Es geht nicht nur um die Ukraine, sondern auch
um Georgien und andere Staaten,
aus dem Staatengürtel zwischen Russland und der EU.
So soll u.a. noch im Juni diesen Jahres mit Georgien ein so
genanntes "EU-Assoziierungsabkommen"
unterzeichnet werden, (was Janukowitsch in der Ukraine
verweigert hatte).
Die Ziele sind:
- Russland weiter einzukesseln
- die umliegenden Staaten in das EU/Brüssel/ Hegemonialsystem
einzubinden
- Freihandelszonen, Plünderung der Naturressourcen und die
übrige
Neoliberale- / Privatisierungs-Agenda in diesen Staaten
knallhart durchzusetzen
- letztlich die Auflösung der Staaten und regiert von den
EU/Brüsseler Seilschaften
- die Staaten zunehmend in EU/NATO/US- Militäroperationen
einzubinden / zu verwickeln, weltweit !
- der Bürgerschaft dies alles als Demokratie, Fortschritt und
Hilfe zu verkaufen
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58832
Schneller als geplant
Georgien soll schneller als zunächst
geplant den Vertrag über seine Assoziierung mit der
EU unterzeichnen. Das haben die Staats- und
Regierungschefs der Union auf ihrem Gipfeltreffen
Ende vergangener Woche in Brüssel beschlossen.
Demnach strebe man es an, "die Assoziierungsabkommen
einschließlich der vertieften und umfassenden
Freihandelszonen", die im November in Vilnius mit
Georgien und Moldawien paraphiert wurden,
"spätestens bis Juni 2014 zu unterzeichnen", heißt
es im Abschlussdokument des Brüsseler Gipfels.[1]
Ursprünglich war von einem Termin im August die Rede
gewesen. Die aktuelle Eskalation des Machtkampfes
zwischen Russland und dem Westen um die Ukraine
treibt Berlin und Brüssel jetzt dazu, ihre
Positionen in zwei weiteren der insgesamt sechs
Länder des Staatengürtels zwischen Russland und der
EU so schnell wie möglich festzuklopfen, nachdem in
der Ukraine aus westlicher Sicht wegen der
Abspaltung der Krim bislang nur ein Teilerfolg zu
verzeichnen ist.
Der Land-Suezkanal
Georgien kommt in geostrategischer
Perspektive gleich mehrfach Bedeutung zu. Zum einen
gilt das Land als wichtige Etappe bei der
Einkreisung Russlands, das sich seit zwei
Jahrzehnten wachsenden Aktivitäten der westlichen
Bündnisse (NATO, EU) in diversen Staaten direkt an
seinen Grenzen - vom Baltikum bis Zentralasien -
gegenübersieht. Zum zweiten hat Georgien in den
letzten Jahren zumindest zeitweise eine Strategie
verfolgt, die unter dem Motto "Vereinigter Kaukasus"
("United Caucasus") eine Politik destabilisierender
Einmischung im ohnehin von Kämpfen erschütterten
russischen Nordkaukasus beinhaltete
(german-foreign-policy.com berichtete [2]).
Abgesehen von seiner Funktion als Brückenkopf gegen
Russland schreiben westliche Geostrategen Georgien
schließlich auch eine zentrale Rolle bei der
Expansion aus Europa in Richtung Asien zu - als Tor
zu dem recht schmalen Landweg zwischen Russland und
Iran hindurch nach Osten. Georgien fungiere als
Eingang zu einer Art "Land-Suezkanal zwischen Europa
und Asien", wird Frederick Starr, der Gründer des
US-amerikanischen "Central Asia - Caucasus
Institute", zitiert.[3]
Die Demokratisierungsbilanz
Kurz vor dem Vollzug der
EU-Assoziierung Georgiens hat die Berliner Stiftung
Wissenschaft und Politik (SWP) eine Bilanz der
Entwicklung des Landes im vergangenen Jahrzehnt
gezogen. Dies ist insofern von größerem Interesse,
als in Tbilisi schon Ende 2003 mit der
"Rosenrevolution" eine Regierung ins Amt gekommen
ist, die mit aller Macht eine prowestliche Politik
betrieben hat. Das Ergebnis ist nicht zuletzt mit
Blick auf die Entwicklung in der Ukraine
symptomatisch. So ist der Umsturz Ende 2003 unter
der Führung eines prowestlichen Teils im georgischen
Establishment um den vormaligen Justizminister
Micheil Saakaschwili vollzogen worden, der sich
dabei auf beträchtliche Unzufriedenheit in der
Bevölkerung stützen konnte; deren Organisierung
wiederum wurde "von ausländischen Geldgebern wie
George Soros gesponsert". Das Sponsoring zahlte sich
aus, als Ende 2003 die Umsturz-Regierung gebildet
wurde und acht von 20 Ministern "junge Leute" waren,
"die zuvor für ... vom westlichen Ausland
finanzierte Nichtregierungsorganisationen gearbeitet
hatten". Westliche Gelder, die bis dahin an die
"Zivilgesellschaft" gezahlt wurden, seien nach
erfolgreichem Umsturz an die prowestliche Regierung
umgeleitet worden, schreibt die SWP.
Basisorganisationen hingegen, die sich bis Ende 2003
bei ihrem Bemühen um Demokratisierung vom Westen
unterstützt sahen, wurden fallengelassen und mussten
nicht selten ihre Aktivitäten einstellen. Georgiens
"Demokratisierungsbilanz" habe sich seit 2003 "kaum"
verbessert, urteilt die SWP; vielmehr habe die
Regierung Saakaschwili, bis sie 2012/2013 abgewählt
wurde, "autoritär" geherrscht. So wird
beispielsweise von "Übergriffen des Justiz- und des
Innenministeriums auf unliebsame politische und
wirtschaftliche Akteure" berichtet.[4]
Lob und Armut
Einschneidende Veränderungen konnte
die 2003 an die Macht gekommene prowestliche
Regierung der SWP zufolge in der Wirtschaftspolitik
durchsetzen. Ihre "radikale
Wirtschaftsliberalisierung" habe "überschwängliches
Lob bei internationalen Finanzorganisationen"
erhalten und "zu einer deutlichen Zunahme
ausländischer Investitionen in Georgien" geführt,
heißt es bei der SWP; doch habe die Regierung
zentrale Strukturschwächen der eigenen Wirtschaft
dramatisch vernachlässigt. So überwiege "der Import
den Export um das Dreifache", wobei fast ein Viertel
des Exports allein der "Ausfuhr von Gebrauchtwagen"
zu verdanken sei. Die Landwirtschaft, von der 54
Prozent der Bevölkerung lebten, sei schwer
vernachlässigt worden und erwirtschafte nur noch
acht Prozent der georgischen Wirtschaftsleistung.
2011 verfügten 27 Prozent der georgischen Haushalte
nicht einmal "über genügend Einkommen für
Nahrungsmittel", berichtet die SWP; bei 38 Prozent
habe es "gerade für Nahrung" gereicht; 29 Prozent
hätten sich "Nahrung und Kleidung, aber keine
größeren Anschaffungen leisten" können. Bei Umfragen
hätten lediglich 27 Prozent angegeben, "über einen
ausreichenden Vollzeitjob zu verfügen". Die SWP
erinnert daran, dass all dies im Namen "Europas"
geschah: In Tbilisi habe "die Flagge der
Europäischen Union neben der Staatsflagge Georgiens"
geweht.[5]
Katalysator für die NATO
Erfolgreich ist die prowestliche
Umsturzregierung von 2003 nicht nur bei der
Zurichtung ihres Landes für ausländische Investoren
gewesen, sondern auch bei der Anbindung Georgiens an
die NATO. Die "Rosenrevolution" sei "ein starker
Katalysator für eine intensivere Partnerschaft mit
der Allianz" gewesen, urteilt das Kriegsbündnis:
Georgien trage seitdem "aktiv zu NATO-geführten
Operationen" bei, es kooperiere "mit den Alliierten
und anderen Partnerländern auf vielen Gebieten".[6]
Dabei belief der Militäretat des Landes sich - für
die NATO sehr günstig - zeitweise auf 25 Prozent des
gesamten Staatshaushalts. Georgische Soldaten
kämpften unter anderem an der Seite der Vereinigten
Staaten im Irak; auch in Afghanistan sind sie seit
2004 im Einsatz. Nach einer Aufstockung im Jahr 2012
stellt Georgien heute mit 1.560 Militärs das -
umgerechnet auf die Bevölkerungszahl (4,5 Millionen
Menschen) - größte nationale Kontingent am
Hindukusch und in absoluten Zahlen das fünftgrößte
überhaupt. Tbilisi hat seine Bereitschaft bekundet,
auch über 2014 hinaus dort Truppen stationiert zu
halten, und bietet an, dies an der Seite der
Bundeswehr zu tun.
Von der NATO zu EU-Interventionen
Dies entspricht der aktuellen - auch
militärpolitischen - Orientierung des Landes in
Richtung EU, die bereits seit Ende 2012 zu
beobachten ist. Damals nahmen Brüssel und Tbilisi
Verhandlungen über ein Rahmenabkommen auf, das die
Teilnahme georgischer Soldaten an
EU-Militäroperationen vorsieht und schließlich am
29. November 2013 unterzeichnet worden ist. Es
erstreckt sich ausdrücklich auf EU-Interventionen
"rund um die Welt" und "markiert Georgiens
Bereitschaft", in Zukunft "an der Seite der EU"
militärisch aktiv zu werden.[7] Am 20. Februar hat
die Regierung nun beschlossen, 150 Soldaten für die
EU-Truppe bereitzustellen, die in Kürze in die
Zentralafrikanische Republik entsandt werden soll.
Ganz wie im Falle der Ukraine [8] zieht die
EU-Assoziierung auch Georgien in die
deutsch-europäischen Kriege der Zukunft hinein.
[1] Schlussfolgerungen zur Ukraine,
gebilligt vom Europäischen Rat. Brüssel, 20.03.2014.
[2] S. dazu
Kaukasische
Zwischenbilanz (II).
[3], [4], [5] Uwe Halbach: Bilanz einer
"Farbrevolution". Georgien im politischen Wandel
2003-2013. SWP-Studie S 24. Berlin, Dezember 2013.
[6] Deepening relations with Georgia. NATO
Backgrounder. 2013.
[7] EU and Georgia sign Framework Agreement on
participation in EU crisis management operations.
Vilnius, 29 November 2013.
[8] S. dazu
Die
Europäisierung der Ukraine.
( Jens Loewe)