Der
Rettungsschirm ESM gefährdet unsere Demokratie und unsere Sparguthaben.
Die Karlsruher Verfassungsrichter haben ihn bis 12 September gestoppt.
Die
Karlsruher Verfassungsrichter, vergleichbar den Ephoren im alten Sparta
haben am 10. Juli ihre Entscheidung zum permanenten Rettungsschirm ESM,
dem neuen Vertragspaket zur Euro-Rettung, fürs erste vertagt. Schon
dass sie den Eil-Anträgen der vier Kläger-Gruppen (der Alt-Kläger um die
Professoren Karl Albrecht Schachtschneider, meiner Wenigkeit und
anderen, des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler, der Fraktion Die Linke im
Bundestag und einer Bürgerinitiative um die frühere Justizministerin
Herta Däubler-Gmelin mit 23.000 Bürgerstimmen) stattgaben, war eine
Sensation.
Die Bundesregierung war mehr als überrascht. Das zeigte
sich am Formtief ihrer Repräsentanten, dem Bundesfinanzminister an der
Spitze, bei der Verhandlung. Dass Wolfgang Schäuble unumwunden Abstriche
an Deutschlands Demokratie sowie Wohlstandsopfer der Bürger als Preis
für das Gelingen des Projektes Vereintes Europa bezeichnete und
anforderte, veranlasste Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle zur
mahnenden Gegenrechnung: Europa brauche die Demokratie in Deutschland
genau so wie Deutschland Europa.
Es waren die
unfreiwilligen Steilvorlagen der Regierungsvertreter und der auf die
Euro-Rettung um jeden Preis eingestimmten Parlamentarier, die die
Verfassungsrichter zunehmend nachdenklicher machten und zu Nachfragen
veranlassten. Am Ende stand fest: Einen kurzen Prozess, wie ihn die
Bundesregierung sich wünscht, wird es mit Deutschlands Verfassungshütern
nicht geben. Dafür steht zu viel an Grundrechten der Bürger, an ihrer
Freiheit und an ihren Ersparnissen auf dem Spiel. Wenn es ein >
(Schachtschneider) sein sollte, so wurde er fürs erste vertagt. Nur für
wie wie lange?
Die Argumente von uns Alt-Klägern lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen.
Erstens:
Durch den ESM wird nicht der Euro gerettet, sondern es werden schlecht
regierte Euro-Staaten und verzockte Banken vor dem Konkurs bewahrt.
Zweitens:
Die Verträge über das Funktionieren der Währungsunion werden durch den
ESM auf den Kopf gestellt. Mit den Hilfen des ESM soll belohnt werden,
was bisher strikt untersagt war: hemmungsloses öffentliches und privates
Schuldenmachen und das Haften andrer Staaten für den Euro-Sünder. Mit
dem ESM und seinen Aufgaben wird ein Grundpfeiler unseres Rechtsystems
und unserer marktwirtschaftlichen Ordnung ausgehebelt: die
Eigenverantwortung für Versagen und Verluste.
Drittens:
Der ESM sprengt mit seiner Macht alle demokratischen Verfassungen der
europäischen Staaten und mit seinen Mitteln alle Dimensionen der
europäischen Finanzwirtschaft. Sein Stammkapital ist mir 700 Milliarden
Euro mehr als doppelt so groß wie ein deutscher Staatshaushalt und
übertrifft insgesamt die Mittel von Europäischer Zentralbank, Bundesbank
und der Deutschen Bank (als größter europäischer Privatbank) bei
weitem. Europa wird statt von seinem Staaten und ihren demokratisch
gewählten Politikern von der Geschäftsleitung des ESM regiert. Diese ist
buchstäblich >, denn sie schuldet keinem Parlament Rechenschaft,
genießt Immunität und ist nicht gezwungen, Weisungen der Geldgeber zu
befolgen. Die Euro-Länder liefern sich einer anonymen Finanz-Diktatur
aus, deren Einfluss auf unser Leben größer sein wird als der noch so
> Spekulanten.
Viertens: Nachdem die Euro-Politiker
bereits den Staaten Geld-Hoheiten und –Verantwortung genommen haben,
starten sie nunmehr den Angriff auf deren Budget-Hoheit, den harten Kern
der Demokratie. Wenn die Erstausstattungen des ESM nicht reicht, kann
er Nachschüsse verlangen. Niemand kann verlässlich sagen, wo deren
Grenze liegt. Die Gesetzeslage ist nicht klar. Deutschland läuft Gefahr,
solange zahlen müssen, wie es das (noch) kann. Dem Finanzminister, der
so etwas unterschreibt oder vorantreibt, sollten die Hände verdorren. Er
> (sein Amtseid); er führt ihn herbei!
Fünftens:
Deutschland braucht einen starken Euro - so stark wie die D-Mark. Diesen
starken Euro kann es aber im Verbund mit den heutigen (und morgigen)
Schuldenländern nicht geben. Sie werden auch künftig versuchen, das
schwarze Loch zwischen ihrer relativ niedrigen Produktivität und dem
allseits gewünschten hohen Lebensstandard durch fremdes Geld zu stopfen –
unseres!
Europa steht am Rubikon: Es muss die
Währungsunion auflösen, bevor sie zur Sozialkrise führt. Im Südgürtel
der Euro-Zone ist diese bereits angekommen. Mehr Arbeitslosigkeit,
besonders unter der Jugend, ist kaum noch vorstellbar. Mehr
Perspektivenlosigkeit für die Bürger auch nicht. Das alles steht dem
zahlenden Norden, insbesondere Deutschland, noch bevor. Die ESM-Gesetze
sehen weder eine Beschränkung der Haftungssummen vor. Noch kann
Deutschland, schon jetzt der Hauptzahler in ein > (so Professor
Hans-Werner Sinn vor dem Karlsruher Gericht), die Übernahme weiterer
Zahlungen abwehren, wenn bislang willige Zahler ausfallen. Das Konzept
des ESM ist so angelegt, dass sich die Krise von Süd nach Nord > wie
ein Schwellbrand in der Leitung, bis es zum Kurzschluss kommt.
In
einem Fernsehinterview wurde ich gefragt, seit wann ich mit Gregor
Gysi, der namens der Linkspartei gegen den ESM geklagt hatte, einer
Meinung sei. Ich antwortete: > Und für was? Nicht nur für ein
verfassungswidriges Konstrukt: den europäischen Bundesstaat ohne
europäisches Volk, ohne das es bekanntlich auch keine Volksherrschaft
(oder Demokratie) geben kann. Weit schlimmer:
Die ökonomische
Katastrophe ist programmiert. Der Süden der Euro-Zone (von Griechenland
über den Süden Italiens, Spaniens bis Portugal) hat ein
Produktivitätsniveau, nicht höher als das vieler Dritt-Welt-Staaten.
Aber ihren Menschen wird ein Lebensstandard versprochen, wie wir ihn im
Norden haben. Diese > wollen die Schäubles und anderen von ihren
Pfründen gut lebenden Europa-Politiker über die von ihnen ins Werk
gesetzte > schließen. Was für ein Wahnsinn! Den Lebensstandard,
Produktivität und ein höheres Realeinkommen der Menschen – das alles
lässt sich nicht kaufen, schon gar nicht auf Pump. Es muss hart
erarbeitet werden (den letzteres ist die Grundlage aller
produktivitätssteigernden Investitionen); dergleichen kann weder
importiert noch transferiert werden. Das ist die Lehre des Nordens für
den Süden Europas, eine andere gibt es nicht. Deswegen sind Politiker
wie die Schäubles und seine schwarz-grün-gelben und rosaroten Mitspieler
im Europa-Konzert nicht nur Falschspieler und weltfremde Illusionisten,
sondern gefährliche Brandstifter. Sie errichten nicht > gegen die
Krise, sondern schüren das Feuer, indem sie Löschwasser mit Benzin
verwechseln. Die Krise hält an, solange sie den Euro auf diese Weise
>! Erst wenn diese Rettung aufhört, können die Völker deren wahre
Ursachen erkennen und dann auch wirksam bekämpfen.
Die
Karlsruher Richter haben erkannt, dass das vom Bundestag verabschiedete
ESM-Gesetz Pfusch ist. Ich rechne nicht unbedingt damit, dass sie in
ihrem Urteil am 12 September frontal gegen die Bundesregierung
entscheiden werden. Aber sie werden sie zur Nachbesserung des Gesetzes
verpflichten. Damit würde sich das Inkrafttreten des ESM um viele Monate
verzögern, und das wäre faktisch das Todesurteil für den ESM und damit
für den Euro. Über einen solchen Ausgang sollte niemand traurig sein.
Eine
der aktuellsten (und demagogischsten) Unwahrheiten ist die Behauptung,
ein Abbruch der Währungsunion sei nicht nur >, sondern auch >.
Würde die Beendigung der fatalen Euro-Rettung wirklich größeren Schaden
anrichten als ihre Endlos-Fortsetzung? Gilt nicht auch hier das
Sprichwort: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende?
Die Euro-Politiker behaupten: Ein Abbruch der Währungsunion verursache
Kosten (zu fragen ist: bei wem?), die nicht mehr zu verkraften seien:
Staatsbankrotte, Bankensanierungen, eine tiefe und lang angehaltende
Krise der Realwirtschaft wie vor 80 Jahren, als nach dem > (vom
Oktober 1929) und dem Zusammenbruch des weltweiten Goldstandards – nach
der Pfund-Abwertung vom September 1931 – die wesentliche Weltwirtschaft
kollabierte.
Eine Reise an Europas nördliche Peripherie,
zur Insel Thule (Island), würde allerdings zeigen, wie wenig das Damals
mit dem Heute zu vergleichen ist. Das kleine Land, das kein Mitglied der
Euro-Zone und der EU ist, verlor beim Ausbruch der globalen Finanzkrise
(in den Jahren 2008/2009) sein gesamtes Bankensystem.
Bemerkenswerterweise verzichtet man anschließend auf dessen Sanierung
auf Staats- und Steuerzahlerkosten, stattdessen ließ man die verzockten
Banken pleitegehen. Die Inlandssparer wurden auf Staatskosten
entschädigt, Aktionäre, Auslandsinvestoren (vulgo >) sowie die
verantwortlichen Manager gingen leer aus. (Einige der Auslandsinvestoren
reichten Klage ein, wurden aber per Referendum abgewiesen, die Manager
vor Gericht gestellt.) Seine überdimensionierten Bankschulden war das
Land mit dieser Maßnahme los; sie drohten weder dem Staat noch der
Wirtschaft zum Verhängnis zu werden. Der Staat musste sie weder
übernehmen noch nachfinanzieren. Die Währung wurde zunächst drastisch
ab- und später wieder leicht aufgewertet (und notiert derzeit um 50
Prozent gegenüber dem Stand vor der Krise). Island wird im Jahr 2012 ein
Wirtschaftswachstum zwischen zwei und drei Prozent erzielen, das damit
höher ist als jenes aller anderen Staaten der Euro-Zone. Islands
Staatsanleihen, die inzwischen wieder gehandelt werden, werden mit BBB+
bewertet und kosten den Fiskus um die fünf Prozent pro Jahr, weit
weniger also als die Zinsen, die jedes Krisenland der Euro-Zone zahlen
muss.
Die moderne Island-Saga lehrt dreierlei: Ein Land
mit eigener Währung hilft sich immer selbst; es ist weder auf fremde
Unterstützung angewiesen, noch muss es fürchten, seine Staatlichkeit zu
verlieren und zum finanziellen Protektorat seiner Helfer abzusinken,
seien es nun EU oder IWF. Ein Land mit eigener Währung kann immer den
Staatsbankkrott vermeiden und durch die externe Währungsabwertung
ersetzen (was innerhalb der Euro-Zone unmöglich ist). Diese stellt dann
die verlorene Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft und die
Kreditfähigkeit des Staates wieder her. Das Land bleibt damit
unabhängiger und gleichberechtigter Partner der Weltwirtschaftsfamilie;
es gewinnt sein > in der globalen Finanzwelt wieder zurück. So
geschah es mit allen Abwertungsländern seit den Tagen der Phönizier.
Bleibt
abschließend zu fragen: Warum gehen EU und Europapolitik nicht diesen
historischen und letztlich immer erfolgreichen Weg der Lösung der
europäischen Währungskrise? Weshalb wird die Krise des Euro zum Mittel
der Machterweiterung der EU und ihrer Organe missbraucht sowie zur
Einschränkung (wenn nicht gar Abschaffung) von Rechtstaat und Demokratie
in den (noch) souveränen Staaten Europas genutzt? Wem nutzt die
Euro-Rettung, und wer verdient wie viel an ihr? Wie ehrlich sind die
Argumente eines George Soros, der den Deutschen vorhält, zu wenig für
Europa zu tun und noch immer nicht genügend Geld auf dem Altar des alten
Kontinents verbrannt zu haben? Meint dieser Meisterspekulant Europas
Krisenländer oder seine eigenen Konten?
Deutschland hat
mit der Preisgabe seiner harten, stabilen D-Mark über Nacht alle mit
einer solchen Währung verbundenen Vorteile verloren: den Zins- und den
Wachstumsvorsprung der eigenen Volkswirtschaft vor denen der Nachbarn
(mit Einführung der Euro-Zeit verwandelte sich Europas ehemalige
Konjunkturlokomotive in den Wagen mit dem roten Schlusslicht), den
Aufwertungsgewinn für die eigene Bevölkerung und Volkswirtschaft (Karl
Schiller nannte ihn ein permanente >), der die Kosten- und
Wettberwerbssituation der vom Import teurer Rohstoff-, Energie- und
Vorprodukte abhängigen deutschen Industrie nachhaltig verbesserte),
sowie die magnetische Anziehungskraft des Standortes Deutschland für
Auslandskapital und –beteiligungen.
Deshalb: Gebt unsere D-Mark zurück!
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