Ein Gespräch über Pleitebanken, Zwangsenteignung von Sparern, die EU, Einwanderungsstopps und die Angst mancher vor direkter Demokratie.
Christoph P. Gloor ist Präsident
der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken sowie Teilhaber und Vorstand eines
Bankhauses und als dieser einer der international gefragtesten Experten in
Bank-, Wirtschafts- und Finanzfragen.
Dr. Tassilo Wallentin traf den
47-Jährigen für die „Krone“ zum Interview über die Verstaatlichung von Banken,
Zwangsenteignungen und die direkte Demokratie.
Der IWF hat einen Vorschlag zur Zwangsenteignung der Sparer gemacht.
Die Enteignung der Sparer ist ein ganz ungerechter, schädlicher und nicht zu Ende gedachter Lösungsvorschlag. (...) Dieser Vorschlag widerspricht nicht nur dem Rechtsempfinden, sondern auch jeder wirtschaftlichen Logig und ist ungerecht und abzulehnen....
Was passiert, wenn
beispielsweise die von Ihnen geführte Bank Schwierigkeiten hat?
Das, was bei den Schweizer Privatbankiers seit Jahrhunderten
Realität ist: Die Bankiers tragen die volle Konsequenz für ihr Handeln, gerade
im Konkursfall. Das geht bis zur persönlichen Haftung mit dem eigenen
Privatvermögen. Da denkt man dann lieber zweimal nach, bevor man Risiken
eingeht.
In der Schweiz ist die direkte
Demokratie nicht wegzudenken. Gewisse österreichische Politiker und Parteien
meinen, ein „Ja/Nein“ Demokratie wäre keine Verbesserung. Sehr überspitzt
formuliert, das österreichische Wahlvolk wäre „zu dumm“ dafür. Unsere Politiker
hingegen nicht. Was sagen Sie dazu?
Die direkte Demokratie sorgt dafür, dass die Politiker nicht
abheben können, und nicht tun und lassen können, was sie wollen. Sie stellt
auch das Verhältnis zwischen Bürger und
Regierung klar: Oberstes Organ ist immer das Volk und unsere Regierung hat dem
Volk zu dienen und in dessen Interesse zu handeln. Daher ist die Regierung in
der Schweiz auch keine abgehobene Kaste. Ein Blick auf die wirtschaftliche und
soziale Situation in der Schweiz zeigt, dass diese mit der direkten Demokratie
nicht schlecht gefahren ist. Das wäre in Österreich sicher nicht anders.
Weshalb macht dann das Schweizer
Modell gerade in den EU-Staaten nicht Schule?
Weil die Gegner der direkten Demokratie im Ausland um ihre
Macht bangen. Darum geht es. Gerade im Zusammenhang mit den Fragen zur
Europäischen Union wollen gewisse Regierungen ihre Bürger von den
Entscheidungen fernhalten. Man fürchtet den Machtverlust und den Willen des
Volkes.
Nun gibt es ein aktuelles
Beispiel: Vor einigen Wochen hat die Schweiz ein Referendum abgehalten und die
Zuwanderung begrenzt. In Brüssel gab es einen großen Aufschrei. Sind die
Schweizer Rassisten?
Mit einem Ausländeranteil von 25% der Bevölkerung kann man
die Schweiz sicher nicht als Rassisten bezeichnen. Es war kein Votum gegen
Ausländer, sondern gegen Missstände, die die Politik und die Behörden seit
Jahren dulden. So ist die Forderung nachvollziebar, dass kriminelle Ausländer
oder Asylanten, die in der Schweiz Drogen verkaufen, ausgewiesen werden sollen.
Hier ist die Praxis in der Schweiz oftmals zu lasch, und das hat nun zu dieser Reaktion
der Schweizer Bürger geführt. Auch ist das Abstimmungsresultat nur mit einer
Mehrheit von rund 20.000 Stimmen zustande gekommen. Ich getraue mich zu wetten,
dass dieselbe Abstimmung in vielen EU-Ländern noch sehr viel deutlicher für
eine Begrenzung ausfallen würde. Nur in der EU dürfen die Bürger eben nicht
mitregieren. Das ist der Unterschied.
Die Schweiz bereut demnach also
nicht, kein Mitglied der EU zu sein?
(lacht) Ich stehe einer politisch neutralen Institution vor,
deshalb kann ich es nur so formulieren: Wir sind mit der bisherigen Situation
der bilateralen Verträge sehr gut gefahren.
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