2011-07-29

Unser Potential als Bürger ausschöpfen – hin zu einer gerechteren Wirtschaftsweise


«Die drei Arten von Zeit – Ausstieg aus dem Hamsterrad». Erkenntnisse von Ivo Muri aus sieben Jahren Zeitforschung

von Madeleine Dommen
md. «Die drei Arten von Zeit – Ausstieg aus dem Hamsterrad» – so lautet der Titel des neuen Hörbuches von Ivo Muri, das am 18. Juli 2011 anlässlich des Open-airs Nottwil der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. In anregendem Austausch mit den Zuhörern wurden Ausschnitte aus seinen Texten vorgelesen, die sich mit den Themen Demokratie, Bürgersein, Wirtschaft, Arbeitslosigkeit, Zeit, Geld, Zins, und vor allem auch Frieden und Wohlergehen befassen.
In seiner Laudatio würdigte der Luzerner Kantonsratspräsident Leo Müller die wichtigen Impulse, die Ivo Muri durch seine Forschung und seine Bemühungen um die Verbreitung seiner Erkenntnisse in Politik und Gesellschaft einbringt.
Ivo Muri entstammt einer Unternehmerfamilie, welche Kirchturmuhren und Glockenantriebe herstellt. 1994 gründet er sein eigenes Unternehmen, die ZEIT AG. Ein Freund, der nach zweijähriger Arbeitslosigkeit gesundheitlich zu Grunde geht und stirbt, ist ihm Anlass für viele Fragen. Wie ist unsere Wirtschaft eingerichtet? Warum gibt es viele Arbeitslose, obwohl viel Arbeit und auch viel Geld vorhanden ist? Warum ist Zeit Geld? Was ist eigentlich Zeit, was eigentlich Geld? Warum nimmt die Dauerarbeitslosigkeit zu, aber auch die Verbreitung des Burnout? Meint Demokratie nicht das Kleinräumige, wo wir für die Gemeinschaft bürgen können?
Es beginnt eine jahrelange Forschung, in der er zu vielen weiteren Menschen Kontakte knüpfen kann, die sich zu diesen Fragen ebenfalls schon vertiefte Gedanken machten. Er entwickelt eine grundlegende Analyse, die überraschende, neue Einsichten ermöglicht. Mit Ausflügen in die Geschichte, Beispielen aus der Gegenwart und Erfahrungen aus dem Alltag erklärt Ivo Muri anschaulich und sachlich seine Forschungsergebnisse.
Muris grosses Anliegen ist es, diese Analyse für jeden verständlich zur Verfügung zu stellen, so dass wir alle unser Potential als Bürger ausschöpfen und eine Veränderung hin zu einer gerechteren Wirtschaftsweise vorantreiben können.
Die Bedeutung der Demokratie und des Bürgers spielen dabei eine zentrale Rolle. Der Bürger, weil er für die Gemeinschaft bürgt, sorgt dafür, dass die Gesetze in der Weise gemacht werden, dass sie für jeden zu Wohlergehen führen, zu Geborgenheit und Ruhe. In einer Demokratie würde es unter dieser Prämisse keine Arbeitslosigkeit geben, die im Grunde die Talente vieler Menschen brachliegen lässt. Die Menschen würden sich die Wirtschaft so organisieren, dass niemand Existenzangst haben müsste. Was aber sind die Gründe, die die Menschen im Hamsterrad immer schneller rennen lassen? Die ihnen die Zeit für die Beziehungen in Familie und Gemeinschaft stehlen? Die die Existenzängste zu einem Massenphänomen anwachsen lassen?
Im folgenden stellen wir Ihnen einige Gedanken aus dem Hörbuch und dem Referat von Ivo Muri vor, welche er ausdrücklich unter der Prämisse «Hören Sie – staunen Sie – und denken Sie selbst» allen Interessierten zur Diskussion vorlegt:
Ivo Muri unterscheidet drei Arten von Zeit. Einmal die Zeit der Uhr – die Zeit der Planetenbewegungen. Dann die Zeit des Lebens – die Lebensenergie und als drittes die Zeit der Wirtschaft – Zeit ist Geld.
Mit Uhren und Kalendern bilden wir die Planetenbewegungen ab, also nicht Zeit, sondern Bewegung im Raum. Wir versuchen damit, die Zeit des Lebens zu strukturieren und zu planen mittels des Uhrmasses und des Kalenders (Chronos). Sie helfen uns, unser Zusammenleben zu koordinieren und Zeitabsprachen zu treffen. Im Zeitalter der Globalisierung wurde die internationale Zeit und die Internet­zeit geschaffen. Wer aber Raumgrenzen auflöst, löst auch Zeitgrenzen auf. Zeitprobleme werden akuter. Dies ist ein Hinweis darauf, dass wir die Welt eher kleinräumig organisieren sollten. Entschleunigung ist angesagt.
Die Zeit des Lebens kann man als Lebensenergie verstehen, welche jedes Wesen von der Geburt bis zum Tod in Bewegung hält (je nach Kultur oder Philosophie Seele, Psyche, Chi, Prana, Kairos genannt). Die seelische, psychische Lebensenergie versucht im Leben die richtigen Prioritäten zu setzen, in Harmonie zu sein, ohne Stress und Druck sinnvoll und in Beziehung zu leben.
Zwischen der Lebensenergie und der Planetenbewegung bestehen enge Wechselwirkungen, beispielsweise durch den Tag-Nacht-Rhythmus, die 4 Jahreszeiten, die Mondphasen usw. Das Aufgeben des Tag-Nacht-Rhythmus bei der Arbeit, die fehlende Erholung durch unregelmässige Schlafzeit, Freizeit und Ferien führen zu Stress und Krankheiten, seelisch und körperlich.
In der Wirtschaftszeit ist Zeit Geld. Warum? – Geld wurde an die Zeit gekoppelt. Überall, wo mit Fixkosten gearbeitet wird, ist Zeit Geld in Form von Monatslohn, Monatsmiete, Versicherungsprämie usw. Bei einer Krise müssen sich die Menschen bemühen, ihre Fixkosten zu berappen. Die Länder müssen Sparpakete schnüren, um die Schuldzinsen zu bezahlen. Ivo Muri ist überzeugt: Wenn man die Mechanik der Fixkostenspirale kennt, kann man neue Lösungswege finden und aus dem Hamsterrad aussteigen. Wir könnten das Geld wieder in den Dienst der Menschen stellen, den Wachstumszwang beenden.
Die heutige Finanzkrise ist nicht zufällig, namhafte Persönlichkeiten haben seit Jahren gewarnt. Ein Beispiel ist Prof. Heinrich Bortis, Wirtschaftshistoriker der Universität Fribourg, der bereits 1992 in seinem Buch «EWR und EU – Irrwege in der Gestaltung Europas» vor den Folgen des zu grossen Währungsraumes der EU gewarnt hat. In einem kurzen Interview lässt Muri den anwesenden Autor selber zu Wort kommen, welcher seine damaligen Voraussagen nochmals ausführt. Seine Hauptkritik war damals: In der EU werden Industrien keinen dauernden Standort mehr kennen. Menschen werden dauerhaft von Arbeitslosigkeit betroffen sein, sie werden krank. Freihandel führt zu Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer wegen der hohen Fixkosten. Der selbstregulierende Markt ist eine Utopie. Er vernichtet menschliche und gesellschaftliche Substanz. Die Schere zwischen Reich und Arm wird weiter auseinandergehen. Dabei wäre der Mensch als zutiefst soziales Wesen fähig, wahre kulturelle Höchstleistungen zu erfüllen. Er warnt angesichts der Entwicklungen im ehemaligen Jugoslawien oder heute in den nordafrikanischen Staaten davor, gewachsene Grenzen als unwichtig in Frage zu stellen.
Die offensichtlich fruchtbare Zusammenarbeit der beiden Forscher führte natürlich zur Frage, wie wir das Hamsterrad stoppen könnten.
Ivo Muri sagt dazu: Wenn es uns gelingt, zwischen den drei Arten von Zeit zu unterscheiden und deren Wechselwirkungen zu verstehen, würden wir die Wirtschaftszeit der Lebenszeit unterordnen. So könnten wir Lösungen finden im sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich, und zwar auf allen Kontinenten, so dass ein gerechtes und friedliches Zusammenleben möglich würde.
Ivo Muri macht konkrete Vorschläge. Es gehe darum, die Koppelung von Zeit und Geld zu lösen. Wir könnten unsere Staatsverfassungen und Gesetze in der Demokratie ändern, indem wir als Bürgerin und Bürger aktiv werden. Durch eine sachliche Analyse, ohne Feindbild von links/rechts, Frau oder Mann können wir Antworten finden. Geld gehört unter staatliche Kontrolle. Nationalbank und Kantonalbanken dürfen nicht privatisiert werden. Währungsräume sollen national sein.
Es ist sinnvoller, in kleineren Organisationseinheiten und Währungsräumen zu leben, da kleine und überschaubare Staatswesen ihre Aufgaben und Probleme besser lösen können.
Und schliesslich sollten wir Geld wieder eichen über Nahrungsmittel, damit sich Geld- und Realwirtschaft wieder koppeln lassen. Ausgerechnet das wichtigste Mass haben wir bis heute nicht analog des Metermasses oder des Litermasses geeicht.
Nach diesen einführenden Gedanken wurde der Film «Momo» gezeigt, gedreht nach der Geschichte «Momo» von Michael Ende. In eindrücklicher Weise konnten die Zuschauer und Zuhörer die Parallelen ziehen zwischen den «grauen Männern» im Film und der heutigen globalisierten Wirtschaft, aber auch dem reichhaltigen Leben einer Kleinstadt und dem Gedanken der Lebenszeit, wie Ivo Muri ihn uns zu vermitteln suchte. Denn: «Eine Gesellschaft, die keine Zeit hat, lebt nicht. Wird Zeit, dass wir dies ändern!» (Zitat aus dem Artikel «Gedanken zum Film ‹Momo›»)
Es war ein anregender Abend im Spannungsfeld von Zeitnot und Zeitwohlstand, der dem zahlreich erschienenen Publikum viele Gedanken und Anstösse zur weiteren Diskussion, aber auch Mut und Zuversicht mitgegeben hat, die anstehenden Probleme gemeinsam anzugehen.     •

Ivo Muri: Hörbuch Die drei Arten von Zeit
ISBN 978-3-905788-02-0

Ivo Muri: Kleptokratisches Manifest.
ISBN 978-3-905788-00-6

Ivo Muri: Die Uhr. ISBN 978-3-905788-03-7

Bestellung: info@zeitag.ch, www.zeitag.ch oder
Tel. +41 41 926 99 99 oder Fax +41 41 926 99 90

«Wir Menschen glauben, der ‹Zeit-ist-Geld-Mechanik› derart zu unterliegen, dass sie uns in unserer Existenz bedroht im Sinne von: Wir müssen immer noch mehr leisten, brauchen unbegrenztes Wirtschaftswachstum, brauchen unbegrenzte Beschleunigung, ein Produkt soll zur Welt kommen in einer Firma, bevor es fertig gedacht, bevor es fertig produziert ist, usw.» […]
«Eine Katze ist auch mal sehr in Eile, wenn sie einer Maus nachjagt. Aber nach der Jagd ist dann wieder Ruhe angesagt. Und der Mensch wird durch die Art, wie wir heute wirtschaften, zum permanenten Jagen gezwungen. Und das ist auf die Dauer für die Lebensenergie, die Psyche, das Chi, das Prana oder den Odem nicht gut. […]
«Und so ist es für uns doch einigermassen verwunderlich, dass wir alle Geldprobleme beklagen, obwohl es auf den Computern dieser Welt noch nie so viel Geld gab wie heute.» […]
«Geld oder die Geldwirtschaft darf nicht der Herr der Wirtschaft sein. Geld muss Diener der Volkswirtschaft sein. Geld muss das Resultat sein einer sinnvollen, zielgebenden Arbeit, eben von Wertschöpfung.»
Quelle: Hörbuch: Interview mit Ivo Muri im Schweizer Radio DRS?1 2010
«Es ist unser gesellschaftlicher Auftrag, unseren Kindern durch beherztes Denken und Handeln eine Gegenwart und Zukunft zu schaffen, welche so lebens- und liebenswert ist, wie wir sie erlebt haben. Wir dürfen nicht die Jugend für den gesellschaftlichen Zustand verantwortlich machen, in dem sie heute lebt. Danke, dass Sie mitdenken und mithandeln.»
Zitat aus dem Artikel «Gedanken zum Film ‹Momo›» 

(Quelle: Zeit-Fragen)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ivo Muri ist ein Abzocker.
Er klaut die Zeit seiner Untergebenen als Diktator in seiner Firma.

Helmut Schramm hat gesagt…

Ich würde Muri direkt darauf angsprechen, wenn es Fehler in seiner Firma gibt. Seine Analysen und Bücher jedenfalls sind ausgezeichnet.
hs