Wirklich nicht? Griechenland, ein armes Land, das von seiner glänzenden Vergangenheit lebt, aber an einer lausigen Gegenwart scheitert, macht sich daran, einen der gewalttätigsten Sparpläne seiner Existenz durchzusetzen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou, ein Sozialist, möchte darüber das Volk entscheiden lassen, wie er am Dienstag angekündigt hat. Das verblüffte Europas Eliten und versenkte die Börsen der Welt in den Orkus.
Entdemokratisierung der Mitgliederstaaten
Früher brandete in Europa Protest auf, wenn ein König seine unzufriedenen Untertanen von der Kavallerie niedersäbeln liess, heute breitet sich Entsetzen aus, wenn ein Regierungschef ein demokratisches Referendum anstrebt. Was ist mit Europa geschehen, dem ehemaligen Laboratorium der Demokratie?
Der Euro, aber auch die Europäische Union lange zuvor, haben jene Staaten, die sich mit guten, wenn auch vielleicht naiven Absichten zusammengeschlossen haben, dazu gezwungen, peu à peu Souveränität nach Brüssel oder Frankfurt abzugeben. Während die EU-Kommission und die Regierungen und vor allem die Bürokratie dadurch gestärkt wurden, entdemokratisierten sich die Einzelstaaten – ohne dass in der Zentrale neue, demokratische Institutionen geschaffen worden wären.
Neue Epoche der Restauration
Was in diesem Zusammenhang oft als Beispiel gepriesen wird, das europäische Parlament, ist eine Bühne für ohnmächtige und wortreiche Politiker. Das Budgetrecht fehlt ihnen. Westminster, das englische Parlament, war schon vor vierhundert Jahren weiter. Das ist es, was Europa bedrücken muss: der Rückgang an Demokratie.
Zuweilen scheint es mir, als ob wir in eine neue Epoche der Restauration einträten. Jener reaktionären Zeit nach der Französischen Revolution, als eingesperrt wurde, wer ein Referendum verlangte. Noch hat man Papandreou nicht verhaftet. Vielleicht erleben wir auch das. Weil er das einzig Richtige getan hat.
Basler - Zeitung
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