kosten verursachen». Je früher wir aus der Erkenntnis des Scheiterns die Konsequenz ziehen, desto grösser ist die Chance, dass wir in Europa Freiheit, staatliche Souveränität, Demokratie, Wohlfahrt und kulturelle Identität in der Vielfalt ihrer Ausdrucksformen bewahren können. «L’Europe, c’est la diversité», es schöpft seine Kraft aus der Vielfalt seiner Völker und Staaten, nicht aus Gleichmacherei, Vereinheitlichung und Uniformierung. Wir brauchen, so Klaus, keine europäische oder «global governance», sondern die intergovernmentale Kooperation und Koordination von souveränen Staaten «auf gleicher Augenhöhe».
Das Buch sollte zur Pflichtlektüre unserer Politiker werden, womöglich noch bevor t­unesische oder ägyptische Verhältnisse bei uns eintreten.  
(Quelle)
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Wiener Wirtschaftwissenschafter Franz Hörmann:


"Banken erfinden Geld aus Luft"
Artikelbild: "Es gibt ein systemisches Betrugsmodell einer Institution, der in unserem

Wirtschaftssystem das Monopol zur Geldschöpfung über Kredite eingeräumt

wird", meint Franz Hörmann. - Foto: Franz Hörmann 
"Es gibt ein systemisches Betrugsmodell einer Institution, der in unserem Wirtschaftssystem das Monopol zur Geldschöpfung über Kredite eingeräumt wird", meint Franz Hörmann.
Warum das Finanzsystem ein Betrugsmodell ist, was Bilanzen damit zu tun haben und warum der ultimative Crash droht, erklärt der Wiener Wirtschaftwissenschafter Franz Hörmann
Für Franz Hörmann, Professor an der Wirtschaftsuniversität in Wien, ist die Zeit der Banken und des Geldes vorbei. Ein Paradigmenwechsel sowohl in den Wirtschaftswissenschaften, als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht, ist für ihn unumgänglich. Im Gespräch mit derStandard.at erklärt er, warum wir die Banken getrost ignorieren können, die freien Märkte "Blasenmaschinen zum Missbrauch für die Eliten" sind und noch in den nächsten drei Jahren der Zusammenbruch des gesamten Systems droht. mehr>>

Netzseite von Professor Hörmann:
Mein Name ist Franz Hörmann und ich bin a.o.Univ.Prof. im Institut für Unternehmensrechnung an der Wirtschaftsuniversität Wien.

B U C H P R Ä S E N T A T I O N:
"DAS ENDE DES GELDES - Wegweiser in die ökosoziale Gesellschaft"
Franz Hörmann, Otmar Pregetter
Video der Buchpräsentation sowie Podiumsdiskussion (98 Min.)
7-teiliges Video:
Kurzbericht, Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7

Berichterstattung auf FM4

Bericht über die Buchpräsentation auf "The Intelligence"

Interview in der Züricher Wochenzeitung [165 KB] (WOZ) vom 10.02.2011 (S 7)

Podiumsdiskussion am Do., 20.01.2011, 21:00 Uhr im Votiv-Kino, nach der Österreich-Premiere
des Films "ZEITGEIST - Moving Forward"

Live-Interview auf Deutschlandradio Kultur vom 30.12.2010, 9:00 Uhr: Text, MP3-Datei (Dauer: 11' 08")

Live-Interview auf Radio F.R.E.I. (Freier Rundfunk Erfurt International) vom 14.12.2010, 9:00 Uhr
zum Thema "Ende des Geldsystems": MP3-Download (Dauer: 23' 17")

Interview auf FM4 vom 6.12.2010, 15:01 Uhr zum "Bank Run Day": Text, PodCast, MP3-Download (Dauer: 5' 54")

Reflektierte Betrachtungen zum "Finanzsystem als Betrugsmodell" auf "The Intelligence"
29.11.2010

"Finale Krise des Finanzsystems im nächsten Jahr?" - Interview auf Telepolis (Heise) vom 16.11.2010
... war der 4t-häufigst gelesene Artikel des Jahres 2010

"Banken erfinden Geld aus Luft" - Interview im online-Standard vom 13.10.2010
... war der 3tt-häufigst gelesene Artikel des Jahres 2010

"Der Professor als Phantast" - Replik von Eric Frey ("KrisenFrey")

Weitere Aussagen von Gouverneur Dr. Ewald Nowotny: die Geldschöpfung der Banken, wie er sie versteht! (20.12.2010)

Stellungnahme von Gouverneur Dr. Ewald Nowotny vom 22.11.2010 zu einigen Aussagen im online-Standard Interview

Gegenargumente [1.881 KB] zu den Ansichten der Zentralbanker

Material und Hintergrundinformationen
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Wilhelm Hankel im Interview

"Trichet ist der Leichenbestatter"


Artikelbild: Wilhelm Hankel sieht als Folge der ökonomischen Krise die politische.  - Foto: Hankel 
Wilhelm Hankel sieht als Folge der ökonomischen Krise die politische.
  • Artikelbild: Die Professoren Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty, stehen am Freitag, 7. Mai 2010, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach der Übergabe einer Klageschrift gegen die deutsche Griechenland-Hilfe. Das Hilfspaket verstößt nach ihrer Ansicht gegen die EU-Verträge. Vor zwölf Jahren klagten vier renitente Professoren gegen die Einführung des Euro.  - Foto: APN/Rothermel


    Die Professoren Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty, stehen am Freitag, 7. Mai 2010, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach der Übergabe einer Klageschrift gegen die deutsche Griechenland-Hilfe. Das Hilfspaket verstößt nach ihrer Ansicht gegen die EU-Verträge. Vor zwölf Jahren klagten vier renitente Professoren gegen die Einführung des Euro.

    Wilhelm Hankel über den "mon­s­trösen Unsinn Wäh­rungs­union" und warum er gegen Euro und Griechenhilfe vor Gericht zog
Der deutsche Wilhelm Hankel hat zusammen mit drei anderen Professoren vor dem deutschen Verfassungsgericht gegen die Griechenland-Kredite geklagt.  Das zentrale Argument der Beschwerdeführer: Das Paket verletze das geltende No-Bail-out-Prinzip der Gemeinschaft, das besagt, dass kein EU-Staat für die Verbindlichkeit eines anderen aufkommen darf. Heuer im Mai übergab er mit Kollegen die Klageschrift in Karlsruhe. Für den 81-jährigen Professor war die europäische Währung von Anfang an ein lebender Leichnam, weswegen er schon gegen seine Einführung in Deutschland vor Gericht zog. Hankel schrieb Bücher wie die "Eurokrise" und die "Eurolüge" und sieht nicht ein, dass stabilitätsorientierte Länder den Wackelkandidaten mit Milliardenhilfen unter die Arme greiften. Schuldensünder wie Griechenland und Irland sähe der renitente Ökonom deswegen lieber heute als morgen "freiwillig" aus der Währungsunion austreten, wie er im Interview betont. mehr>>

Video


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Christian Rainer, Profil
Raus aus dem Euro?

Die Frage muss erlaubt sein. Eine Antwort auch.
Nach den Ereignissen der vergangenen Woche bieten sich zwei Themen zur Kommentierung an: die Briten bashen oder den Euro bashen. Die Briten samt all den Adoranten in Österreich hätten sich zumindest zynische Worte verdient: Welchen Defekt braucht es, um die durch Blut vererbten Herrschaftsprivilegien einer nachhaltig verhaltensauffälligen Aristokratie zu bejubeln? Oder ist dieses Verhalten am Ende nicht Symptom, sondern die Therapie einer wesentlich mysteriöseren Krankheit?

Wegen der geringen Auswirkung der Windsor-Hochzeit auf den Rest Europas wollen wir auf weiteren Spott verzichten, und auch – tolle Überleitung – weil die Briten dem Euro nicht beigetreten sind, skeptisch blieben und weiterhin dem Pfund vertrauen.

Der Euro also. In der vergangenen Woche zeigte sich zum wiederholten Male, dass Griechenland den Rest Europas belügt und zum Narren hält. Für ähnliche Aussagen haben sechs Griechen den Herausgeber von „Focus“ geklagt. Grund: eine Titelgeschichte des deutschen Nachrichtenmagazins zur Finanzkrise, die Coverzeilen „Betrüger in der Euro-Familie“, daneben die griechische Liebesgöttin Aphrodite mit Stinkefinger.

Was daran klagbar sein soll, bleibt ungewiss: Zunächst hatte Griechenland gefälschte Budgetzahlen an die EU gemeldet, dann versprach man Besserung, nun stellte sich heraus, dass die Zahlen zur Neuverschuldung im Jahr 2010 wiederum falsch waren. Kollege Markwort sollte noch eins drauflegen.

Die Krux: Österreich ist mit dem Schicksal Griechenlands eng verbunden. Was immer die Griechen und einige weitere EU-Mitglieder so treiben, kostet andere Staaten zumindest viel Geld und allenfalls einen Zusammenbruch der gesamten Geldwirtschaft. Dass die Verbindung vor allem in der gemeinsamen Währung besteht, liegt auf der Hand. Daher die Frage: Ist das alles noch sinnvoll, oder sollten wir eine Flucht zurück in ein partikulares Zahlungsmittel überlegen – sprich in den Schilling?

Die Antwort: Wir sollten zumindest überlegen. Kein Ausstiegsszenario parat zu haben ist fahrlässig. Aus folgenden Gründen: Erstens ist es eben gefährlich, einem derart labilen System auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Und das System ist derzeit zweifellos labiler, als es zu Zeiten des Schillings war. Gelegentlich wird das Gegenteil behauptet. Zum Beispiel heißt es, der Schilling wäre im Zuge der Finanzkrise ein Opfer von Spekulanten geworden, da Österreich durch die Exponiertheit seiner Banken in Osteuropa ein gutes Opfer gegeben hätte. Bewiesen ist das nicht einmal im Ansatz.

Vielmehr besteht eine derartige Gefahr eben genau jetzt. Details ab Seite 44 dieses Hefts. Nur so viel: Falls die ganze Angelegenheit im Wege eines Super-GAUs so unbeherrschbar wird wie ein japanisches Atomkraftwerk, dann gibt es in Europa keine guten und keine schlechten Staaten mehr, dann wird alles in einem Aufwaschen weggeschwemmt, egal wo die Verursacher sitzen. Aber die Schuldenkrise betrifft Österreich auch bei einer weichen Landung überproportional: nämlich in Relation zu den eigenen Außenständen der Republik. Falls eine gesamteuropäische Entschuldung durch Inflation notwendig wird – derzeit kein unwahrscheinliches Szenario –, dann profitieren die hoch verschuldeten und in der Folge hoch entschuldeten Staaten stärker als Österreich.


Und damit zu zweitens: Der Euro ist eben ungerecht, er bestraft die Tüchtigen und belohnt die Faulen. Früher war das anders. Wenn etwa die Italiener Mist bauten, dann wurde die Lira abgewertet. Dadurch verloren die Italiener selbst Geld, weil sie teurer importieren mussten (und mehr für Urlaubsreisen zahlten).

Nun ist das alles ziemlich undurchschaubar geworden. Beispiele: Falls der so genannte Schutzschirm für die nahezu Illiquiden nicht mehr schützt – dazu reicht ein Vertrauensverlust an den Finanzmärkten –, dann zahlt jeder Österreicher die Schulden der anderen per Haftungskapital: der Griechen, der Portugiesen, der Iren (nicht von Spanien, da wären wir wieder beim Super-GAU).

Das ist aus folgendem Grund besonders unfair: Hätte jeder Grieche auf staatlichen Pump (durch Transferleistungen) ein gutes Leben geführt oder wäre ihm sein halbes Haus von der Regierung finanziert worden, dann würden die Österreicher nun dafür zahlen. (Genau so war es.)


Hinzu kommt: Wer die Korruption, das Schwarzgeld und die Verteilung des Vermögens in vielen dieser Länder betrachtet, kann erahnen, dass es einen gut funktionierenden Wirtschaftskreislauf abseits des hochoffiziellen wie hoch darbenden Systems gibt. Der so zirkulierende inoffizielle Wohlstand wird aber nicht zur Bewältigung der offiziellen Krise angetastet.

Schlussfolgerung: Weil einerseits ein Crash und anderseits auch ohne Super-GAU eine grobe Benachteiligung einzelner Länder im Raum steht, braucht es Alternativen. Möglicherweise abseits des Euro, vielleicht mit einer Kernzone, allenfalls für Österreich allein, besser gemeinsam mit Deutschland und anderen. Zumindest als Notfallsplan.


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Rettung: Raus aus der EU
Ein elendes Gewürge war der EU-Gipfel vom Wochenende. Die östlichen Neu-Mitglieder sind praktisch alle bankrott. Aber die westlichen Altmitglieder wollen – und können! – sie nicht alimentieren. Bevor deswegen wieder Gutmenschen jammern, muß prinzipiell festgestellt werden: Polen, Ungarn und erst recht die baltischen Staaten hätten niemals in die EU aufgenommen werden dürfen.


Und zwar in ihrem eigenen Interesse.  Auf dem freien Binnenmarkt hatten ihre alten Industriekombinate keine Chance gegen die hochproduktive Konkurrenz der Deutschen, Franzosen usw. Eine flächendeckende Deindustrialisierung war die Folge. Der ganze EU-Osten verdiente Geld nur noch mit Hütchenspielen („Finanzinnovationen“) , Tourismus und Prostitution. Die einzige Rettung für diese Staaten ist: Raus aus der EU, Errichtung hoher Zollmauern gegenüber dem Westen, und im Schutz dieser Zollmauern Neuaufbau ihrer Industrie.

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Prof. Karl Albrecht Schachtschneider: Falls das Verfassungsgericht entscheidet, dass die „Euro-Rettung“ rechtswidrig ist, wird der Euro zerfallen. Mündliche Verhandlung schon im Frühjahr. - Euro, EU-Diktatur und Todesstrafe:  Michael Mross im Gespräch mit Prof. Schachtschneider.


Klage: Stand der Dinge


Prof. Albrecht Schachtschneider zeigt sich zuversichtlich, dass es in Sachen "Griechenland- und Euro-Rettung" im nächsten Frühjahr beim Verfassungsgericht zu einer mündlichen Anhörung kommen wird. Er geht davon aus, dass beide Verfahren zusammengelegt werden.


Bedenken, dass sich die Richter von der Politik blenden lassen werden, hat Schachtschneider nicht. Es sei die Aufgabe des Gerichts, Handlungen der Regierung auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen und wenn das Gericht mit rechten Mitteln arbeitet, dann muss es das Rettungspaket für verfassungswidrig erklären.

Euro: Zerfall 2011?

Für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung anberaumt werde, dürfte dies eine enorme Auswirkung auf die Finanzmärkte haben, prophezeit Schachtschneider – denn dann muss man damit rechnen, dass das Gericht Grenzen ziehen wird. Dann werde sich auch zeigen, ob wir immer noch ein Rechtsstaat sind oder nicht.


Dennoch rechnet Schachschneider, dass Brüssel auch bei den Verfassungsrichtern „hineinregiert“ – die Sache dürfte nicht ohne Schwierigkeiten seitens der EU ablaufen. Es sei ein ganz großer Kampf, der hier geführt wird, in dem es um die Zukunft Europas gehe.


Schachtschneider glaubt, dass das Ende des Euro spätestens dann gekommen sein wird, wenn das Verfassungsgericht bestätigt, dass die Rettungsmaßnahmen unrechtmäßig sind. Denn dann könne man nicht mehr damit rechnen, dass der Rettungsschirm fortgesetzt würde.


EU-Diktatur und Todesschuss bei Aufstand
Schachtschneider bescheinigt der Europäischen Union ganz klar diktatorische Tendenzen. Die Union sei in keiner Weise demokratisch legitimiert.

Wenn es nun zu den erwarteten Unruhen wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommt, hat sich die Union das Mittel geschaffen, auch zu töten um sich durchzusetzen. Das Recht auf Leben sei sehr relativiert durch die Zusatzerklärungen im Vertrag von Lissabon. Diese besagen, dass nicht nur die Todesstrafe im Kriegsfall eingeführt werden kann, sondern dass auch Aufstände und Aufruhr niedergeschlagen werden können, ohne dass das Recht auf Leben dem entgegenstehe – also auch Tötungsmaßnahmen, so Schachtschneider.

Es sei unfassbar, dass deutsche Politiker dies durchgehen lassen haben. Sie haben den Vertrag wohl nicht zur Kenntnis genommen.

Schachtschneider glaubt, dass diese brachialen Maßnahmen von den EU-Politkern gerade im Hinblick auf erwartete Schwierigkeiten geschaffen wurden. Dem gleichen Zweck dienen auch die eigenständigen EU-Polizeikräfte, welche derzeit aufgebaut werden. Man rechne in Brüssel mit Verteilungskämpfen, ausgelöst durch Währungsunion und Finanzkrise, welche dann mit den Sondereinheiten niedergeschlagen werden können.


Es besteht laut Schachschneider die akute Gefahr, ein autoritäres Regime zu schaffen. Die Voraussetzungen dazu seien jedenfalls schon umgesetzt.
Was tun?

Das Volk muss anders wählen und auf die Straße gehen um eine andere Politik einzuleiten, fordert Schachtschneider. Es gehe nicht an, dass diese Parteien, die nicht nur eine Politik gegen die Interessen Deutschlands machen sondern auch gegen die Interessen der Völker Europas weiterhin an der Macht bleiben.


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Im Gespräch: Professor Dieter Spethmann

„Deutschland verschenkt seinen Wohlstand“

Mit der Diskussion über die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms hat die Panik an den Finanzmärkten etwas nachgelassen. Das Euro-Problem jedoch ist nicht gelöst, erklärt Dieter Spethmann, der frühere Vorstandsvorsitzende der Thyssen AG.

Professor Dieter SpethmannProfessor Dieter Spethmann

Dieter Spethmann vertritt die Ansicht, Deutschland müsse aus dem Euroraum austreten, da das Land ohne Aufwertung der eigenen Währung große Teile seines Wohlstands verschenke. Die Länder in Europas Süden dagegen müssten den Euro aufgeben, da sie keine Chance hätten, ohne Abwertung ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder erlangen zu können. An der Restrukturierung ihrer Schulden führe kein Weg vorbei, erklärt er.

Wie würden Sie die Rolle von Stahl im wirtschaftlichen Geschehen beschreiben?

Stahl ist nach wie vor der zentrale Werkstoff der Welt, wie schon seit 150 Jahren. Er wird es auch bleiben. Allerdings hat sich der Markt deutlich verändert. So haben sich die Eisenerzproduzenten kartelliert; es gibt nur noch drei große auf der Welt. Zu meiner Zeit ist so etwas nicht passiert, da die Kunden aufgepasst haben. Auf der Kundenseite fand ebenfalls ein Konzentrationsprozess statt. Als Beispiel kann in Europa die starke Marktstellung der Mittalgruppe gelten, während China als Land 25 Prozent oder mehr der Weltstahlproduktion auf sich gezogen hat. Zusammenfassend: Stahl ist ein zentraler Werkstoff und wird es bleiben. Diejenigen, die in dem Geschäft Erfolg haben wollen, sollen gefälligst sehen, dass sie den Erfolg erzielen.

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Hans Olaf Henkel:

Deutschland raus aus Euro! Für Nord-Euro
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Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel begrüßt einen möglichen Austritt Griechenlands aus dem Einheitseuro. Alternative sei der koordinierte Ausstieg Deutschlands und Gründung einer eigenen Gemeinschaftswährung - dem  „Nordeuro“. Einführung eines europäischen Zentralstaates als „Nebenprodukt von Eurorettungspaketen durch die Hintertür skandalös".


„Es ist zu begrüßen, dass Professor Sinn den möglichen Austritt Griechenlands ins Gespräch bringt. Bisher hatte sich die deutsche Wissenschaft darauf beschränkt, die negativen Folgen eines „Weiter so“ in unterschiedlicher Weise zu beschreiben, aber eine echte Alternative hatte noch niemand angeboten“, erklärt Henkel. „Die hysterische Reaktion auf Sinns Vorschläge zeigt überdeutlich, dass sowohl einige seiner Kollegen, als auch die meisten Vertreter der Wirtschaftspresse und der Politik die Diskussion über eine Abkehr vom Einheitseuro weiterhin mit einem Tabu belegen wollen.“


Zwar sei auch er der Meinung, dass ein Austritt Griechenlands zu starken Verwerfungen führen könne, aber er hoffe, dass nun eine nüchterne Diskussion über Alternativen zum Einheiteuro auch in Deutschland geführten werden, „In Finnland, Holland, im angelsächsischen Bereich, selbst in Spanien, ist eine solche Diskussion längst im Gange“, so Henkel. Eine weitere Alternative sei der von ihm vorgeschlagene koordinierte Ausstieg Deutschlands und einiger anderer Länder aus dem Einheitseuro, verbunden mit der Gründung einer eigenen Gemeinschaftswährung (Arbeitstitel: „Nordeuro“). Für die verbleibenden ca. 12 Länder solle der Euro erhalten bleiben.

Man dürfe sich zudem nicht wundern, so Henkel weiter, wenn mit immer neuen „Rettungsschirmen“, die zu Lasten Deutschlands und einiger anderer Länder aufgespannt würden, die jeweilige Bevölkerung nicht nur mit wachsendem Unbehagen gegen den Einheitseuro, sondern auch gegen das „Projekt Europa“ reagiert. Es zeige sich immer deutlicher, dass sich eine kleine Anzahl von nördlichen „Geberländern“ einer größeren von „Nehmerländern“ gegenübersieht und finanziell ausgeliefert ist.

„Das Geheimtreffen in Luxemburg zeigt auch“, so Henkel, „dass in den südlichen Ländern nicht nur die Bereitschaft, sondern auch die Fähigkeit, sich dem Diktat aus Sparkurs, wachsender Arbeitslosigkeit und Verlust der eigenen Steuerbasis zu beugen, drastisch abnimmt. Immer lauter wird auch dort der Ruf nach eigenen Wegen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit. Nicht nur Griechenland und Portugal, auch Spanien und Italien werden ohne eine vom Einheitseuro abgekoppelte flexiblere Währung, mit eigenem Wechselkurs und ihrer Wirtschaftssituation angepassten Zinssätzen keine Chance haben, jemals ihre Wettbewerbsfähgikeit wiederherzustellen.“ Es würde immer klarer, dass der Einheitseuro nicht zu weniger, sondern zu mehr Spannungen innerhalb der Länder des Euroraums führe. Dem Ausstieg Griechenlands aus dem Einheitseuro, wie er von Prof. Sinn in Erwägung gezogen wird, sei sein Plan auf jeden Fall vorzuziehen. „Dem Schreckensszenario des Sturms auf die Banken in Athen würde so die Grundlage entzogen, die Möglichkeit, wenigstens einen Teil ihrer Staatsschulden in Euro zurückzuzahlen, bliebe erhalten“. Vor allem könnten so die Nordländer ihr finanzielles Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen.

Henkel fordert Politik, Wirtschaftswissenschaftler und Medien auf, sich mit der von ihm vorgeschlagenen Alternative eines gemeinsamen Austritts einiger „Nordländer“ aus dem Einheitseuroraum zu befassen. Auch die Deutschen sollten sich nicht länger weismachen lassen, dass in zwei deutlich unterscheidbaren Wirtschafts- und Finanzkulturen das Festhalten an einer Einheitswährung, „koste es was es wolle“, ohne Alternative sei.

„Die Meinung, dass wir vom Euro am meisten profitierten, haben unsere Politiker von denen der Nehmerländer einfach übernommen. Sie stimmt nicht“, so Henkel. „Wir profitieren vom Binnenmarkt, nicht vom Euro. Die Abhängigkeit unserer Exporte vom Euroraum ist seit Einführung des Einheitseuros sogar gesunken“. Zwar würden deutsche Exporteure vom Aufwertungseffekt eines Nordeuros negativ beeinflusst, inzwischen sei Deutschland aber auch Importvizeweltmeister geworden, ca. 45% aller deutschen Exporte würden vorher importiert. „Dem Aufwertungseffekt durch Einführung eines „Nordeuros“, muss man andere positive Effekte gegenrechnen, wie billigere Importe, günstigere Energiekosten und eine insgesamt niedrigere Inflationsrate“, so Henkel.

Für undemokratisch, ja skandalös, hält Henkel die Einführung eines europäischen Zentralstaates als „Nebenprodukt von Eurorettungspaketen durch die Hintertür“. Man könne das wollen, dann müsse die Politik das aber auch klar auf den Tisch legen. „Wo bleibt der Bundestag?“, fragt Henkel, „Hatte er mit der Aufgabe der D-Mark eine Währungsunion in einem Europa der Vaterländer oder eine Transferunion in einem Vaterland Europa beschlossen?“

Interview im Compact-Magazin/Video und und und... 

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Ökonom Gerald Mann:

"Deutschland und Österreich raus aus dem Euro"

Griechenland strauchelt nach wie vor, das Land braucht ein zweites finanzielles Hilfspaket, das steht nun fest. Der Münchner Volkswirt Gerald Mann, der an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management lehrt, nennt die Vorgänge rund um die Rettung des südeuropäischen Landes nur noch lakonisch "Konkursverschleppung". Das im Vorjahr eilig aufgestellte 110 Milliarden Euro schwere Rettungspaket sollte das Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit vermeiden, zumindest hinausschieben. "So konnte Griechenland eine Defizit-Volkswirtschaft bleiben, die weiter mehr Leistungen von anderen importiert als sie ihnen zur Verfügung stellt." mehr>>>

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Professor Joachim Starbatty - Interview:

http://wn.com/Joachim_Starbatty


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Professor Nölling Video


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Top-Ökonomen


 Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz:

Glücksspiel mit unserem Planeten

"Letztlich verliert, wer in Las Vegas zocken geht, mehr, als er gewinnt. Als Gesellschaft zocken wir mit unseren Großbanken, unseren Kernkraftwerken und unserem Planeten. Wie in Las Vegas werden möglicherweise ein paar Glückliche - die Banker, die unsere Wirtschaft in Gefahr bringen, und die Eigentümer der Energieunternehmen, die unseren Planten in Gefahr bringen - ein Vermögen machen. Aber durchschnittlich und so gut wie mit Sicherheit werden wir als Gesellschaft wie alle Glücksspieler verlieren".

"Meine Hoffnung für 2011 lautet: Wir hören nicht mehr auf die selbst ernannten Finanzmagier, denn die haben uns diesen Schlamassel eingebrockt. Wir sollten vielmehr unseren gesunden Menschenverstand benutzen: Wenn es schmerzhaft wird, dann sollte der Großteil des Schmerzes von denjenigen ertragen werden, die für die Krise verantwortlich sind, und von denjenigen, die von der Blase vor der Krise am meisten profitiert haben".

Financial Times 

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Paul Krugman:

«Die Schweiz ist wie China und Israel»

Paul Krugman, Professor für Wirtschaft an der Princeton Universität.
Paul Krugman, Professor für Wirtschaft an der Princeton Universität.

Bild: cash

Starökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman äussert sich im cash-Video und im Interview über Inflation, über die Schweiz, die SNB-Politik und warum Griechenland wahrscheinlich aus dem Euroraum fliegt.
«Man erwartet von mir, dass ich optimistisch bin», sagte Wirtschaftsprofessor Paul Krugman zu Beginn seiner Rede am Swiss Economic Forum am Donnerstag in Interlaken. «Aber ich schaffe das nicht». Krugman, der in Sachen Prognosen kein Blatt vor den Mund nimmt und sich selber als «arrogant» bezeichnet, sieht die Entwicklung in Europa ziemlich düster.

«Die Krise in Europa stellt für die Weltwirtschaft die grösste Gefahr dar», sagte Krugman. Europa habe wirklich grosse Probleme. Der Professor, der immer mal wieder die temporäre Verstaatlichung der Banken fordert, zweifelt daran, dass das Rettungspaket für Griechenland erfolgreich sein wird. Das Land werde wahrscheinlich den Euroraum verlassen müssen, denn die Staatsschulden im Vergleich des Bruttoinlandproduktes würden in den nächsten drei Jahren weiter ansteigen.

Paul Krugman, Professor für Wirtschaft an der Princeton Universität, gilt als einer der besten und angesehensten Ökonomen der Welt, er wurde 2008 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Krugman ist New-York-Times-Kolumnist und Mitglied des Wirtschaftsrats von Präsident Barack Obama.

Das wirkliche Sorgenkind sei aber Spanien, sagte Krugman in seinem Vortrag. Das Land, dessen Handelsbilanz seit 2002 nur noch sinkt, müsste eigentlich seine Lohnkosten um etwa 20 bis 30 Prozent senken, sagte Krugman, was aber unwahrscheinlich sein.

Im Anschluss an seine Rede beantwortete Krugman Journalisten-Fragen zur Lage der Schweiz.

Welche Rolle spielt die Schweiz in der Krise?


Die Schweiz war wie ein ruhiger Hafen, sie hatte keine grossen Blasenbildungen. Die Schweizer Finanzen sind in einer guten Verfassung. Die Schweiz hat aber ein Problem mit grossen Finanzinstitutionen und dem Franken, der zu stark werden will.

Wie beurteilen Sie die Politik der Schweizerischen Nationalbank?


Präsident Philipp Hildebrand macht eine interessante Politik. Wenn aber die Schweiz ein grösseres Land wäre, dann wäre sie in grossen Schwierigkeiten. Die Schweiz macht ja eigentlich das, was China tut. Beide intervenieren, um die eigene Währung zu schwächen. Aber die Schweiz ist ein so kleines Land, dass Ihr davonkommt. Die beiden chinesischsten Länder ausser China sind die Schweiz und Israel. Nur weiss das niemand. Beide Länder haben eine Vergangenheit von Interventionen am Devisenmarkt. Die Schweiz war also ziemlich langweilig in dieser Krise, und langweilig ist gut.

Wie lange kann die SNB die Politik der Interventionen aufrechterhalten?

So lange wie sich die Euroländer nicht darüber beklagen. Es gibt keine natürliche Grenze. Man kann so viele Franken drucken, wie man will.

Aber das Risiko der Inflation steigt damit an.


Kaum. Die Schweiz hat eine unterdrückte Wirtschaftsleistung. Und schauen Sie das Beispiel Japan an. Wenn Sie Leitzinsen von nahe null haben und die Geldmenge ausweiten, ist dies überhaupt nicht inflationär.

Können Sie eine Einschätzung darüber machen, wie viel der Euro gegen den Franken noch sinken kann?

Nein. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht.

Wann erreicht der Euro die Parität zum Dollar?


Das hatten wir ja schon einmal im Jahr 2002. Aber es bräuchte eine grosse Kapitalflucht aus Europa, dass so etwas nochmals passiert.

Stichwort «Too big to fail»: Sind die beiden Schweizer Banken zu gross für die Schweiz?


Das Problem sind nicht die Banken, sondern die Grösse des Bankensektors. Ein so grosser Bankensektor verglichen mit der kleinen Volkswirtschaft, das ist ein wenig hässlich. Es ist ein bisschen das isländische Problem, nur waren die Schweizer Banken nicht so verrückt wie die isländischen. Die Schweiz hat das Problem, dass sie steuerliche Verantwortung hat für internationale Institutionen wie die UBS. Die Idee, dass die Schweizer Regierung der «lender of the last resort» sein muss, ist eigenartig. Aber so ist es.

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Nigel Farage : 

Europas neue Weltordnung


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 Prof. Dr. Eberhard Hamer:



 

Nicht nur EU-Transferunion, sondern auch Haftungs- und Schuldenunion

Das Politbüro der EU-Kommissare treibt die Europäische Union systematisch von einem zuerst nur wirtschaftlichen Zusammenschluss demokratischer europäischer Staaten zu einer nur noch scheindemokratischen (Dekorativ-Parlament), die Mitgliedsländer zentral beherrschenden Diktatur nach kommunistischem Vorbild (Zentralkomitee).
Ursprünglich sollten alle Regelungen nur einstimmig beschlossen werden, um auch kleine Länder nicht zu überrollen. Inzwischen jedoch ist dies abgeschafft, gilt das Mehrheitsprinzip, so dass sogar grosse Länder überrollt werden können. 84 Prozent der Regelungen in den europäischen Mitgliedsländern kommen so – auch ungewollt – aus Brüssel, sind zwangsweise von den nationalen Parlamenten nur noch «umzusetzen», das heisst zu vollziehen.
Entsprechend hat der Vertrag von Lissabon auch die einzelnen Nationalstaaten innerhalb der EU abgeschafft. Es gibt danach keine Nationen mehr, sondern nur noch «EU-Bürger» in EU-Provinzen. Konsequenterweise hätten die nationalen Parlamente und Regierungen längst abgeschafft werden müssen, sind noch dekorativ vorhanden, aber haben immer weniger oder kaum noch substantielles, politisches Gewicht.
Entsprechend hat die EU die Zuständigkeit für Wirtschaftsfragen immer mehr bis auf die persönlichen Bedingungen der Bürger ausgedehnt, sich inzwischen auch für den EU-inneren Einsatz eine EU-Truppe geschaffen, ist gerade dabei, ein EU-Aussenamt mit 7000 EU-Diplomaten zu schaffen, um damit sämtliche EU-Aussenminister überflüssig zu machen, und strebt nun – wie EZB-Präsident Trichet verraten hat – auch Finanz- und Haushaltskompetenz über alle 27 Mitgliedsstaaten an, will sie also auch noch ihres wichtigsten und grundsätzlichsten demokratischen Gestaltungsrechtes berauben.
Von Anfang an hat sich die EU immer stärker zu einer Umverteilungs- und Bestechungsmaschine entwickelt, welche Gelder der Mitgliedsländer einzog und damit nicht nur selbst immer mehr verbrauchte, sondern vor allem auch neue Länder durch Bestechungsleistungen zur Mitgliedschaft bewog und – wie die Türkei – schon im Vorfeld mit Zahlungen bedenkt, damit diese der EU beitreten und damit die Macht des Zentralkomitees vergrössern. Alle Mitgliedsländer werden in unterschiedlichem Masse mit EU-Subventionen beglückt, eigentlich um durch solche Umverteilung einen Wohlstandsausgleich in der EU herbeizuführen. Tatsächlich sind aber die am Dauertropf der EU hängenden Nettoempfänger nicht stärker geworden, sondern haben sich an diese Dauersubventionen gewöhnt und ihre Ausgabeüppigkeiten immer stärker darauf eingerichtet.
Im Zeitraum 1976 – 2008 haben die Haupt­empfängerländer folgende Leistungen empfangen (in Milliarden Euro):
Spanien    157,5
Griechenland    133,5
Portugal    72
Irland    67,5
Gesamt    430,5
Davon war Deutschland mit Mehrbelastungen beteiligt:
Spanien    81
Griechenland    69
Portugal    37,5
Irland    39
Gesamt    226,5
Insgesamt haben Griechenland, Spanien, ­Irland und Portugal von 1976 bis 2008 287 Mia. Euro als Nettoleistungen von der EU im wesentlichen auf Kosten Deutschlands erhalten.
Vergleicht man die wichtigsten Nettozahler und Nettoempfänger in der EU von 2004 bis 2008, so war die Reihenfolge der Nettozahler:
Deutschland    31,4%
Frankreich    16,7%
Grossbritannien    13,8%
Italien    12,1%
Niederlande    10,4%
Dem stehen als wichtigste Nettoempfänger gegenüber:
Griechenland    24,4%
Spanien    23,9%
Polen    15,5%
Portugal    12,7%
Irland     4,9%
20 Jahre Umverteilung hat also die Wirtschaftkraft der Empfängerländer relativ nicht verbessert, sondern sie sich offenbar an diesen Dauertropf gewöhnen lassen. Eigentlich hätten sie durch diese hohen Zuschüsse sich nicht auch noch zusätzlich verschulden müssen, haben aber über die Subventionszahlungen hinaus noch die gefährlichste Verschuldung ihrer Haushalte in Kauf genommen.
Dass Deutschland absolut und relativ der Hauptzahler der EU geworden und geblieben ist, war politisch gewollt und von deutschen Politikern offenbar auch geduldet, während z.B. Grossbritannien durch Protest von Frau Thatcher seine Leistungen fast halbieren und dadurch natürlich die deutschen Zahlungen erhöhen konnte. Auch Frankreich hat seinen EU-Beiträgen entsprechend hohe Gegenleistungen angepasst und liegt dadurch im Nettobeitrag etwa halb so hoch wie Deutschland. Hätte Deutschland nur die normalen Nettobeiträge der anderen zu zahlen gehabt, hätte es z.B. von 1991 bis 2008 nicht 145,9 Mia. Euro leisten müssen, sondern nur 84,8 Mia. Euro. Deutschland ist also in seiner Funktion als Zahlmeister gegenüber allen anderen Nettozahlern unangemessen belastet worden, oder anders ausgedrückt: Die deutschen Politiker haben in ihrer Euro-Begeisterung oder aus Untertänigkeit hingenommen, dass Deutschland von Anfang an und zunehmend durch die anderen EU-Länder ausgeplündert wurde. Begründet wurde dies immer mit den Exportüberschüssen Deutschlands, der guten Konjunktur oder den gegenüber Korruptionsstaaten solideren Staatsfinanzen. Per saldo bleibt jedenfalls: Die EU war immer schon eine Transferunion zu Lasten Deutschlands; Deutschland ist tributpflichtig für die wachsenden Zahlungsbedürfnisse der EU der meisten europäischen Mitgliedsländer.
Die subventionierten EU-Mitgliedsstaaten haben sich aber nicht mit den jährlichen Subventionen aus den soliden Staaten – insbesondere Deutschlands – begnügt, sondern darüber hinaus sich auch noch kräftiger verschuldet als die Geberstaaten. Während 2010 die gesamte Euro-Zone im Durchschnitt mit 85% ihrer Wirtschaftsleistung (BIP) verschuldet war (Deutschland 2% darunter), schaffte es Griechenland auf 143%, Irland auf 96% und Portugal auf 93%. Der kriminelle Schuldenstand war für Griechenland 329 Mia. Euro, für Irland 148 Mia. Euro und für Portugal 161 Mia. Euro.
Dass die Schuldnerstaaten überhaupt so hohe Schulden auftürmen konnten, hing mit dem gemeinsamen Euro zusammen, der als Gemeinschaftswährung den Mitgliedsländern Verschuldung in dieser gemeinsamen Währung erlaubte, auch wenn nach allen europäischen Verträgen keine Gemeinschaftshaftung für solche Einzelschulden der Länder galt (No-bail-out-Klausel). Die internationalen Zockerbanken hatten jedoch längst darauf gezählt, dass sie auch mit leichtsinnigen Krediten an die Schuldnerländer nicht allein stehen, sondern durch die Macht ihrer Hochfinanz über die US-Regierung, die Macht der US-Regierung über die EU-Kommission sowie die Macht der EU-Kommission über die Mitgliedsländer im Notfall Hilfe bekämen. Tatsächlich hat dann in der US-Immobilienkrise 2008 der damalige US-Finanzminister und ehemals während 10 Jahren Goldman-Sachs-Präsident Paulson für verzockte Kredite der US-Grossbanken Staatshaftung in nie gekannter Grössenordnung (700 Mia. Dollar) übernommen und die europäischen Satellitenstaaten zu gleicher Staatshaftung für die überschuldeten Banken in Europa und den USA gezwungen, so dass die private Bankenüberschuldung zur Staatsüberschuldung wurde.
Als dann die grosse Dollarflutung der FED das Vertrauen in diese Währung weltweit zerstörte und statt des notwendigen Dollar-Zuflusses von 2 Milliarden täglich ein Dollar-Abfluss vor allem in den Euro die Zahlungsfähigkeit der USA bedrohte, wurde durch Down-Rating von Griechenland dessen Refinanzierungsmöglichkeiten und Zahlungsfähigkeit gefährdet.
Auf Betreiben der EU-Kommission, die darin eine willkommene Gelegenheit zur Übernahme der Finanzhoheit über die Länder sah, wurden angebliche «Rettungsschirme» in Höhe von zuerst 440 Mia. Euro, 2011 auf 700 Mia. Euro erhöht, geschnürt, um angeblich den griechischen, irischen und portugiesischen Staatsbankrott sowie denjenigen anderer Länder zu verhüten, in Wirklichkeit aber, um den internationalen Zockerbanken die Abschreibung ihrer an Griechenland unter anderem leichtsinnig vergebenen Kredite zu ersparen. Eine private Beteiligung an dem Hilfspaket war nämlich nicht vorgesehen.
Mit der gemeinsamen Hilfe und Haftung der europäischen Mitgliedsländer untereinander, die vor allem eine Haftung und Zahlung Deutschlands ist, ist aber das Ziel der strippenziehenden US-Hochfinanz und der am gleichen Strang ziehenden Brüsseler Kommission noch nicht erreicht. Vor allem letztere kämpft bereits offen für eine Zahlungsübernahme der wenigen starken Länder, insbesondere Deutschlands, für die Schulden der unsoliden europäischen Schuldnerländer. Da letztere auch in der Mehrheit sind, ist dies in Brüssel auch durchsetzbar, obwohl es verfassungswidrig ist:
•    Eine Haftungs- oder Schuldenunion ist nach allen Europa-Verträgen ausgeschlossen. Das Brüsseler Politbüro betreibt also damit bewusst Euro-Verfassungsbruch.
•    Auch nach deutschem Verfassungsrecht ist es nicht zulässig, die Haftung und Schulden anderer Länder grundsätzlich und dauerhaft zu übernehmen. Die deutsche Regierung begeht also ebenfalls nationalen Verfassungsbruch.
•    Transfer-, Haftungs- und Schuldenunion bedeuten – wie Trichet kürzlich mit Recht betont hat – das Ende der innerstaatlichen Finanzhoheit der Mitgliedsländer und eine neue Oberfinanzhoheit des EU-Politbüros. Damit ist im Gegensatz zu allen demokratischen Verfassungen das letzte und wichtigste demokratische Souveränitätsrecht zentralisiert worden.
•    Die Mitgliedsländer haben damit sämtliche demokratischen Mitwirkungsrechte und ihre Souveränität an das Brüsseler Zentral-kommissariat verloren, welches seinerseits nicht demokratisch gewählt, auch nicht demokratisch kontrolliert, sondern von internationalen Finanznetzwerken ferngelenkt wird.
Das ist das Ende des «ewigen Demokratiegebotes» unseres Grundgesetzes, unserer nationalen Souveränität und der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger für mehr als 80% aller Regelungen, die sie betreffen.
Letztlich aber dient die Transfer-, Haftungs- und Schuldenunion dazu, das teuflische Spiel der Bankenzockerei mit faulen Krediten, faulen Finanzprodukten und faulen Währungen fortzusetzen und die Täter nicht selbst dafür in Haftung nehmen zu können, sondern alle Risiken auf die Mitgliedsländer und ihre Bürger zu sozialisieren. Mit anderen Worten werden die Spielschulden der unsoliden Zockerbanken zuerst verstaatlicht und dann die Pleiteländer mit den soliden zu Gesamtschuldnern zusammengebunden, so dass aus den Schulden Griechenlands, Portugals, Irlands oder Spaniens nun deutsche Direktschulden werden, nur um den internationalen Banken ihre Kredite zu erhalten.
Mit dieser Haftungs- und Verschuldungsunion haben die internationalen Banken einen Sprengsatz unter das Euro-System gelegt: Zwar kann die Einzelschuld eines Landes durch Haftungs- und Schuldenübernahme zur Gesamtschuld vieler Länder vergrössert und damit die Zahlungsunfähigkeit eines Landes einmal oder mehrmals vorübergehend verhindert werden; die Hoffnung ist jedoch trügerisch, dass überschuldete, unproduktive, lange über ihrer Verhältnisse gelebt habende Euro-Länder nun durch Sparen wieder gesunden könnten. Vielmehr hat man wie bei einer Seuche den Virus nur weitergereicht, auf alle übertragen und statt kleinerer Einzellösungen eine Generalbereinigung notwendig gemacht. Diese kann wie in den USA zunächst noch durch weitere Geldflutung und steigende Inflation herausgeschoben werden, wird aber immer in eine Währungsreform münden.
Für die deutschen Bürger ist damit klar: Die internationalen Bankster, die betrügerische griechische Politik, unsere eigene Regierung Merkel unter Zustimmung von Rot und Grün sowie das Zentralkomitee in Brüssel haben unter mehrfachem Verfassungsbruch unseren deutschen Wohlstand verspielt, die Währungsreform wird
•    viele Bürger verarmen lassen,
•    viele Firmen, Arbeitsplätze und Arbeitseinkommen kosten,
•    deswegen auch sinkende Steuern und Sozial­abgaben bringen, die wiederum drastisch sinkende Sozialleistungen, Renten und öffentliche Gehälter erzwingen werden.
Es tröstet nicht, dass dieser Zusammenbruch nun alle europäischen Staaten treffen wird – die USA möglicherweise schon früher. Jedenfalls wird damit die grösste Wohlstandsphase – wenn auch Scheinblüte – des deutschen Volkes enden. Mit diesem Zusammenbruch werden allerdings auch wohl die heute noch herrschenden Parteien vom Wähler verjagt und die gesellschaftliche Umwälzung nicht ohne bürgerkriegsähnliche Unruhen vollzogen werden.
Diese internationalen Bankster und die dem Brüsseler Politbüro gehorsame Regierung mit ihren grünen und roten Helfern hat uns ohne Not in private (Banken-) und fremdstaatliche Finanzkrisen hineingezogen und dem deutschen Volk damit – entgegen ihrem Amtseid – mehr geschadet als jede vor ihr.  
(Quelle: Zeit-Fragen)