Das globale Ausbeutungsszenario hat mit dem Freihandel der komparativen Vorteile David Ricardos, der den gegenseitigen Wohlstand der beteiligten Länder im Auge hatte, nichts gemein. Die Ausbeutung ist zweiseitig. Kapitaleigner (Kapitalisten) beuten die Arbeitskräfte in den weniger entwickelten Ländern im Fernen Osten, aber auch in Mittel- und Osteuropa aus, deren Löhne (zum Teil) menschenunwürdig sind (A. G. Scherer, Multinationale Unternehmen und Globalisierung, S 78 ff.), beuten aber auch die Verbraucher in den (bisher noch) hochentwickelten Länder aus, die weit die Kosten übersteigende Preise zahlen (können), zum Teil wegen der Währungsverhältnisse und zum Teil, weil sie (noch) an den Leistungen der eigenen Wirtschaft durch Entgelte und Transferleistungen partizipieren, zum nicht unwesentlichen Teil aber auch auf Kredit (USA), der nicht zurückgezahlt werden kann und dessen Risiko unter Ausnutzung der Kapitalverkehrsfreiheit mit den Folgen der Finanzmarktkrise (2008/2009) ebenfalls globalisiert worden ist.
Freilich sinkt die Kaufkraft der Bevölkerung ganz unabhängig von einem gewissen Wachstum, das nicht mehr ausreicht, um die Zinslasten zu tragen, und erst recht unabhängig von der Ausbeute einiger Weniger in Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport. Deutschland ist (noch) exportfähig und exportstark, so dass das Sozialprodukt und damit die Kaufkraft nur langsam, aber doch stetig sinken. Aber der Export der deutschen Wirtschaft schwindet, weil der schuldenfinanzierte Import vor allem in den USA weitgehend zum Erliegen gekommen ist. Die krassen Unterschiede zwischen den Kosten für die Arbeit und den am Markt in anderen Regionen erzielbaren Preisen ermöglichen außerordentliche Kapitalrenditen. Erwartet und erwirtschaftet wurden in den Sparkassen, von der Deutschen Bank 25%. (N. Blüm, Gerechtigkeit, S 107, Josef Ackermann, Manager-Magazin.de vom 15.03.2009. der am 25%-Ziel auch in der Finanzmarktkrise festhält, Handelsblatt v. 27.04.09, S. 1 8). Die in (mehr oder weniger) geschlossenen Volkswirtschaften normale Nähe der Preise zu den Kosten, das Optimum der Grenzkostenpreise des Modells der vollständigen Konkurrenz (Krugman/M. Obstfeld, Internationale Wirtschaft, S. 165 ff) ist verloren.
Die Ausbeutung durch die Varianten der Außenwirtschaft, der Globalisierung also, geht auch zu Lasten von Arbeitnehmern, zumal der gering qualifizierten Arbeitnehmer (Stolper-Samuelsen-Theorem, A. G. Scherer, Multinationale Unternehmen und Globalisierung, S. 80; vgl. U. van Suntum, Die unsichtbare Hand. Ökonomisches Denken gestern und heute, 1999, S 190 ff.) und damit des Faktors Arbeit, der durch die niedrigen Verbraucherpreise scheinbar begünstigten Verbraucherländer, welche die durch den Standortwechsel oder auch durch den Import der in den Billiglohnländern produzierten Waren und Dienstleistungen arbeitslos gewordenen Menschen ihres Landes alimentieren müssen. Das kostet im großen und ganzen nicht weniger, sondern wegen der sozialen Folgeschäden eher mehr als die Entlohnung dieser Menschen für Arbeit. Volkswirtschaftlich müssen diese Transferleistungen den Preisen für die Waren und Dienstleistungen hinzugerechnet werden. Die importierten Güter kosten die auf hohem Preisniveau verbrauchenden Länder mehr als wenn sie im eigenen Land mit den dort einzelnen Verbraucher preisgünstig sind. Immer ist die volkswirtschaftliche (makroökonomische) von der betriebswirtschaftlichen (mikroökonomischen) Betrachtung zu unterscheiden. Außerdem zahlen die Länder, deren Arbeitsplätze verloren gehen, mit der Würde der Menschen, denen die Arbeit genommen wird (Zur Würde der Arbeit BVerfGE 7, 377 (397); 50, 290 (362); K. A. Schachtschneider; Recht auf Arbeit – Pflicht zur Arbeit, S 303, 320 ff.). die Würde hat freilich keinen Preis (Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 68) und wird darum von den Ökonomisten nicht in Frage gestellt. Mit den entwürdigten Arbeitnehmern werden die Familien ruiniert und schließlich das Gefüge des Gemeinwesens destabilisiert.
Die Wirklichkeit der Volkswirtschaften, deren Faktoren im Inland nicht ausgelastet sind, erweisen das Gegenteil komparativer Vorteile durch den Außenhandel. Auch Skalenerträge kommen diesen Ländern jedenfalls nicht zugute, wenn die Massenproduktion in die Billiglohnländer verlagert ist. (…)
Wenn das im Inland generierte Kapital im Ausland investiert wird, obwohl es im Inl)and benötigt wird, ist das trotz aller Nähe der Kapitaltransfers in das Ausland zum Außenhandel mit der Freihandelslehre nicht mehr zu rechtfertigen. Es ist kein Freihandel, Arbeitskräfte des Auslands zu nutzen, wenn die Arbeitskräfte im Inland nicht beschäftigt werden.
(Aus K. A. Schachtschneider, Verfassungsrecht der Europäischen Union. Teil 2 Wirtschaftsverfassung mit Welthandelsordnung S 442 ff.)
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