2017-01-31

Volksbegehren gegen TTIP, CETA und TiSA mehr als erfolgreich!


562.552 Wahlberechtigte unterschrieben. In der Schweiz gäbe es jetzt eine verbindliche Volksabstimmung. Deswegen sollten Herr und Frau Österreich weiter die Einführung der direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild fordern und solche Parteien unterstützen, die sich diese einzige echte Demokratie als Ziel setzen. Und in Österreich?
Ein erfolgreiches Volksbegehren muss parlamentarisch behandelt werden. Und wird - so wie bisher alle Volksbegehren - sehr wahrscheinlich n i c h t in eine Volksabstimmung münden.
Eine Volksbefragung - so wie die FPÖ nach dem erfolgreichen EU-Austritts-Volksbegehren im Parlament gefordert - würde allerdings auch großen Druck auf die Regierung ausüben. Damals waren außer dem Team Stronach alle Parteien gegen eine Abstimmung. Ob die Regierung wieder das Volk nicht hört und keine Abstimmung beschließt? Die FPÖ ist für die direkte Demokratie und wird jetzt auch wieder eine Volksbefragung fordern.
Auch das Brexit-Referendum in GB war keine verbindliche Volksabstimmung!
Eine von der Mehrheit der Österreicher unterschriebene Volksbefragung würde die Regierung praktisch auch zur Ablehnung der Handelsverträge zwingen!
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Komm

2017-01-23

Zum heutigen Start des Volksbegehrens gegen TTIP, CETA und TiSA:

Überparteiliche Diskussionsveranstaltung, morgen 24. Jänner um 19 Uhr in 3033 Altlengbach, Hotel "Steinberger", Hauptstr. 52


Laaben (OTS) - Am Podium:
* Bgmst. Herbert Thumpser (SPÖ, Hauptorganisator des Volksbegehrens)
* Univ. Prof. Dr. Heinrich Wohlmeyer (ÖVP, Ressourcenökonom) 
* Ing. Norbert Hofer (FPÖ, 3. Nationalratspräsident)

Alle drei gelten als entschiedene Befürworter des Volksbegehrens und dessen Ziele.
Dazu Inge Rauscher, Obfrau des Veranstalters - der unabhängigen Arbeitsgemeinschaft INITIATIVE HEIMAT & UMWELT (IHU): "Selbstverständlich unterstützen auch wir dieses wichtige Volksbegehren gegen TTIP, CETA & TiSA - u.a. mit obiger Veranstaltung. Das sogenannte "Frei"-Handelsabkommen der EU mit Kanada, nämlich CETA, stellt eine große Bedrohung für die - noch - mittelständisch geprägten Volkswirtschaften und deren soziale und ökologische Errungenschaften dar. CETA bedeutet in Wahrheit TTIP! Selbst wenn die neue US-Regierung das TTIP-Abkommen nicht weiter verfolgen sollte, was man dzt. noch nicht wirklich abschätzen kann, könnten US-Konzerne allein durch ihre Niederlassungen in Kanada über das CETA-Abkommen die europäischen Märkte überschwemmen; sie würden damit de facto auch österreichische Produkte - und Arbeitsplätze - ohne Rücksicht auf Qualitätskriterien über Preisdumping aushebeln! Handelsabkommen zwischen gesättigten Märkten wie Kanada und der EU können nur zu Qualitätseinbußen und zum damit einhergehenden Verdrängungswettbewerb der Großen zulasten der Kleinen führen! Das zeigen sämtliche ökonomische Erfahrungen.“

CETA & TTIP - auch katastrophal für den Tierschutz

Tierarzt und Tierschützer Dr. Franz-Joseph Plank, Obmann von ANIMAL SPIRIT, ergänzt: „Diese großteils geheim verhandelten „Freihandels“-Abkommen zwischen der USA, Kanada und der EU würden noch mehr Tierquälerei Tür und Tor öffnen. Tiere wären noch rechtloser und noch längeren Transporten ausgesetzt. Zudem würden die in der EU ohnehin nicht allzu strengen Tierschutz-Standards – v.a. in der „Nutztier“-Haltung – weiter reduziert und auf „amerikanische Verhältnisse“ herabgesenkt werden: Monster-Legebatteriebetriebe mit 1 Mio. Tieren, Einzelboxen der Kälber oder durchgehende Kastenstandhaltung bei Muttersauen. Zudem würden uns dann chemische Zusätze und Verfahren in der Lebensmittelproduktion – u.a. die hierzulande in der Landwirtschaft noch verbotene Gentechnik – „beglücken“, ohne Chance dagegen klagen zu können! Noch extremere Massentierhaltungen und Tierfabriken wären die „Gewinner“ und das Bauernsterben würde weiter beschleunigt werden. Wachstums-Hormone und Antibiotika sind in Amerika erlaubt, um eine noch höhere Milchproduktion oder schnelleres Wachstum bei den ohnehin schon extrem ausgebeuteten „Nutztieren“ zu erzwingen. Auch das berüchtigte „Chlorhuhn“ ist inakzeptabel, kaschiert es doch durch Abtötung von Keimen nach der Schlachtung noch engere, brutalere und unhygienischere Haltungsbedingungen während der Mastzeit. Die Lobbys der Fleisch-Industrie wollen das alles „dank“ TTIP & CETA auch für den EU-Markt erreichen. Ähnliches gilt für Klonfleisch: Dieses ist in den USA schon jetzt ohne Kennzeichnung in den Regalen, die EU-Kommission möchte dasselbe zumindest für die Nachkommen von Klontieren durchsetzen!“
"Aus diesen und vielen weiteren Gründen sagen wir NEIN zu CETA und JA zum VOLKSBEGEHREN. Nähere Informationen bei der morgigen Bürgerdiskussion am 24. Jänner in Altlengbach", so Inge Rauscher abschließend.
Diskussionsabend zum Volksbegehren gegen CETA & TTIP

 Vertreter von SPÖ, ÖVP und SPÖ legen ihre Gründe dar, warum sie
 dieses Volksbegehren unterstützen.

 Datum:   24.1.2017, 19:00 - 22:00 Uhr
 Ort:     Hotel Steinberger
          Hauptstraße 52, 3033 Altlengbach
 Url:     http://heimat-und-umwelt.at/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=9&cntnt01origid=71&cntnt01returnid=71

Rückfragehinweis:
   Inge Rauscher, 02242-70 516, ihu@a1.net
   Dr. Franz-Joseph Plank, 0676-708 24 34
   office@animal-spirit.at
   www.animal-spirit.at

Die direkte Demokratie ist echte Freiheit!


 Schon nach den Erfolgen von sogenannten Parteien des rechten Lagers und vermehrt nach dem Brexit und der Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten wird immer offener darüber in den Medien berichtet, dass enttäuschte ärmere Menschen ihren Frust durch die Abwahl der bisherigen tonangebenden „Eliten“, ohne eine Ahnung darüber zu haben, was sie damit anrichten könnten. Es wird vermehrt mehr Kompetenzen für die EU-Führung gefordert, sogar ein Verbot von Volksabstimmungen.


Für mich ist es klar: Repräsentative Demokratie muss sein, weil ja nicht berufstätige naturgemäß zu wenig Zeit haben sich auch noch um die öffentlichen Angelegenheiten zu kümmern. Aber trotzdem sind die öffentlichen Angelegenheiten Sache jedes Bürgers, jedes Volkes und nicht etwa nur Sache einer Partei oder gar eines Präsidenten. Deswegen ist das Schweizer Modell der direkten Demokratie ein Vorzeigemodell. Nur wenn gegen alle Entscheidungen auf allen Ebenen vom Volk ein Veto eingebracht werden kann, welches ab einer gewissen Stärke für die Politik verbindlich ist, dann sind alle Bürger frei und niemand kann sich mehr aufregen, dass vielleicht von Menschen, die angeblich keine Ahnung von Politik haben Oppositionsparteien gewählt werden oder Präsidenten, die dann solche Macht haben um die Welt in den Abgrund zu reisen. Da gehören eben die Systeme geändert! Macht braucht Kontrolle. Demokratie heißt "Das Volk hat das Sagen", "Das Volk zieht den Wagen aus dem Dreck", aber nicht "Volk herrscht über andere", "Parteien herrschen über andere oder "Präsidenten herrschen". 
Die Macht, oder besser die Möglichkeit politisch zu handeln, die öffentlichen Angelegenheiten zu regeln, gehört in die Hände des Volkes und nicht in die Hände der Finanzindustrie und internationalen Spekulanten! 

2017-01-20

«Das System der neoliberalen Globalisierung ist dabei auseinanderzubrechen»

"Es ist die Vorstellung, dass Demokratie sich beschränkt auf immer weitergehende individuelle Rechte. Dadurch wird die Demokratie ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt. Diese besteht nämlich darin, dass sie den Völkern ermöglicht, ihre Souveränität zum Ausdruck zu bringen und dadurch auch die Souveränität jedes einzelnen in seiner Eigenschaft als Bürger, was diesen ermöglicht, gemeinsam über ihre Zukunft zu entscheiden."

Interview von Figarovox mit Natacha Polony

Anlässlich der Herausgabe des neuen Buchs des Autorenkollektivs «Komitee Orwell» gewährte dessen Präsidentin dem «Figarovox» ein ausführliches Interview. Für die bekannte französische Journalistin und Kolumnistin leben wir heute in einer Form von «Soft-Totalitarismus».
Figarovox: Mit dem «Komitee Orwell», dessen Vorsitzende Sie sind, haben Sie «Willkommen in der schlimmsten aller Welten» herausgegeben. Nach 1991 dachten wir doch, wir seien von allen ideologischen Totalitarismen befreit. Befinden wir uns erneut in den Welten von George Orwell und Aldous Huxley?
Natacha Polony: Die von Orwell [«1984»] und Huxley [«Brave New World»] geschaffenen Begriffe und Bilder ermöglichen es, sich eine Welt vorzustellen, die scheinbar völlig anders ist als unsere Welt. Natürlich hat unsere Welt nichts mit derjenigen von «1984» zu tun. Angesichts der durch die Fortschritte der Wissenschaft ermöglichten Manipulationen am Menschen hat unsere Welt, wenn schon, eher mit derjenigen von Aldous Huxley in «Schöne Neue Welt» eine Ähnlichkeit. Wir befinden uns jedoch schon in den von Orwell geprägten Vorstellungen, die damals in anderen Zusammenhängen benutzt wurden.
Es geht nicht darum, zu behaupten, dass der Totalitarismus, den wir erleben, so gewalttätig wäre und vergleichbar ist mit den wirklichen sowjetischen, maoistischen oder nationalsozialistischen Totalitarismen, natürlich nicht. Genau deshalb sprechen wir in unserem Buch von Soft-Totalitarismus, weil er nicht auf Zwangsmassnahmen beruht. Er kann aber in gewisser Art genauso entfremdend wirken. Die marxistischen Begriffe der Entfremdung und der Emanzipation müssen unbedingt wiederbelebt werden. Das System, dem wir uns gegenüber sehen, stellt die Emanzipation der Völker und der einzelnen Menschen wieder in Frage.
Von welchem System sprechen Sie?
Wir glaubten, uns von den Ideologien befreit zu haben, aber heute sind wir konfrontiert mit etwas, das sich im Gewande der Selbstverständlichkeit präsentiert – manchmal auch der Wirtschaftswissenschaft –, jedenfalls im Gewande des Pragmatismus, was aber sehr wohl eine Ideologie darstellt. Es ist die des Freihandelssystems, das sich seit den siebziger Jahren entwickelt hat und das allmählich alle sozialen Errungenschaften – nicht nur der Arbeiterklasse, sondern auch der Mittelschicht – wieder in Frage gestellt hat. In Frankreich sind dies vor allem die sozialen Errungenschaften, die der Conseil national de la résistance (CNR) nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt hatte.
Diese Ideologie wurde unter Reagan und Thatcher umgesetzt, aber ihre grösste Wirkung erreichte sie, als Sozialdemokraten an die Macht kamen: Bill Clinton in den USA, Tony Blair in England, gewählte Politiker, die die Kapitalflüsse liberalisierten und die Trennung zwischen dem traditionellen Bankengeschäft und den Investmentbanken aufhoben – Massnahmen, die zuvor den Bürger vor dem Raubtier-Kapitalismus schützten.
Ist der Kapitalismus immer ein Raubtier-Kapitalismus?
Einfach gesagt ist der Kapitalismus im 20. Jahrhundert durch seinen Feind, den Kommunismus, in Schranken gehalten worden. Folglich mussten die herrschenden Klassen mit der arbeitenden Bevölkerung ein Abkommen treffen: Sie verzichteten auf einen Teil der Herrschaft – gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten, Schutzregeln, kurz gesagt die typischen sozialen Modelle der westlichen Länder –, damit diese Mittelschichten sich der freiheitlich-liberalen Demokratie anschliessen. Als der Kapitalismus nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 keinen Feind mehr hatte, sah man, wie das wahre Gesicht eines von der realen Wirtschaft abgekoppelten Kapitalismus zurückkehrte, der nur noch für sich selber existiert. Er dient nicht mehr dazu, die Wirtschaft zu finanzieren, sondern nur noch dazu, das Kapital zu vermehren. Dieses System führte schliesslich zur Krise von 2008. Mit dem Orwell-Komitee sagen wir, dass es sich um einen Soft-Totalitarismus handelt, denn er setzt sich gegen den Willen der Völker durch, ohne seinen demokratischen Anstrich zu verlieren. Im Buch rufen wir den Satz von David Rockefeller in Erinnerung – dem Gründer der Bilderberger-Gruppe und Präsidenten der Trilateralen Kommission, zwei einflussreicher im Dienste multinationaler Konzerne stehender Gruppen. In Newsweek sagte er 1999: «Irgend­etwas muss die Regierungen ersetzen, und mir scheint, dass die private Macht die geeignetste Identität dafür ist.»
Man kann die Logik eines «Kapitalisten» nachvollziehen, der die Erhaltung eines solchen Systems anstrebt … aber weshalb wehren sich die Bürger nicht dagegen? Um die Sprache Huxleys zu benutzen: Was ist das «Somma», das die Bürger so verschlafen macht?
Erstens ist da die Wohlstandsgesellschaft und ihr Pendant, die Wohlfühl-Gesellschaft. Sie wirkt mittels einer Ideologie des Fortschritts, die von der Vorstellung eines sittlichen Fortschrittes der Menschheit, des Fortschritts der Freiheit und der Emanzipation total abgelöst ist. Diese Ideologie ist ganz auf den Fortschritt des Wohlfühlens ausgerichtet. Mit dem Recht der Völker, über einen Flachbildschirm und ein iPad verfügen zu können, wird deren Zustimmung erwirkt.
Und gibt es auch da einen «Neusprech»?
Ja, und er ist wirksam, weil durch die Manipulation der Sprache all dies als reine Objektivität erscheint, losgelöst von den üblichen Attributen der Ideologien. Übrigens genügt es, sich die ideologischen Auseinandersetzungen in den Medien anzusehen. Man sagt nicht: entweder «Freihandel» oder «Schutz». Man sagt: «Öffnung» oder «Abkapselung». Wer will schon gegen Öffnung sein? Wenn man es so sagt, so ist klar, dass «Öffnung» gut ist und «Abkapselung» schlecht. Die ganze Sprache wird manipuliert, um den Eindruck zu erwecken, dass die Befürworter der Regulierung dieses Systems zum Nationalstaat zurückkehren wollen, zur Abkapselung der Völker in sich selbst. Sie würden den anderen nicht mögen, weil – und das ist der höchste Grad an Manipulation – dies alles schliesslich im Namen des «anderen» geschehe, im Namen des sympathischen Migranten. In Wirklichkeit ist dies die Instrumentalisierung des Schicksals Unglücklicher, die vor ihrem Elend flüchten, um ein System durchzusetzen, das der ärmeren Bevölkerung und der Mittelschicht in den entwickelten Ländern eine weitere Vertiefung der Ungleichheiten aufzwingt. Es genügt zu sehen, wie unser Buch aufgenommen wurde. Sofort hat man uns Adjektive wie «nationalistisch», «populistisch» und sogar «verschwörerisch» angehängt …
Welche Rolle spielen die Medien bei der Vermittlung dieses Neusprech? In den Redaktionsräumen gibt es schliesslich keinen Puppenspieler, der die Fäden zieht und so das ultra-liberale Wirtschaftssystem des Soft-Totalitarismus durchsetzt!
Es geht um das, was Pierre Bourdieu [französischer Soziologe und Sozialphilosoph, Anm. des Übers.] einen «Prozess ohne Subjekt» nannte, das heisst, dass niemand unmittelbar schuldig ist. Jeder Journalist versucht, für sich alleine, seine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zu verrichten. Trotzdem beteiligt er sich unbewusst an diesem Prozess ohne Subjekt. Wir – Jean-Michel Quatrepoint, Alexandre Devecchio, Emmanuel Lévy, Gérald Andrieu – haben zusammen das Komitee Orwell gegründet. Wir sind Journalisten, die für verschiedene Medien arbeiten, verschiedene politische Anschauungen und unterschiedliche Richtungen vertreten («Le Monde», Marianne, «Le Figaro», Causeur).
Wir haben dieses Komitee gegründet, weil wir den Eindruck hatten, dass bestimmte Themen in den Medien gar nicht, nur am Rande oder lediglich unter einem bestimmten Blickwinkel behandelt wurden, demjenigen der ultra-liberalen Ideologie. Da werden die wahren Fragestellungen nie ins Zentrum gerückt. Auch da kommen wir wieder auf Marx zu sprechen und den von ihm beschriebenen Unterschied zwischen Basis und Überbau. Man konfrontiert uns ständig mit moralisch geführten Debatten zur Immigration, zur Öffnung, zum Protektionismus, und nie zieht man die Basis in Betracht, das heisst die heiklen wirtschaftlichen Fragen: Wem nützt dieses System? Natürlich sind es die grossen multinationalen Konzerne, welche die Wirtschaft für ihr eigenes Profitdenken nutzen. Es sind hauptsächlich angelsächsische oder amerikanische Unternehmen, vor allem die mit der Abkürzung «GAFA» bezeichneten vier Grossen: Google, Apple, Facebook, Amazon. Deren gemeinsamer Börsenwert erreicht 600 Milliarden. Google verfügt momentan in den Steuerparadiesen über rund 250 Milliarden Dollar Barvermögen.
Diese Fragestellungen werden in den Medien überhaupt nicht behandelt, weil diese heutzutage in den Händen kapitalistischer Gruppierungen zusammengefasst sind, die sich so Einfluss erkaufen. Heute unterliegen die Journalisten einem wirtschaftlichen Zwang. Sie stehen unter dem Druck, ihre Themen allzu schnell vorbereiten zu müssen, im gleichen Rhythmus, den die Nachrichtensender vorgeben. So wird es unmöglich, ein Thema eingehend zu behandeln. Betrachtet man die Medienlandschaft noch genauer, sieht man zum Beispiel, dass bei vielen Zeitungen in verschiedenen Bereichen die Strukturen abgebaut werden. Früher waren die Journalisten Spezialisten auf ihrem Gebiet, sie konnten sich mit ihren Gesprächspartnern und ihren Informanten auf Augenhöhe unterhalten. Dies hat man in den neunziger Jahren abgebaut zugunsten eines sogenannten investigativen Journalismus, bei dem die Themen im Wechsel durch verschiedene Journalisten behandelt werden, was verhindert, dass sie zu den Ereignissen etwas Distanz gewinnen können.
Traditionellerweise spielen im Totalitarismus die Propaganda und die Medien wichtige Rollen. Aber es gibt auch noch einen anderen Hebel, denjenigen der Bildung. Wie kann zum Beispiel das Bildungsministerium [«ministère de l’Education nationale»], das noch eine staatliche Einrichtung ist, von einer solchen ultra-liberalen Globalisierungsideologie durchdrungen sein?
Man stellt uns das Bildungswesen immer als eine der letzten staatlichen Bastionen hin, was übrigens bedeuten würde, dass der totale Misserfolg des französischen Schulsystems auf das Scheitern unseres zu elitären Staatsmodells zurückzuführen sei. Doch das ist eine falsche Vorstellung. Unter der Führung grosser internationaler Organisationen, wie der Europäischen Union oder der OECD, gibt es seit 30 Jahren Bestrebungen, die Schul­systeme vieler Länder zu vereinheitlichen, und zwar über die Beurteilungstexte der Ergebnisse der berühmt-berüchtigten Pisa-Studien.
Diese Auswertungen geben den Ländern vor, wie ein gutes Schulsystem auszusehen hat. Die Empfehlungen sind immer von einem Nützlichkeitsdenken geprägt, das aus der Schule eine «Dienstleistung für die Unternehmen» macht – um es mit den Worten einer europäischen Lobby zu sagen. Aus Schülern will man zukünftige Arbeitskräfte machen, anpassungsfähig und von daher beliebig einsetzbar. Dabei wird die kulturelle, traditionsbewahrende und zivilisatorische Dimension der Schule vollkommen vernachlässigt; und natürlich auch die entscheidende Aufgabe der Schule, nämlich die Weiterentwicklung, die Emanzipation des einzelnen. Gemäss dieser Ideologie werden Können und Wissen lediglich als Kapital betrachtet, das der einzelne fruchtbringend einbringen kann, um am globalen Wachstum teilzuhaben. Man ist sich dabei nicht bewusst, dass so das zerstört wird, was den Reichtum der Schule ausmacht: dem einzelnen universelles Wissen zu vermitteln, das ihn in die Lage versetzt, sich die Welt zu erschliessen. Das ist es, was früher die Stärke des französischen Schulsystems ausgemacht hat, sie ermöglichte den Fortbestand der nationalen Geschichte, eine bestimmte Vorstellung von Frankreich, so wie es auch bestimmte Vorstellungen von England oder Deutschland gab. Somit ist auch im Bildungswesen eine Globalisierung am Werk – im Dienste dieses Wirtschaftssystems.
Was ist mit der extremen Individualisierung? Am Ende des Buches wird der Sieg des «Minderheitendenkens» erwähnt. Inwiefern unterstützt der Trend zu immer mehr individuellen Rechten den Soft-Totalitarismus?
Selbstverständlich geht es nicht darum, die wichtigen Fortschritte im Bereich der individuellen Rechte, wie wir sie seit der Französischen Revolution kennen, zu leugnen. Natürlich sind wir ganz einverstanden damit, dass die Erklärung der Menschen- und der Bürgerrechte ein grosser Fortschritt für die Menschheit bedeutete – wobei der Begriff Bürger keinesfalls unterschlagen werden darf … Durch die Studentenbewegung vom Mai 1968 kamen einige fundamentale Rechte hinzu. Diese Entwicklungen, gerade im Bereich der Gleichberechtigung von Mann und Frau, waren entscheidend. Was wir jedoch heute beobachten, ist etwas anderes.
Es ist die Vorstellung, dass Demokratie sich beschränkt auf immer weitergehende individuelle Rechte. Dadurch wird die Demokratie ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt. Diese besteht nämlich darin, dass sie den Völkern ermöglicht, ihre Souveränität zum Ausdruck zu bringen und dadurch auch die Souveränität jedes einzelnen in seiner Eigenschaft als Bürger, was diesen ermöglicht, gemeinsam über ihre Zukunft zu entscheiden.
Diese Ausweitung der individuellen Rechte präsentiert sich unter dem Deckmantel des Schönen, des Guten und des Wahren. Und auch da wieder, wer will sich schon gegen vermehrte Rechte aussprechen? So präsentiert erscheint dieser Vorgang selbstverständlich als Sieg des Guten. Aber auch hier handelt es sich wiederum um eine sehr spezielle Art, Sachverhalte darzustellen. Denn in Wirklichkeit geht es vor allem darum, die nationale Gemeinschaft jedes Landes in Gruppen von Individuen und kleinere Gemeinschaften aufzuteilen, die dann einzeln als Zielgruppen für Marketingkampagnen zur Verfügung stehen. Dadurch wird verhindert, dass die einzelnen Menschen sich ihrer Rolle als Bürger bewusst werden, um sich dann gegen die Interessen der Privatwirtschaft wehren zu können. Indem man das Mehrheitsdenken zerstört, welches das Wesen der Demokratie darstellt, untergräbt man die Möglichkeiten, gegen die Vereinnahmung des öffentlichen Raums durch private Interessen vorzugehen. 
Donald Trump in den USA, Brexit im Vereinigten Königreich, Ausbrüche der verschiedenen «Populismen» in Europa … Wird diese Welt des Soft-Totalitarismus, die Sie beschreiben, dadurch nicht schwer erschüttert? Liegt in diesen politischen Phänomenen nicht die gleiche Ablehnung einer neoliberalen Globalisierung vor, welche die sozio-ökonomischen Ungleichheiten vergrössert und die Welt kulturell vereinheitlicht? 
Selbstverständlich! Diese Aufstände an der Urne illustrieren den Widerstand der Bürger aller westlichen Länder gegen ein System, das sie als ihnen aufgezwungen erkennen. Es ist nicht gesagt, dass sie immer eine Verbesserung bringen … Die extremen Übertreibungen von Donald Trump wird kaum einer gut finden oder gewisse seiner erschreckenden Aussagen. Lassen wir doch die falschen Alternativen hinter uns! Es ist nicht zulässig, dass wir unsere Augen vor dem Soft-Totalitarismus verschliessen, nur weil wir uns dem islamistischen Totalitarismus, einem noch gefährlicheren, direkteren und brutaleren Totalitarismus, gegenüber sehen. Und sei es auch nur deshalb, weil dieser Soft-Totalitarismus dem islamistischen Totalitarismus den Weg bereitet. Einerseits, weil er die Nationalstaaten destabilisiert, anderseits, weil er die Anti­körper in den einzelnen Individuen zerstört, mit denen gegen die Radikalisierung gekämpft werden sollte. Zuletzt auch, weil sich die finanzielle und neoliberale Globalisierung auf das Konsumdenken stützt, auf die verbreitete Verrohung der Völker und auf ihren Rückzug in den banalen Konsum und in ein wachsendes soziales Elend.
Die Infragestellung des aktuellen Systems darf nicht – unter dem Vorwand der bestehenden islamistischen Gefahr – verweigert werden. Das ist nämlich auch ein Grund für den Ärger und die Wut der Völker, die an verschiedenen Orten durch den Aufstand an der Urne zum Ausdruck kommt. Es wäre besser, diesen Zorn zu berücksichtigen, ihn zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren, als den Topf weiterkochen zu lassen.
Statt dessen wird jedoch seit einigen Jahren versucht, unsere Institutionen nach und nach so umzubauen, sodass schliesslich das ganze demokratische System blockiert sein wird. Es war offensichtlich, wie das System Bernie Sanders ausgegrenzt hat, wie das demokratische Establishment ganz offen getrickst hat, um Hillary Clinton zu favorisieren. Dieser Sprengsatz ist ihnen nun ganz offensichtlich in den Händen explodiert, aber trotzdem liegt darin eine Form der Untergrabung der Demokratie. Genauso lässt sich in Frankreich beobachten, wie mit Hilfe der Primärwahlen alles unternommen wird, um das System nicht in Frage stellen zu müssen. 
Ist es nicht Grund zu Optimismus, dass zum Beispiel François Fillon nicht der Kandidat des Establishments war und sein Erfolg [in den Primärwahlen der Mitte-Rechts-Parteien] die Voraussagen der politischen Medien und der Meinungsumfragen lügen strafte? 
Ja, tatsächlich, wir haben auf der einen Seite François Fillon. Auf der anderen Seite ist Jean-Luc Mélenchon, der sich weigert, an den Primärwahlen teilzunehmen. Schon daran sieht man, dass dieses System nicht funktioniert und sich an allen Ecken und Enden Risse bilden. Aber das Entscheidende ist, ob es gelingen wird, all das in Frage zu stellen, was die Grundlage dieses Soft-Totalitarismus ist, nämlich die durch die Freihandels-Ideologie herbeigeführte Macht der multinationalen Konzerne. 
Die Völker können ihre Meinung bei den Wahlen zum Ausdruck bringen, aber die gewählten Abgeordneten und Politiker müssen auch entsprechend ihrem Auftrag handeln können. Ist in unserer immer komplexeren, globaleren, schnelleren und vernetzteren Welt der Politiker nicht einer natürlichen Machtlosigkeit ausgeliefert? Kann sich der Politiker auf nationaler Ebene wirklich noch mit der Realität auseinandersetzen? 
Die Probleme lassen sich nicht auf nationaler Ebene regeln; dort geht es in erster Linie darum, dass die Völker ihren Willen zum Ausdruck bringen können. In Frankreich haben wir diese politische Machtlosigkeit zugelassen, sie wurde so eingerichtet. Unsere Rolle als Bürger ist jedoch, die Politiker dazu zu zwingen, ihre Macht auszuüben. Es ist an uns, die Politiker zu wählen, die willens sind, gegen das System zu kämpfen. Das ist Souveränität. Gegen diese die Demokratie privatisierende Globalisierung ankämpfen kann man nur mit Hilfe von Politikern, die bereit sind, das nicht Akzeptable auch wirklich zurückzuweisen. Zum Beispiel alle Freihandelsverträge zurückzuweisen, die nicht unserem europäischen Zivilisationsmodell entsprechen.
Es ist nämlich gar nicht so schwer, nein zu sagen! Ich erinnere mich an die Worte von General de Gaulle, wiedergegeben im Buch «C’était de Gaulle» von Alain Peyrefitte. Der Autor sprach mit de Gaulle über die Römischen Verträge und wies ihn darauf hin, dass kein Rückzug aus diesen Verträgen möglich sei. Da erwiderte der General in etwa folgendes: «Das ist Blödsinn. Haben Sie schon einmal ein grosses Land gesehen, das hereingelegt wird und dem man erklären kann, dass leider nichts dafür vorgesehen ist, dass es nicht weiter hereingelegt wird?» Und er ergänzte: «Wenn man hereingelegt wurde, so sagt man: ‹Ich bin hereingelegt worden, ich gehe!› Punkt.» Das ist eine Frage des Willens. Das heisst nicht, dass man sich hinter die eigenen Grenzen zurückzieht, wie man uns das weismachen will. Aber es heisst, das System zu regulieren. Es geht um eine gerechte Regulierung, um die Interessen der Bürger zu wahren.
Ihr Buch endet mit dem Appell für einen Übergang von einer globalen Steuerung der Dinge zu einer lokalen Steuerung. Ist die vom Wirtschaftswissenschafter Ernst Schumacher 1979 geprägte Aussage «Small is beautiful» wirklich noch möglich, angesichts der grossen technologischen Umwälzungen, denen wir gegenüberstehen? Ist dies nicht utopisch?
Nein, es ist keineswegs utopisch. Die positiven Anteile der neuen Technologien können uns sogar dabei helfen. So können wir die volle Souveränität über unsere Lebensweise und unsere Art des Konsumierens und des sich Fortbewegens zurückgewinnen. Jeder Einkauf ist ein politischer Akt. Durch unsere Konsumwahl entscheiden wir uns für das eine oder das andere System. Mit der Rückkehr zur lokalen Ebene werden wir die wirtschaftlichen Ströme wieder kontrollieren können, über unsere Zukunft bestimmen und den Wettbewerbsverzerrungen begegnen können. Die Rückkehr auf die lokale Ebene gibt dem Bürger wieder mehr Boden unter die Füsse und ermöglicht ihm, sich mit den grossen internationalen Fragestellungen auseinanderzusetzen.
Das System bricht auseinander, und plötzlich sieht man, wie die EU Apple eine 13 Milliarden-Euro-Busse aufbrummt, auf Grund der steuerlichen Vorteile, von denen dieser multinationale Konzern in Irland profitieren konnte. Es gibt nur eine Erklärung dafür: weil der Brexit sich durchgesetzt hat und weil die Freihandelsverträge von den Bürgern massiv in Frage gestellt werden. Die Stimme der Völker hat Europa ermöglicht, wieder mehr Bedeutung zu gewinnen. Die EU muss sich wieder auf das besinnen, wofür sie gegründet wurde, die Gemeinschaftspräferenz. Am Anfang ging es darum, einen Binnenmarkt zu schaffen, den Austausch zu pflegen zwischen Ländern, die gleiche Bedingungen haben und die zusammenspannen, weil sie die gleiche Sicht der Dinge und die gleiche Kultur haben in bezug auf die sozialen Rechte. Dies wurde durch die massive Ausweitung der EU völlig zerstört – durch die Grenzöffnungen auf Grund einer ultra-liberalen Ideologie, die bei den anderen grossen Zusammenschlüssen auf der Welt nicht vorherrscht. Mit dem «Komitee Orwell» wollten wir das in Worte fassen, was die Menschen empfinden, weil sie spüren, dass man daran ist, sie ihrer Freiheit, ihrer Stimme und ihrer Souveränität zu berauben.    •
Quelle: © Alexis Feertchak, www.lefigaro.fr vom 25.11.16
(Übersetzung Zeit-Fragen)
Das «Komitee Orwell» ist ein Kollektiv von Journalisten unter dem Vorsitz von Natacha Polony. Es tritt für den Schutz der Meinungsvielfalt und der Volkssouveränität ein. Das Komitee hat kürzlich ein Buch veröffentlicht mit dem Titel «Bienvenue dans le pire des mondes – Le triomphe du soft totalitarisme» [Willkommen in der schlimmsten aller Welten – Der Triumph des Soft-Totalitarismus] (Hrsg. Plon, 11/2016). Die beteiligten Autoren sind Natacha Polony, Jean-Michel Quatrepoint, Guillaume Bigot, Eric Delbecque, Franck Dedieu, Benjamin Masse-Stamberger, Alexandre Devecchio, Emmanuel Lévy und Gérald Andrieu.
Natacha Polony sagt: «Mit dem ‹Komitee Orwell› wollten wir das in Worte fassen, was die Menschen empfinden, weil sie spüren, dass man daran ist, sie ihrer Freiheit, ihrer Stimme und ihrer Souveränität zu berauben.»

(Quelle: Zeit-Fragen)

2017-01-18

Kommentar zu einem Leserbrief von Hrn. Josef Höller in der Kronen-Zeitung vom 18.1.2017

Hr. Höller beschreibt in seinem Leserbrief wie der EU-Ratspräsident Robert Fico in einem Interview ein EU-weites Verbot von Volksabstimmungen anregt (!)und der EU-Parlamentspräsident Schulz wieder einmal mehr EU fordert, also die Nationalstaaten sollen noch mehr Hoheiten an Brüssel abtreten ( Schon jetzt ist die EU aufgrund ihrer Machtfülle schon wie ein Bundesstaat zu sehen - aber ohne Legitimation) und die Regierungen ein doppeltes Spiel treiben, weil sie in Brüssel zustimmen und zu Hause so tun, als seien sie von einer anonymen Macht gezwungen worden.

Kein Wunder, dass die EU-"Bürger" mehr direkte Demokratie fordern und solche Parteien vermehrt gewählt werden, welche die direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild im Programm haben. Also in Österreich die FPÖ. Die Direkte Demokratie und Neutralität nach Schweizer Vorbild ist die vernünftige Alternative zur EU und Garant für Frieden und Freiheit!


Der Leserbrief:

Polternder Abschied

Das freie Wort
Der slowakische Premier Robert Fico hat es vorgemacht: In seiner Abschiedsrede als EU-Ratspräsident hat er noch einmal kräftig gepoltert und ein EU-weites Verbot von Volksabstimmungen angeregt, und der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz macht es ihm nach. Jener Martin Schulz, der seinen Anspruch auf den SPD-Kanzlerkandidaten freiwillig aufgegeben hat, weil er sich damit zuerst einer Urabstimmung gegen Vizekanzler Gabriel hätte stellen müssen und dann erst der Bundestagswahl. Und sich einer Wahl stellen ist nicht sein Ding. Jener Martin Schulz also hat in einem Interview tief Luft geholt und dann laut darüber nachgedacht, woher die „Wut, Enttäuschung, Verzweiflung“ jener französischen Wähler komme, die den Front National wählen. Er stellt fest, dass das nicht nur alte, ungebildete Männer aus der Unterschicht sind, sondern auch gut situierte Menschen mit Zukunftsängsten. Schulz gibt zu, dass es Probleme gibt und meint, die zu lösen seien aber Rechtspopulisten nicht in der Lage. Und dann kommt das, was er schon immer forderte. Brüssel hätte gestärkt werden müssen. Die Nationalstaaten hätten noch viel mehr Rechte an Brüssel abtreten und sich selbst entmündigen müssen. Das heißt nach seiner Denkweise, dass die Nationalstaaten selbst schuld sind am Erstarken der Rechtspopulisten. Er wirft dabei den Regierungen der Nationalstaaten auch ein doppeltes Spiel vor, weil sie Befugnisse an Brüssel übertragen, aber es zu Hause verschwiegen haben. Er sagt: „Dieselben, die in Brüssel zustimmen, tun dann zu Hause, als seien sie von einer anonymen Macht gezwungen worden. Das ist tödlich.“ Ganz unrecht hat Schulz da nicht. Politiker wissen zwar, dass es bei der Bevölkerung nicht gut ankommt, wenn diese von ihnen verraten und verkauft wird. Sie machen es aber trotzdem immer wieder. Dort ist auch der Grund für den Wählerschwund bei den angeblich so seriösen Parteien zu suchen.


Josef Höller,per E-Mail
erschienen am Mi, 18.1.



2017-01-11

EU-Gesetz gegen alte Gebäude

Der nächste Streich der bürokratischen EU-Diktatur: Nach der Gebäuderichtlinie müssen ab dem Jahr 2020 alle neuen Gebäude der EU nahezu energieautark sein. Bestimmt hat da eine Firma erfolgreich „beraten“.

Die alte Bauweise ist sicher Geschichte. Das Ende der alten Häuser ist eingeläutet!

Es wurde bereits angefangen Häuser abzureisen, welche nach der Richtlinie nicht energieeffizient sind. Darunter ein Haus, welches 1176 gebaut wurde und 825 Jahre bewohnt war.


2017-01-07

Eine neue EU-Richtlinie steht vor der Verabschiedung im EU-"Parlament":


Auf dem Weg in die Diktatur: Mit gefährlicher EU-Richtlinie kann jeder kritische Bürger ein Terrorist sein
In wenigen Tagen wird das EU-Parlament eine besorgniserregende Richtlinie verabschieden. Mit dieser neuen EU-Regelung bekommen nationale Regierungen die Möglichkeit die Grundrechte der Bürger massiv zu beschneiden. Zudem kann jeder Bürger, der eine kritische Meinung gegenüber den wirtschaftlichen oder sozialen Strukturen äußert, als „Terrorist“ eingestuft werden.

Das Europäische Parlament verabschiedet am 5. Dezember eine neue EU-Richtlinie mit weitreichenden Folgen. Diese Richtlinie wird nationalen Regierungen Möglichkeiten einräumen, die Meinungs- und Pressefreiheit sowie das Demonstrationsrecht und die Grundrechte der Bürger massiv zu beschneiden.
Der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments (LIBE) beschäftigt sich mit der EU-Richtlinie, die die bürgerlichen Freiheiten in der EU in bisher nicht bekannter Weise beschränken kann.
Mit der neuen Regelung können Behörden unter dem Vorwurf der „Terrorismusförderung“ Webseiten blockieren und jeden EU-Bürger faktisch zum Terrorverdächtigen erklären lassen. Den Behörden wird mit dieser EU-Richtlinie ein enormer Spielraum für Missbrauch eingeräumt, kritisieren verschiedene Menschenrechtsorganisationen.
Der EU-Observer analysiert, dass die Richtlinie Regeln enthält, die dazu genutzt werden können, die freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit drastisch zu beschneiden.
Jeder kann als Terrorist eingestuft werden
Die EU-Richtlinie zur „Bekämpfung des Terrorismus“, die bereits am 30. November von den EU-Staaten auf der politischen Ebene gebilligt worden ist, orientiert sich stark an den französischen Gesetzen.
Von Human Rights Watch wird diese Regelung wegen ihrer vagen Definition des Terrorismus scharf kritisiert. Sie würde den Regierungen viel zu viel Spielraum einräumen, um diese missbrauchen zu können, so die Menschenrechtsgruppe berichten „Deutsche Wirtschafts Nachrichten“.
Das Gesetz könne sehr weit ausgelegt werden, was zu einer Verletzung von Bürgerrechten führen könnte, beklagt Human Rights Watch.
In der EU-Richtlinie heißt es:
„Diese Richtlinie enthält eine Reihe schwerer Verbrechen wie Angriffe auf das Leben einer Person als vorsätzliche Handlungen, die als terroristische Straftaten qualifiziert werden können, wenn und soweit ein bestimmtes terroristisches Ziel verfolgt wird, zum Beispiel eine Bevölkerung ernsthaft einzuschüchtern oder unrechtmäßig eine Regierung oder internationale Organisation zu zwingen, eine Handlung durchzuführen oder zu unterlassen oder die grundlegenden politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Strukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören. Die Bedrohung, solche vorsätzlichen Handlungen zu begehen, sollte auch als terroristische Straftat angesehen werden, wenn sie auf der Grundlage objektiver Umstände festgestellt wird, die mit einem solchen terroristischen Ziel begangen wurden. Im Gegensatz dazu gelten Handlungen, die zum Beispiel eine Regierung unter Druck setzen, ohne jedoch die Tatbestände der umfassenden Liste der schweren Verbrechen zu erfüllen, nicht als terroristische Straftaten im Sinne dieser Richtlinie.“
Mit der Regelung kann also jeder der massive Kritik an den wirtschaftlichen oder sozialen Strukturen äußert, als Terrorist eingestuft werden. Die Regierung kann damit den Begriff des Terrorismus nach Belieben anwenden. Auch das Demonstrationsrecht kann beliebig eingeschränkt werden.
Die EU-Richtlinie wird für die Meinungs- und Pressefreiheit große negative Auswirkungen haben. Mit der Richtlinie können Webseiten blockiert werden, wenn eine Regierung feststellt, dass diese die politischen und wirtschaftlichen Realitäten in einem Land „destabilisieren“.
Nicht nur die Betreiber der Webseiten, sondern auch deren Besucher machen sich dann des „Terrorismus“ schuldig. Damit wird auch Druck auf die User ausgeübt, regierungsunliebsame Webseiten nicht mehr zu besuchen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Justizminister Heiko Maas haben sich bereits öffentlich dafür ausgesprochen, Inhalte im Internet zu regulieren. Die Regierung will „Falschmeldungen“ unterbinden, heißt es. Wann etwas als eine „Falschmeldung“ eingestuft wird, liegt alleine im Ermessen der Bundesregierung.

2017-01-06

Selbstbestimmtes Handeln als Grundlage von Recht und Frieden


Zum Jahresbeginn

von Professor Dr. phil. Dr. h.c. Dr. h.c. Hans Köchler*

Ich werde meine Ausführungen in drei Abschnitte gliedern. Wie schon die Formulierung des Themas andeutet, wird es um Grundsätzliches gehen. Ich werde mich also nicht im Detail mit der augenblicklichen politischen Konstellation beschäftigen.
Zunächst sei mir eine kurze philosophisch-anthropologische Vorbemerkung zum Begriff Selbstbestimmung gestattet. Daran werde ich Überlegungen darüber anschliessen, was ich die politisch-rechtlichen Implikationen von Selbstbestimmtheit nenne. Abschliessen werde ich meine Ausführungen mit einem Plädoyer für eine Neubesinnung auf Demokratie oder – anders formuliert – mit einem Aufruf zu mehr terminologischer Ehrlichkeit, was den Gebrauch des Wortes Demokratie und die einschlägigen politischen Diskurse betrifft.

Selbstbestimmtheit – grundsätzliche philosophisch-anthropologische Aspekte

Erstens: Zum Philosophisch-Anthropologischen: Die mir hier gestellte Thematik bezieht sich auf das Wesen und den Daseinsgrund der Demokratie. Meine Überlegung ist hierbei folgende: Nur als Freier und Gleicher kann der Mensch überhaupt den Sinn von Gemeinschaft erfassen, nämlich als die Verwirklichung des eigenen Selbst in der Synergie der Gruppe. Dazu ist der Mensch als isolierter Einzelner nicht imstande. «Selbstbestimmtheit» – ich habe diesen Ausdruck bewusst gewählt im Unterschied zu «Selbstbestimmung» – beschreibt sodann den Zustand der Gemeinschaft, der daraus folgt. Zunächst aber geht es um die Grundhaltung des Einzelnen. Selbstbestimmtheit heisst dabei natürlich nicht Selbstschöpfung – dies wäre die Illusion der Selbstvergottung –, sondern die Entfaltung der im Individuum angelegten Möglichkeiten in Gemeinschaft mit anderen, die als gleichberechtigt gesehen werden. Sie erfolgt gemäss den Prioritäten, die jeder selbst, aus eigener Überzeugung, setzt und für deren Verwirklichung er dann auch die Verantwortung trägt. Dies ist meines Erachtens auch der tiefere Sinn von Freiheit – selbstredend nicht im Sinne von willkürlichem Handeln nach den Launen und Eingebungen des Augenblicks, sondern als Ausdruck von Wesensfreiheit, so wie sie aus der deutschen idealistischen Philosophie erklärt werden kann.
Dies macht uns auch die Bedeutung der Erziehung für selbstbestimmtes Handeln deutlich, die in der Aufgabe besteht, die in jedem Menschen angelegte Vernunft zur Mündigkeit zu führen – ohne ideologische Indoktrination, sozusagen als Hilfe zur Selbsthilfe auf dem Weg des einzelnen Menschen zur Selbstbestimmtheit. Mündigkeit in diesem Sinn – philosophisch als vom Logos geleitetes Handeln verstanden – ist das Wesen des Bürgertums in einem auf der Vernunft, nicht auf Irrationalität und Affekt beruhenden Gemeinwesen. Insofern ist die so verstandene Mündigkeit auch das Um und Auf der Demokratie. Soweit zu den grundsätzlichen philosophisch-anthropologischen Aspekten des Begriffes.

Selbstbestimmtheit – politisch-rechtliche Aspekte

Zweitens: Dies bringt mich zur Frage nach den politisch-rechtlichen Implikationen von Selbstbestimmtheit: Wie muss ein politisches System beschaffen sein, damit Selbstbestimmtheit in dem hier angedeuteten Sinn von jedem Einzelnen realisiert werden kann? Wenn man Selbstbestimmtheit des Menschen als die eines Bürgers – und damit eben schon als Mitgliedes einer Gemeinschaft, von der seine Existenz und Identität niemals abstrakt isoliert werden darf – ernst nimmt, dann folgt daraus notwendig die Konzeption eines Gemeinwesens nach dem klassischen athenischen Ideal der direkten Demokratie.
Einerseits ist nur diese Form der Organisation des gemeinschaftlichen Wollens mit dem Status des Menschen als Subjekt oder – mit Kant formuliert – der Autonomie des Bürgers vereinbar. Andererseits ermöglicht nur diese Organisationsform Rechtsstaatlichkeit und eine sowohl auf den inneren als auch den äusseren Frieden gerichtete Politik. Der Zusammenhang mit dem Recht und mit dem Frieden als einem gemeinschaftlichen Ziel ist dabei folgender:

Recht erfordert Abwesenheit von Willkür

Was das Recht betrifft, so erfordert dieses zu allererst die Abwesenheit von Willkür. Das ist das Um und Auf von Rechtsstaatlichkeit. Damit bedarf das Recht eben auch eines Zusammenwirkens auf der Basis der Freiheit und Gleichheit aller – also Umstände, die ihrerseits den selbstbestimmten, nicht den fremdbestimmten, Bürger voraussetzen. Was den Frieden als politisches Ziel angeht, so erfordert dieser – ob zwischen den Individuen innerstaatlich oder zwischen den Kollektiven international – Respekt, das heisst Akzeptanz auf der Basis der Gegenseitigkeit. Dies ist wiederum nur möglich, wenn jeder Bürger selbstbestimmt zu handeln vermag, das heisst, wenn er nicht lediglich als verlängerter Arm von ihm nicht durchschauter Interessen anderer fungiert, also von mehr oder weniger komplex organisierten sogenannten Pressure groups, wie es heute auf Neu-Englisch heisst. Es ist wohl kein Zufall, dass in empirischen Untersuchungen, die vor allem seit den achtziger Jahren angestellt worden sind, immer wieder eine Korrelation festgestellt worden ist zwischen dem jeweiligen ­politischen System – ob demokratisch oder autoritär beziehungsweise diktatorisch verfasst – und der Neigung eines Gemeinwesens zum Krieg. Besonders interessant erscheint in diesem Zusammenhang eine Untersuchung von Aaron Wildavsky,­ der bereits 1985 in der Zeitschrift Social Philosophy and Policy einen Artikel unter dem Titel «No War with­out Dictatorship, no Peace without Democracy» vorgelegt hat. Das ist genau der strukturelle Zusammenhang, auf den ich hier nur im Telegrammstil hinweisen kann.

Plädoyer für eine Neubesinnung auf Demokratie

Drittens: Dies bringt mich schliesslich zu dem oben angedeuteten Plädoyer für eine Neubesinnung auf Demokratie und für mehr terminologische Ehrlichkeit im Gebrauch dieses Ausdruckes. Die anthropologische und staatspolitisch-rechtliche Vergewisserung des Stellenwertes von Selbstbestimmtheit sollte in der gegenwärtigen Lage – und ich meine dies gerade angesichts der Krise des Gemeinwesens in innen- wie zwischenstaatlicher Hinsicht – Anlass sein, das Paradigma der Demokratie, so wie es den globalen, von der westlichen Hegemonialmacht bestimmten Diskurs charakterisiert, zu hinterfragen. Man kann hier durchaus ohne falsche Anmassung von der Notwendigkeit einer «Ideologiekritik» der Demokratie sprechen. Schon vor mehr als drei Jahrzehnten habe ich hier in der Schweiz, in Genf, im Rahmen einer internationalen Round-Table-Konferenz über die Krise der repräsentativen Demokratie diese Problematik zur Diskussion gestellt. (The Crisis of Representative Democracy. Frankfurt a. M./Bern/New York, Peter Lang AG, 1985)

Demokratie ist nicht gleich repräsentative Demokratie

Inzwischen – seit dem Ende des Kalten Krieges – ist die Problematik noch viel deutlicher geworden. Demokratie wird sowohl im akademischen als auch im allgemein politischen Diskurs und in den Medien zumeist völlig unreflektiert als sogenannte «repräsentative Demokratie» verstanden. «Repräsentation», obwohl diese Verbindung des Substantives «Demokratie» mit dem Adjektiv «repräsentativ» sensu stricto einen Selbstwiderspruch darstellt, da in dieser Begriffsverbindung bereits die Doktrin der Repräsentation enthalten ist. «Repräsentation» bedeutet jedoch im wörtlichen Sinn das Wieder-gegenwärtig-Machen von etwas, was nicht anwesend ist. Gemeint ist damit, dass das als Ganzes zunächst abwesende Volk erst präsent, sichtbar gemacht werden muss, damit es sich politisch-rechtlich artikulieren kann. Dies geschieht, wie unter anderem Carl Schmitt in seiner «Verfassungslehre» gezeigt hat, jeweils durch einen Einzelnen, dem diese Befugnis zugesprochen wird. Dies kann ein Staatschef sein, der in absoluter Machtbefugnis entscheidet, aber ebenso ein Abgeordneter einer legislativen Versammlung – und in der Folge natürlich auch die Gruppe all dieser Einzelnen. Entscheidend ist dabei, dass Einzelne die Befugnis haben, im Namen aller Bürger zu entscheiden. Dies wird in einer explizit formulierten Doktrin gerechtfertigt, wonach eben diese einzelnen Funktionsträger die Gesamtheit als solche «gegenwärtig» (präsent) machen könnten und deshalb auch die Befugnis hätten, über sie und in ihrem Namen zu entscheiden. Als Beispiel für dieses Staatsverständnis kann man das Werk von Gerhard Leibholz über «Das Wesen der Repräsentation» (1929) anführen, das auch im Nachkriegsdeutschland mehrere Auflagen erlebte. Dazu ist jedoch der begrifflichen Präzision wegen – was den Gebrauch des Wortes «Demokratie» betrifft – festzuhalten, dass Herrschaft des Volkes begrifflich nicht mit Herrschaft über das Volk beziehungsweise im Namen des Volkes gleichgesetzt werden kann.

Volkssouveränität im Rahmen einer repräsentativen Verfassung ist eine Fiktion

Wenn es tatsächlich darum geht, die Herrschaft über das Volk zu rechtfertigen, dann möge man dies offen sagen und für dieses Machtverhältnis einen anderen Ausdruck verwenden. Ich bin im übrigen nicht der einzige, der darauf hinweist. Auch der führende Rechtsphilosoph des 20. Jahrhunderts, Hans Kelsen, «Vater» der österreichischen Verfassung nach dem Ersten Weltkrieg, hat in seiner Abhandlung «Vom Wesen und Wert der Demokratie» (1920) schon vor Jahrzehnten erläutert, dass die Rede von der Volkssouveränität im Rahmen einer strikt repräsentativen Verfassung eine reine Fiktion sei. Aus Legitimationsgründen gegenüber dem Volk, so Kelsen, tut man so, als ob das Volk, das heisst jeder Bürger für sich, unmittelbar entscheiden würde, während tatsächlich nur einer oder eine Gruppe von Einzelnen im Namen aller entscheidet. Dafür wäre jedoch die adäquate Bezeichnung Monarchie beziehungsweise Oligarchie. Allerdings wäre es eingestandenermassen etwa im Falle eines parlamentarischen Systems gegenüber der öffentlichen Meinung geradezu delegitimierend, wenngleich ehrlicher, von «repräsentativer Oligarchie» zu sprechen.
Entscheidend ist jedoch, dass in einem solchen repräsentativen System sich der Einzelne eben nicht als freier und gleicher Bürger verwirklichen kann, da letztlich über ihn verfügt wird. Er kann sich nur – in Form von periodischen Wahlen – an der Auswahl derjenigen, die über ihn für eine festgelegte Zeit herrschen sollen, beteiligen. Dies geschieht in der Regel allerdings auch nur sehr indirekt, weil in den meisten Ländern das Persönlichkeitswahlrecht äusserst schwach entwickelt ist.
Man müsste also, wenn man selbstbestimmtes Handeln als Grundlage der Demokratie tatsächlich ernst nimmt, auf begrifflicher Exaktheit bestehen, und das vorherrschende Staatsmodell präzise benennen, indem man es explizit als die Herrschaft einiger weniger – auf der Grundlage der Doktrin der Repräsentation – charakterisiert. Realistisch muss man hier wohl anfügen – und dies scheint mir gerade an unserem Tagungsort, hier in der Schweiz, angemessen –, dass man auf Grund der nicht zu bestreitenden notwendigen Arbeitsteilung in unserer modernen Industriegesellschaft letztlich wohl mit einer Mischform aus repräsentativen und demokratischen Entscheidungsmechanismen wird vorliebnehmen müssen.

Direkte Demokratie: Korrektiv der Herrschaft in Form der Repräsentation

Die Bezeichnung «direktdemokratisch» ist gemäss dem oben Gesagten zwar nicht ein Widerspruch, aber ein Pleonasmus. Wenn Demokratie Herrschaft des Volkes heisst, dann impliziert dies, dass jeder direkt entscheidet. In der Realität der entwickelten Industriegesellschaften wird man also Entscheidungsfindung in Form von «Repräsentation» derjenigen in Form von «Demokratie» gegenüberstellen, wie dies gerade in der Schweiz erfolgreich praktiziert wird. Entscheidend ist dabei Folgendes: «Direkte» Demokratie ist, wenn die Verwendung dieses Pleonasmus hier nochmals gestattet ist, so etwas wie ein Korrektiv der Herrschaft in Form der Repräsentation. Grundsätzlich ist es in jeder Angelegenheit – auf lokaler, regionaler wie gesamtstaatlicher Ebene – möglich, dass das Volk auf den Plan tritt und in Form eines Referendums korrigierend eingreift. Wenn diese Möglichkeit nicht gegeben ist oder etwa durch die Verfassung grundsätzlich ausgeschlossen ist (wie zum Beispiel auf gesamtstaatlicher Ebene in der Bundesrepublik Deutschland), dann hat man allerdings, was die Propagierung des demokratischen Ideals betrifft, ein Problem mit der staatspolitischen Glaubwürdigkeit. [Hervorhebung durch Zeit-Fragen]

Die Entscheidung über Krieg und Frieden gehört in die Hände der Bürger

Demokratie als direkte Entscheidung der Bürger ist gerade auch auf weltweiter Ebene von Bedeutung, wenn es um die Vermeidung von Kriegen, das heisst um eine nachhaltige Friedenspolitik geht, die nicht nur eine Konfliktsituation taktisch-realpolitisch beruhigt, sondern auf eine Weltordnung hinzielt, die auf dem gegenseitigen Respekt der Völker im Sinne des demokratischen Ideals von Freiheit und Gleichheit basiert. Nur dann, wenn die Entscheidung über Krieg und Frieden in den Händen derjenigen liegt, welche die allfälligen Folgen einer solchen Entscheidung unmittelbar am eigenen Leib verspüren – ich meine hier die Bürger –, besteht Hoffnung auf die dauerhafte Vermeidung von Kriegen. In einem nicht-demokratischen Umfeld werden Kriege hingegen viel leichter vom Zaun gebrochen, weil die verantwortlichen «Repräsentanten» in der Regel nicht mit Leib und Leben für die Folgen ihrer Entscheidung einstehen müssen.

Plädoyer für eine Demokratisierung der internationalen Beziehungen

Selbstbestimmtes Handeln jedes Einzelnen als Bürger ist deshalb auch zwischenstaatlich die einzige Verbürgung für ein dauerhaft friedliches System – was Immanuel Kant als Konstellation des «ewigen Friedens» bezeichnet hat, womit jedoch nicht Ewigkeit als absolute, endlose Zeit, sondern im Sinn von Dauerhaftigkeit gemeint ist. Dies bedeutet letztlich, dass die Organisation der Beziehungen zwischen den Staaten und die Institutionen, welche die Staaten zu diesem Zwecke schaffen, nach und nach demokratisiert werden müssten und dass durch die Reform der Statuten von weltumspannenden Organisationen wie der Uno ein System geschaffen werden sollte, in dem die Bürger nicht zur Gänze durch ihre Staaten «mediatisiert» werden. Unter den jetzigen Umständen ist es für Beschlussfassungen auf zwischenstaatlicher Ebene völlig gleichgültig, ob ein Gemeinwesen (Staat) aus 10 000 oder 1 Milliarde Bürgern besteht. Jede staatliche Entität hat – ausser bei internationalen monetären Organisationen – sozusagen das gleiche Gewicht, wenngleich gerade im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einzelne Staaten auf Grund der historisch gewachsenen, obzwar heute bereits überholten Machtkonstellation besondere Vorrechte besitzen, die nicht mit Demokratie im Sinne von «Unmittelbarkeit», wie ich sie hier beschrieben habe, vereinbar sind. Mit diesem Plädoyer für eine Demokratisierung der internationalen Beziehungen, aber vor allem auch regionaler Organisationen – wie derjenigen, die wir uns hier in Europa geschaffen haben, wo die Bürgerbeteiligung das Glaubwürdigkeitsproblem schlechthin ist –, möchte ich meine Ausführungen schliessen und Ihnen für die Aufmerksamkeit danken.    •
*    Vortrag, gehalten bei den Septembergesprächen der Arbeitsgemeinschaft «Mut zur Etik» vom 2.–4. September 2016

(Quelle: Zeit-Fragen)