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2011-05-30
2011-05-28
In Österreich soll die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft werden
Alle Zeichen deuten darauf hin, dass auf Betreiben der österreichischen Bundesregierung die allgemeine Wehrpflicht durch ein Freiwilligenheer (Berufsheer) ersetzt wird. Deshalb ist es dringend notwendig, sich mit diesem Thema gründlich auseinanderzusetzen. Die Plattform für den Austritt aus der EU veranstaltete am 10. März 2011 in Wien im Kolpinghaus/Alsergrund einen Informations- und Diskussionsabend zum Thema „Wehrpflicht – Ja oder Nein“. Als Experte sprach der Präsident der niederösterreichischen Offiziersgesellschaft Herrn Generalmajor i.R. Günter Hochauer.
Vortrag:
Wehrpflicht – Ja oder Nein?
Diese Frage hat im letzten halben Jahr eine hohe Aktualität erlangt, die eher unerwartet kam und man fragt sich was denn der Anlass dafür gewesen ist. Tatsächlich gab es keinen Notstand in unserem Staat, der das Lostreten der Wehrpflichtdebatte verlangt hätte. Ganz im Gegenteil, die Republik hat genug andere lebenswichtige Problembereiche, die dringend auf Reformen warten. Hier sollen nur beispielhaft der Bereich der Bildung und der Gesundheits-bereich genannt werden.
Die Österreichische Offiziersgesellschaft (ÖOG) als das „sicherheitspolitische Gewissen der Republik Österreich“ meldet sich immer dann zu Wort, wenn sie vermeint auf Fehlentwicklungen hinweisen zu müssen, um Schäden in der Gesellschaft abzuwenden. So hat sich die ÖOG auch in die laufende Wehrpflichtdebatte eingeschaltet und tritt vehement für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht ein. Der Vorwurf, die Entwicklungen in der Umgebung und den Wandel in der Gesellschaft nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, geht aber an der Wirklichkeit vorbei. Die ÖOG ist nicht nach rückwärts gerichtet und in überkommenem Denken erstarrt, sondern blickt sehr wohl nach vorne und verlangt die Beibehaltung der Wehrpflicht, allerdings in einer reformierten neuen Form unter Berücksichtigung der aktuellen Erfordernisse.
Es erweist sich als zweckmäßig zunächst einmal dien Inhalt der „österreichischen“ Wehrpflicht kurz darzustellen, um sich klar zu werden worüber man spricht.
Inhalt der Wehrpflicht in Österreich
Die Wehrpflicht ist eine Verfassungsbestimmung und legt fest, dass jeder männliche österreichische Staatsbürger vom 17. bis zum 50. Lebensjahr wehrpflichtig ist. In dieser Zeit kann er für einen Einsatz einberufen werden.
Die Wehrpflicht umfasst die Stellungspflicht (Musterung), den Dienst im Präsenzstand in Form des Grundwehrdienstes und der Milizübungen, den
Einsatzpräsenzdienst sowie bestimmte Meldepflichten. Nur Wehrtaugliche kommen für eine Einberufung zum Präsenzdienst in Betracht.
Man kann aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigern und dafür einen Zivildienst leisten (also einen Wehrersatzdienst, keinen Alternativdienst!). Früher gab es eine „Zivildienstkommission“, die die Aufgabe hatte, in jedem Einzelfall die „Gewissensgründe“ eines Wehrdienstverweigerers zu überprüfen. Dann wurde im Sinn einer Liberalisierung die Zivildienstkommission abgeschafft und der erklärte Wille, den Wehrdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, als ausreichend für den Zivildienst erkannt. Seither besteht in der Praxis die freie Wahl zwischen Wehr- und Zivildienst. Um den Zugang zum Zivildienst nicht ausufern zu lassen, ist die Dauer mit neun Monaten festgelegt.
Zum Zivildienst können nur Wehrtaugliche einberufen werden, da sich der Zivildienst als Ersatzdienst nach den Kriterien des Wehrdienstes richtet. Fällt der Wehrdienst, fällt auch der Zivildienst mit allen seinen nachteiligen Auswirkungen auf den Sozialbereich. Im Jahre 2010 gab es von rd. 40 000 Wehrpflichtigen ca. 13 000 Zivildiener, die zur Aufrechterhaltung vieler sozialer Dienste auf dem gewohnten Niveau auf anderem Weg aufgebracht werden müssten. Das würde dem Staat hohe Mehrkosten verursachen, die bei Beibehaltung der Wehrpflicht zu vermieden werden könnten. Damit soll aber keineswegs der Eindruck vermittelt werden, dass das Argument für den Wehrdienst der Wegfall des Zivildienstes sei.
Ein Wegfall der Wehrpflicht würde grundsätzlich auch einen Wegfall der Stellungspflicht einschließlich der Stellungsuntersuchung (Musterung), für viele Wehrpflichtige die erste umfassende Gesundenuntersuchung überhaupt, bedeuten. Der Volksgesundheit würde dadurch kein guter Dienst erwiesen!
Der Grundwehrdienst ist mit einer Dauer von sechs Monaten festgelegt. Er dient zur Ausbildung des Wehrpflichtigen für eine Einsatzfunktion. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass eine umfassende Einsatzbereitschaft des Soldaten gegen Ende des sechsten Ausbildungsmonats erreicht wird. Für einfache Verwendungen kann dies aber auch schon früher angenommen werden. Nach dieser „Lehrzeit“ sollte der Soldat in eine Einsatzformation (Kompanie, Bataillon) eingeteilt werden. Handelt es sich dabei um eine Milizeinheit (nur nach einer Aufbietung/Mobilmachung vorhanden), sollte er in den auf den Grundwehrdienst folgenden Jahren in wiederkehrenden Milizübungen, die jeweils eine bis zwei Wochen dauern, weiter konditioniert werden. Für bestimmte Truppen des Bundesheeres, die als präsente Truppen für eine friedensmäßige Einsatzbereitschaft vorgesehen sind, sollte im Anschluss an den Grundwehrdienst eine Nutzungsphase im Rahmen der präsenten Truppen folgen.
Bis 2006 dauerte der Grundwehrdienst acht Monate. Damit konnte das oben dargestellte System, einerseits Milizübungen zu leisten und andererseits acht Monate in einem abzudienen, bedarfsgerecht umgesetzt werden. Dann wurde aber das bis dahin bewährte System zerstört. Durch den Bundesminister PLATTER wurde ohne sachlichen Zwang, wohl aber aus populistischen wahltaktischen Überlegungen, der Grundwehrdienst auf insgesamt sechs Monate reduziert. Damit wurde eine unheilvolle Entwicklung begründet, die das Bundesheer in ein Dilemma führen musste und eigentlich für die Sinnfrage des Weiterbestehens der allgemeinen Wehrpflicht verantwortlich ist.
Mit einem Schlag bekamen die Milizverbände keine übungspflichtigen Soldaten mehr (die verordnete Freiwilligkeit für Milizübungen brachte nicht den gewünschten Erfolg) und die zeitweise Einsatzbereitschaft der präsenten Truppen konnte auch nicht mehr gewährleistet werden. Dazu kam zu allem Überdruss die wehrpolitisch ohnehin höchst problematische „Systemerhaltung“. Von Anfang an wurden dem Bundesheer die finanziellen und personellen Möglichkeiten vorenthalten, seinen Betrieb mit eigens dafür vorgesehenen Bediensteten sicherzustellen. Die unverzichtbaren Hilfsdienste in den Bereichen der Verwaltung, Instandhaltung, Unterstützung und Betreuung mussten daher nach Absolvierung einer kurzen militärischen Grundausbildung, stets durch Wehrpflichtige („Systemerhalter“) übernommen werden. Beim acht monatigen Grundwehrdienst benötigte man daher zwei Wehrpflichtige pro Jahr zur permanenten Abdeckung einer systemerhaltenden Funktion. Jetzt aber, nach Einführung des sechs monatigen Grundwehrdienstes, erhöhte sich der Bedarf auf drei Wehrpflichtige. Damit werden derzeit rd. 60% eines Jahrganges für die Systemerhaltung verbraucht, ein im Sinne eines Wehrdienstes unhaltbarer Zustand. Damit war die Sinngebung für die Wehrpflicht praktisch weggebrochen. Anstatt nun Lösungen für eine Verbesserung auf der Basis der Wehrpflicht vorzuschlagen, begann man „das Kind mit dem Bad auszugießen“ und unter dem Vorwand von politisch nicht akzeptablen Ausweitungen von Verpflichtungen die Flucht nach vorne anzutreten und die leichteste aller Problemlösungen zu forcieren, nämlich die Abschaffung oder Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht. Angesichts der vorhersehbaren Entwicklung fällt es schwer nicht zu glauben, dass Absicht hinter dieser Entwicklung steht. Nachdem über viele Jahre die Landesverteidigung finanziell ausgezehrt wurde, entzieht man ihr nun auch noch die personelle Grundlage ihres Bestehens. Es scheint so als ob die im Untergrund wühlenden pazifistischen Kräfte die Oberhand erhielten.
Strategische Rahmenbedingungen
Vordergründig wird die Rücknahme der militärischen Kapazitäten mit der Veränderung der strategischen Lage in Europa begründet. Mit dem Wegfall des „Eisernen Vorhanges“ und der Auflösung des Warschauer Paktes sei uns „der Feind abhanden gekommen“ und die Gefahr einer militärischen Aggression sei nicht mehr gegeben, wird uns gesagt. Die Aufrechterhaltung einer „klassischen“ Armee mit ihren verschiedenen Waffengattungen und der Fähigkeit zur operativen Gegenkonzentration sei überholt. Man könne sich auf die Sicherstellung der Auslandseinsätze, auf die Luftraumüberwachung sowie auf die Fähigkeit im Falle von Katastrophen Assistenz zu leisten konzentrieren. Die neue Lage ermögliche eine weitere Reduzierung der Truppen auf einen Umfang, der ohne Weiteres durch Freiwillige abgedeckt werden könne. So etwa lautet die offizielle Lesart.
Vergessen wird dabei auf die Landesverteidigung! Gemeint ist hier natürlich die Art von Landesverteidigung, die unsere Gesellschaft, den Staat, vor den mittelfristig absehbaren Bedrohungen schützen soll. Wie auch in der jüngst herausgegeben „Österreichischen Sicherheitsstrategie“ aufgelistet, wird stellen
die Auswirkungen von
· Terrorismus
· grenzüberschreitender organisierter Kriminalität
· „Cyber Angriffen“ (Angriffe auf IT-Systeme)
· Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen
· Migrationsbewegungen
· Ressourcen- und Energieknappheit
· natürlicher und von Menschen verursachter Katastrophen
die wichtigsten Formen „neuer“ Bedrohungen der Sicherheit der Menschen und ihrer Lebensgrundlagen dar. Der Schutz der lebenswichtigen Infrastruktur in unserem Land muss in Zukunft das zentrale Anliegen der Verteidigungspolitik und damit der Landesverteidigung sein. Dafür muss das Bundesheer vorbereitet sein. Man braucht dafür weniger Panzer und Artillerie und sonstige schwere Bewaffnung, als vielmehr eine große Anzahl an leicht bewaffneten Wach- und Sicherungstruppen, die zur Überwachung des Staatsgebietes, zum Schutz von sensiblen Kommunikationen und Objekten sowie für Ordnungsdienste zusammen mit der Sicherheitsexekutive befähigt sind. Dieser „Heimatschutz“ wäre die neue Form der Landesverteidigung.
Der für die laufende Reform immer noch maßgebliche Mobilmachungsrahmen des Bundesheeres von 55 000 Soldaten soll aber selbstverständlich weiterhin gelten. Allerdings beabsichtigt man listigerweise in diese Zahl rd. 20 000 vorrätige Reservisten, die nicht in Formationen (Einheiten) organisiert sind, sondern nur als Einzelpersonen existieren, einzurechnen, um dem Schein einer erfolgreichen Reform wenigstens auf dem Papier zu wahren.
Der Weg in die Wehrlosigkeit scheint vorgezeichnet! Wir, die ÖOG, sehen in diesen Vorgängen – aus welchen Gründen auch immer- den Versuch zur unauffälligen Liquidierung des Bundesheeres und der Wehrhaftigkeit der Republik Österreich. Wir aber wollen die Wehrpflicht erhalten, weil wir davon überzeugt sind, dass wir sie auch in Zukunft brauchen, um den Menschen in unserem Land einen verlässlichen Schutz vor neuen Gefährdungen und Bedrohungen zu bieten. Wir verlangen allerdings eine reformierte neue Form
der Wehrpflicht! Mit einer Fortsetzung des derzeitigen Systems sind wir aber nicht einverstanden! Das derzeitige „Produktionsergebnis“ der Wehrpflicht - weder eine funktionierende Miliz, noch eine praktikable Präsenzfähigkeit - rechtfertigt eigentlich nicht den derzeitigen Aufwand.
Am besten und im Sinne einer nachhaltigen Problemlösung wäre es, den Grundwehrdienst wieder auf 8 Monate, besser auf 12 Monate, zu verlängern.
Damit wären so ziemlich alle Sachprobleme, wie die Systemerhaltung, ein hoher Ausbildungsstand, Kräfte für Präsenzaufgaben und die Übungserfordernisse für die Miliztruppen, schlagartig gelöst.
Argumente für die Wehrpflicht
Sachargumente:
Freiwillige Meldungen zum Wehrdienst reichen nicht aus, die erforderlichen Stärken zu Stande zu bringen.
Es gibt überhaupt keine Anzeichen, dass sich genug Freiwillige melden werden. Zurückliegende und aktuelle Untersuchungen bestätigen dies. Auch die internationalen Erfahrungen sind alles andere als ermutigend. 8 Mill. Österreicher geben keine ausreichende Rekrutierungsbasis ab. Entscheidend sind nicht die Zahl der Meldungen zum freiwilligen Wehrdienst, sondern die dann tatsächlich als geeignet Befundeten (jeder Zweite bis Dritte). Die Schaffung von Anreizsystemen (Entlohnung, Berufsausbildung, Übernahme in den öffentlichen Dienst nach Beendigung der Dienstzeit, etc.) wird allein schon im Hinblick auf Beispielsfolgen nur unzureichend ausfallen. Viele längerdienende Soldaten werden erst durch das positive Erleben des soldatischen Dienstes motiviert, was beim Wegfall der Wehrpflicht nicht zum Tragen kommen würde. Die Erwartungshaltung in den Werbeerfolg ist haushoch übertrieben. Allein die Wehrpflicht kann die nach wie vor erforderliche Werbebasis für den Kadernachwuchs verlässlich sicher stellen. Wenn jemand unbedingt Soldat werden und sich auf längere Zeit verpflichten wollte, könnte er das auch heute schon tun. Was berechtigt zu der Annahme, dass beim Wegfall der Wehrpflicht der Zuspruch sprunghaft ansteigen würde?
Was ist denn eigentlich der Bedarf an Freiwilligen?
Das Bundesheer verfügt derzeit über rd. 11 000 Berufskadersoldaten (Offiziere, Unteroffiziere) und rd. 5 000 längerdienende Soldaten. Jährlich rücken
rd. 25 000 Wehrpflichtige jeweils auf sechs Monate ein, wovon wie schon oben erwähnt rd. 60% in der Systemerhaltung eingesetzt werden und der Rest einer militärischen Ausbildung zugeführt wird (ohne allerdings im Präsenzstand oder in der Miliz einen besonderen Einsatzwert zu erzielen). Für Assistenzleistungen zur Katastrophenhilfe stehen diese Kräfte auch zur Verfügung. Die wichtigste Funktion der Wehrpflichtigen im Grundwehrdienst ist aber die einer Werbebasis für den Kadernachwuchs und für freiwillig Längerdienende.
Für den Kadernachwuchs werden jährlich rd. 1 000 Freiwillige für eine mehrjährige (Soldaten auf Zeit) oder vieljährige (Berufssoldaten) Dienstzeit benötigt. Für die Miliz sind jährlich rd. 4 000 Freiwillige erforderlich, die nach einem Grundwehrdienst für Milizübungen verfügbar sind. Bei einem Wegfall der Wehrpflicht wären also jährlich rd. 5 000 taugliche Soldaten sozusagen auf dem freien Markt zu rekrutieren, das ist jeder Fünfte eines Stellungsjahrganges!
Das ist illusorisch! Ein Problem für sich wäre auch der Übergang auf ein Freiwilligensystem. Es würde nämlich – unter der Annahme, dass die erforderlichen Freiwilligen tatsächlich zu Stande kämen – etwa 10 Jahre dauern bis dass der Ersatz der rd. 12 000 Wehrpflichtigen, die derzeit ständig in der Organisation vorhanden sind, durch Freiwillige erreicht würde.
Gesellschaftspolitische Argumente:
Jedes Gemeinwesen, das zusammengefunden hat, hat das Bedürfnis seine Bürger und seine Ordnung vor fremden Anfeindungen zu schützen. Bedrohungen von Staaten (als Ausformung der Gemeinwesen) gab es schon immer und wird es auch immer geben. Es ist bloß die Frage wie sich die Auseinandersetzungen zur Durchsetzung staatlicher Interessen äußern.
Ein Wandel der Ausdrucksformen ist jedenfalls zu beobachten. In der modernen globalisierten Welt werden auch andere Formen der Konfliktaustragung in den Vordergrund treten, als wir sie aus der Vergangenheit in Form der konventionellen militärischen Konfrontationen kennen. Die Geschichte lehrt uns, dass Gemeinschaften, die nicht mehr bereit waren sich zur Wehr zu setzen und die allenfalls diese Aufgabe delegiert hatten, zum Untergang bestimmt waren. Die auf Selbstbestimmung ausgerichtete Gesellschaft kommt daher ohne Wehr nicht aus. Die Wehrhaftigkeit als Summe von Wehrwille und Wehrfähigkeit ist eine grundlegende und zeitlose Selbstverständlichkeit in der Verantwortung des Souveräns, in der Demokratie also des Volkes.
Im Laufe der Geschichte hat sich das Volk das Recht, den Schutz der Gemeinschaft selbst bestimmen zu können, gegen die Willkür souveräner Herrscher oft erst recht mühsam erwerben müssen.
Die Wehrpflicht ist eine Errungenschaft der französischen Revolution, es ist ein „legitimes Kind der Demokratie“, weil der Souverän, das Volk, unmittelbar wirksam wird und sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und es nicht wie seinerzeit anderen – z.B. Ritterheeren oder Söldnerheeren – überlässt, die Entscheidung in lebenswichtigen Fragen herbeizuführen. Das Volk hat sich also das Recht auf die Ausübung des Militärhandwerks geholt. Damit wird dieses Recht der Gemeinschaft zur Pflicht jedes einzelnen Bürgers, seinen Platz als Soldat (Wehrbürger) zu beanspruchen und auszufüllen.
Wehrpflicht hat daher immer auch eine bestimmte gesellschaftspolitische Bedeutung; man will die bewaffnete Macht nicht einer eigenen Gruppe in die Hand geben, die sich dann in der Isolation als „Staat im Staat“ mit allen negativen Auswirkungen mausern könnte. Die ständige Rekrutierung junger Männer aus allen gesellschaftlichen Bereichen lässt stets zivilen Geist in das Heer einfließen und gibt so ein natürliches Korrektiv ab und gewährleistet die gesellschaftliche Integration der Soldaten im Volk.
Insofern ist die demokratische Staatsidee untrennbar mit der Idee des Volksheeres verbunden. Die Miliz ist ein besonderer Ausdruck der allgemeinen Wehrpflicht und des Volksheeres. Sie sorgt in besonderer Weise für die Verankerung des Heeres in der Gesellschaft und für die Integration. Allgemeine Wehrpflicht und Miliz sind grundlegende zeitlos gültige Werte von hoher gesellschaftspolitischer Relevanz.
In gesellschaftspolitischer Hinsicht ist die Lage heute durch die postmoderne Spaß- und Wohlstandsgesellschaft gekennzeichnet, die immer weniger bereit ist ihr Recht auf Wehrhaftigkeit in Anspruch zu nehmen. Der Wehrwille der Gesellschaft ist im Abnehmen begriffen (Wehrdienstverweigerer/Zivildienst). Man ist zu gerne bereit das Militärhandwerk in fremde Hände zu legen. Die Überlegungen zur Aufstellung einer Berufs- und Freiwilligenarmee stehen im Lichte der obigen Ausführungen grundsätzlich im Widerspruch zur demokratischen Staatsidee. Eine Delegierung der Selbstbehauptung an einen kleinen Teil des Gemeinwesens an ein Berufsheer wäre gleichbedeutend mit der Aufgabe des gemeinschaftlich getragenen Willens zur Wehrhaftigkeit der Gesellschaft. Im Grunde genommen wäre ein Berufs- und Freiwilligenheer mit einer Söldnertruppe gleichzusetzen, nur dass sich diese aus eigenen Bürgern rekrutiert. Das Heer muss zwangsläufig in die politische Isolation und Entfremdung innerhalb der Gesellschaft geraten. Es würde von „geistiger Auszehrung, Blutarmut und allerlei Verknöcherung befallen werden und hinter Kasernenmauern ein muffiges Eigenleben führen“. Das Berufs- und Freiwilligenheer würde zu einem Fremdkörper in der Gesellschaft mutieren und allerlei absonderliche Eigenheiten und Auswüchse hervorbringen. Solche Fehlentwicklungen können im Ansatz bei einigen europäischen Ländern mit Berufsarmeen registriert werden. Das geht bereits bis zur Anwerbung fremdländischer Staatsbürger, denen in der Folge als Belohnung die Einwanderung eröffnet wird. Die Auswirkungen auf die Motivation der Angeworbenen und deren Identifikation mit ihrer Aufgabe liegen auf der Hand. Dem gegenüber stehen natürlich die Berufssoldaten innerhalb eines auf allgemeiner Wehrpflicht beruhenden und als Miliz strukturierten Heeres. Diese sind unverzichtbar für die Grundorganisation des Heeres. Sie treten aber als geschlossene Gruppe mit den sich daraus ergebenden Problemen nicht in Erscheinung.
Die Wehrpflicht ist auch ein wichtiger Integrationsfaktor für Bürger mit Migrationshintergrund. Erst durch den Militärdienst kommen viele von ihnen aus ihrem heimischen Milieu heraus und lernen die andere Seite kennen.
Die Wehrpflicht ist aber nicht unbedingt ein Wesensmerkmal der Demokratie.. Uralt Demokratien (USA, GB) leisten sich seit jeher in Friedenszeiten eine Berufsarmee ohne deshalb gleich ins demokratiepolitische Abseits zu geraten. Wehrpflichtarmeen sind somit keineswegs ein Merkmal für demokratische Strukturen, wie die Beispiele der Deutschen Wehrmacht und des ehemaligen Warschauer Paktes nachweisen.
Es ist sicher so, dass das Nichtvorhandensein der allgemeinen Wehrpflicht die gesellschaftspolitische Verselbständigung eines Heeres mit den aufgezeigten negativen Konsequenten erleichtert. Ob allerdings dieses Argument allein noch herhalten kann, um ein Berufs- und Freiwilligenheer abzulehnen, wäre zu hinterfragen. Wer dies tut, beleidigt die in demokratischer Tradition erzogenen Berufs- und Zeitsoldaten unseres Heeres. Nicht die Wehrform, sondern die demokratischen Kontrollinstanzen und die gesellschaftliche Einstellung zum Militär an sich sind die ausschlaggebenden Kriterien.
Wenn auch viele gesellschaftspolitische Argumente für die allgemeine Wehrpflicht sprechen, ist ein Festhalten an der Wehrpflicht allein aus einer demokratiepolitischen Grundhaltung heraus nicht mehr angebracht. In unserer entwickelten Demokratie scheinen doch genug Kontrollinstanzen zu existieren, um Fehlentwicklungen hinan zu halten. Ausschlaggebend für die Wehrpflicht sind die Sachargumente des personellen Bedarfes und die in höchstem Maße in Zweifel zu ziehenden Möglichkeiten die Erfordernisse auf der Basis von Freiwilligkeit zu erfüllen. Verstärkt durch gesellschaftspolitische Argumente verlangen die dargestellten Sachargumente eindeutig ein Festhalten an der allgemeinen Wehrpflicht verbunden mit einer tiefgehenden Reform des Wehrdienstes.
Kurzbiographie
Persönliche Angaben:
Geboren am 24. 4. 1941 in SCHEIBBS, NIEDERÖSTERREICH; Volksschule und Realgymnasium in WIEN, Matura 1959; Hauptwohnsitz: 3483 WAGRAM.
Militärischer Werdegang:
1959 Eintritt in das Österreichische Bundesheer mit der Absicht Berufs-
Offizier zu werden; Waffengattung: Panzerjäger
1960 – 1963 Theresianische Militärakademie WR. NEUSTADT;
Leutnant mit 1. 10. 1963; Waffengattung: Jägertruppe
1963 – 1969 Zugskommandant und Ausbildungsoffizier in einem
Ausbildungsregiment in KLAGENFURT;
Kommandant einer Einjährig-Freiwilligen-Kompanie
1969 – 1972 6. Generalstabskurs an der Landesverteidigungsakademie in
WIEN; Hauptmann des Generalstabes mit 1. 10. 1972
1972 – 1973 Einteilung im Planungs- und Aufstellungsstab der neuen
Bereitschaftstruppe
1973 – 1975 Referent für Organisation im neuen Armeekommando in WIEN
1975 – 1976 Kommandant eines Jägerbataillons in KÄRNTEN
1976 – 1987 Leiter des Referates Operation und stellvertretender Leiter
der G3-Abteilung des Armeekommandos; Brigadier mit 1. 7. 1986
1987 - 1990 Leiter des Referates Einsatzvorsorgen und stellvertretender Leiter
der Führungsabteilung im Bundesministerium für Landesverteidi-
gung (BMLV)
1990 – 2000 Leiter der Führungsabteilung im BMLV
2000 – 2002 Leiter der Generalstabsgruppe B im BMLV; Divisionär (General-
Major mit 1. 3. 2000
Ende 2002 Übertritt in den Ruhestand
Seit 2005 Präsident der Offiziersgesellschaft NIEDERÖSTERREICH
***
Dr. Eduard Paulus (Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft):
„Ethisch ist es mehr als bedenklich, die Landesverteidigung ausschließlich einer sehr kleinen Berufsgruppe zu überlassen. In wenigen Jahren ergäbe sich eine völlige Entfremdung zwischen Bevölkerung und Militär. In der Bevölkerung ginge mangels Erfahrung jegliches Grundverständnis für militärische Fragen verloren.“
Der Österreichische Kameradschaftsbund will ein Volksbegehren zum „allgemeinen Wehrpflicht für alle Staatsbürger“ machen. Das wird nicht nur angeregt, die Landesgruppe Oberösterreich will das tatsächlich durchführen.
Link: Symposium mit dem Präsidenten der Offiziersgesellschaft Dr. Eduard PAULUS, Hptm, Präsident der ÖOG
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Noch Unterstützer/innen gesucht, welche die Einleitung des Volksbegehrens am Gemeindeamt oder Magistrat unterschreiben!!
Noch Unterstützer/innen gesucht, welche die Einleitung des Volksbegehrens am Gemeindeamt oder Magistrat unterschreiben!!
http://www.webinformation.at/m aterial/Austritt%20Seite1.pdf
2011-05-27
Widerstand musikalisch
Zwei Nummern, die unter die Haut gehen:
Killez More - Nein zum EU-Vertrag
Die Bandbreite - Angst vor Lissabon
Die Bandbreite - Was ist los mit diesem Land?
Killez More - Nein zum EU-Vertrag
Die Bandbreite - Angst vor Lissabon
Die Bandbreite - Was ist los mit diesem Land?
So wird im EU-Parlament "gearbeitet" !
Die Versammlung von Vertretern der Mitgliedsstaaten, genannt "EU-Parlament" ist kein volles Parlament. Es kann keine Gesetze beschließen und vertritt kein Volk. Es gibt kein EU-Volk. Laut EU-Vertrag von Lissabon vertritt aber das EU-Parlament das EU-Volk! Ausserdem sind die Abgeordneten nicht nach dem Gesetz der Gleichheit der Wahl gewählt. Es kann nicht sein, dass 1 deutscher Abgeordneter mehr deutsche Bürger und Bürgerinnen vertritt oder 1 österreichischer Abgeordneter mehr Österreicher und Österreichinnen vertritt als beispielsweise 1 maltesischer Abgeordneter.
2011-05-24
Geld in Gefahr: Erst Eurobetrug, jetzt Inflation?
Prof. Dr. Wilhelm Hankel (Wirtschaftswissenschaftler und Eurokritiker)
Er ist ein Eurokritiker der ersten Stunde. Das Ende des Euro rücke näher, sagte der Wirtschaftswissenschaftler vor einem Jahr nach der Rettungsaktion für Griechenland. Die nächsten Hilfskandidaten in der Eurozone brauchten 500 Milliarden Euro. Deutschland werde davon 150 Milliarden zahlen müssen. Wilhelm Hankel klagte bereits 1997 vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung des Euro, damals erfolglos. Seine aktuelle Klage gegen den Rettungsschirm wurde angenommen. Ein Urteil wird noch in diesem Jahr erwartet.2011-05-23
Prominente gegen den Euro und die EU
Präsidenten, Verfassungsrechtler, Ökonomen und viele andere bekannte Persönlichkeiten raten: Raus aus dem Euro und kritisieren die EU heftig.
Altpräsident Herzog kritisiert EU-Kurs der Bundesregierung
BERLIN. Altbundespräsident Roman Herzog hat der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat vorgeworfen, leichtfertig Kompetenzen nach Brüssel abzugeben und somit das Prinzip der Subsidiarität zu unterlaufen. Tatsächlich gehe es in der EU längst schon um Uniformität, sagt er im Interview mit der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT.
„Eigentlich müßte man dafür schon das Wort ‘Uniformismus’ kreieren. Und das wiederum ist für mich ein Indiz dafür, daß die EU-Eliten die EU längst als entstehenden oder gar als bereits sehr weitgehend entstandenen Staat empfinden. Aber das war nie so vereinbart und ist auch durch nichts demokratisch legitimiert.“
„In Brüssel heißt das: ‘German vote’“
Warum Bundeskanzlerin Merkel gelegentlich „Madame No“ gescholten werde, könne er nicht nachvollziehen. Zwar protestiere die Bundesregierung in den EU-Ministerratssitzungen nachdrücklich gegen Gesetze, die einen rechtswidrigen Eingriff in die nationale Hoheit darstellen, enthalte sich in der anschließenden Abstimmung aber dann, um die Richtlinie nicht zu blockieren.
„In Brüssel heißt das: ‘German vote’. Ich frage mich aber, wofür hat man denn eigentlich den Einstimmigkeitsgrundsatz, wenn man nicht mal gelegentlich, wenn die Dinge besonders manifest werden, nicht auch mal freundlich aber bestimmt nein sagt“, kritisierte Herzog. (JF)
***
Václav Klaus: Europa?
Knihy, 14. 1. 2011
Webseite Vaclav Klaus:
Das Buch besteht aus drei Hauptteilen. Der erste Teil befasst sich mit Europa, und ist der europäischen Integration und Unifikation gewidmet. Das halte ich persönlich für mein Hauptthema der letzten zwei Jahrzehnte – nachdem mein vorheriges Kernthema abgeklungen ist: das Ende des Kommunismus und die politische, wirtschaftliche und soziale Transformation vom Kommunismus zur parlamentarischen Demokratie und Marktwirtschaft. (In Deutschland muss ich hinzufügen – zur Marktwirtschaft ohne Adjektive).
Der zweite Teil enthält die Analyse der gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme, die ich als Professor der Volkswirtschaftslehre mein ganzes Leben lang studiere. Es ist die Sicht eines liberalen Ökonomen mit der Hayek-Mises Perspektive, der über die heutige europäische Untergrabung des freien Marktes verzweifelt ist. In diesem Teil möchte ich auf die komparative Analyse der Transformation im Multavialand und Albisland (der ehemaligen Tschechoslowakei und der DDR) nach dem Fall des Kommunismus aufmerksam machen.
Der dritte Teil ist mehr generell. Ich befasse mich mit den verschiedenen „Ismen“ der heutigen Welt, die – meiner Meinung nach – eine Bedrohung unserer Freiheit darstellen. Für eine äußerst wichtige Bedrohung unserer Freiheit (und Prosperität) halte ich besonders das Dogma der globalen Erwärmung.
(http://www.klaus.cz/clanky/2748)
***
«Scheitert der Euro, scheitert Europa!» versicherte Bundeskanzlerin Merkel ihren Zuhörern auf dem World Economic Forum Ende Januar 2011 in Davos. Viele schüttelten die Köpfe. Wie das? Ist Europa so schwach, dass seine Existenz von einer Kunstwährung abhängt, die von einer Krise in die andere taumelt? Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien, Belgien, immer schwieriger und kostspieliger wird es, die hochdefizitären oder verschuldeten Staaten über Wasser zu halten. Einige der zugeworfenen Rettungsringe erwiesen sich als Bleigewichte, die den notwendigen Wachstumsschub verhindern. Merkel versuchte, den Ertrinkenden mit einem «Pakt für Wettbewerbsfähigkeit» zu helfen. Doch den hielten ihre Kollegen im Europäischen Ministerrat sowie die meisten Abgeordneten im Europäischen Parlament glattweg für Unsinn: Löhne runter, ihre Indexierung verbieten. Staatsausgaben einbremsen, Beamte entlassen. Pensionen kappen, Pensionsalter hinaufsetzen. Gesundheitsvorsorge einschränken und verteuern, Familienbeihilfen vermindern, das alles lässt sich politisch nicht durchstehen. Ertrinkende, die dem Diktat einer «Wirtschaftsregierung» nicht folgen, mit Strafzahlungen auch noch untertauchen, ist für viele keine gute Idee. Deshalb war das einzige, was der angedachte «Pakt» hervorbrachte, Ablehnung und Hass auf die deutsche Domina und ihr Gefolge. Auf dem internationalen Parkett nehmen die Vertreter selbst kleiner Staaten die kabarettanregenden Auftritte von Frau Merkel, Herrn Schäuble und Herrn Westerwelle nicht mehr ernst. Man verstand, dass sie vor den zahlreichen Landtagswahlen ihre gegen die neuerlichen Belastungen aufmuckende Bevölkerung sedieren müssen, und ging zur Tagesordnung über. Wie beim ersten «Stabilitätspakt» der Herren Kohl und Waigel wird man ihren Vorschlägen in einigen Punkten vielleicht zustimmen und sie dem geduldigen Papier anvertrauen. Die Durchsetzung erwartet niemand. Wer will schon bei dem unter Hochdruck stehenden Dampfkessel der Währungsunion die Notventile verstopfen? Also werden diese geöffnet. Von Stabilitätsfloskeln gut getarnt, wird hinter den Kulissen inzwischen die Maschinerie für die grenzenlose Geldschöpfung oder das «quantity easing» nach amerikanischem Vorbild auf Touren gebracht. Man ist jetzt drauf und dran, EZB, ESM und EFSF in Bad Banks zu verwandeln, welche gegen Zahlungsversprechen falliter Staaten diesen Kredite gewähren, ihre Schatzscheine aufkaufen und durch Umschuldungen die Rückzahlung von Staatsschulden auf den Sanktnimmerleinstag verschieben. Und weil die Bad Banks und «Stabilitätsfonds» keine Sicherheit bieten, sollen jetzt auch noch die Triple-A-Staaten wie Deutschland, Holland oder Österreich für die von ESM und EFSF aufgenommenen Anleihen in noch grösserem Ausmass bürgen. Inzwischen sind auch für sie die Finanzmarktzinsen für kurzfristige Kredite in den letzten Wochen um fast 50 Prozent gestiegen, während ihre Bonität abzunehmen beginnt. «Bürgen soll man würgen», heisst es im Sprichwort, und das geschieht jetzt. Durch die riesigen «vagabundierenden Geldmengen» ist bereits eine Art «Währungskrieg» ausgebrochen. Und auch die Inflation wirft ihre Schatten voraus, die exorbitanten Erhöhungen der Preise für Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel beginnen durchzuschlagen. In dieser Situation kommt ein Buch gerade recht, das sich wohltuend von dem Flickwerk abhebt, mit dem kopflos gewordene Politiker das Scheitern von EU und Euro hinauszögern wollen, um ihre eigene Haut zu retten, «koste es, was es wolle». Der Autor des Buches ist Václav Klaus, derzeit amtierender Staatspräsident von Tschechien, Professor für Nationalökonomie und vielfacher Ehrendoktor. Als ehemaliger Mitarbeiter in der tschechoslowakischen Nationalbank und als Finanzminister nach der Wende von 1989 ist er in Währungsfragen bestens ausgewiesen. Durch seinen Sachverstand ist er eine Rarität unter Politikern. In seinem neuesten Buch mit dem Titel «Europa?» (Augsburg 2011, ISBN 978-3-9396-4535-1) findet sich eine Fülle von Aussagen sowohl zu den Fehlentwicklungen in der EU wie zur Europäischen Währungsunion und den verzweifelten Euro-Rettungsversuchen, die einfach unwiderlegbar sind. Hier wenigstens ein paar Kostproben: Für Václav Klaus ist die Europäische Währungsunion schon «seit langem gescheitert» («Frankfurter Allgemeine Zeitung» vom 27. April 2010). Als wirtschaftlich begründetes Projekt hat sie «versagt» (S. 128 u.a.), sie hielt nicht, was sie versprach. Statt Wachstumsbeschleunigung trat Halbierung der Wachstumsraten ein. Die Kosten der Schaffung und Erhaltung der Währungsunion überstiegen die Erträge. Politisch gegen alle Einwendungen von ökonomisch-fachlicher Seite durchgesetzt, führte die Währungsunion nicht zum Zusammenwachsen, sondern zum Auseinanderdriften der Länder. Die starken Länder wurden geschwächt, in den schwachen Ländern entstanden ungesunde Blasen, die nun platzen und zu erhöhter Arbeitslosigkeit führen. Jetzt wird das politisch, nicht wirtschaftlich motivierte Währungsprojekt auf unverantwortliche Weise fortgesetzt «zu einem ungeheuer hohen Preis, den die Bürger der Länder der Eurozone bezahlen werden» (S. 131), sei es in Form von weiterer Einbusse an Wirtschaftswachstum gegenüber dem Rest der Welt, sei es im «Anstieg des Volumens an Finanztransfers, die den Ländern mit den grössten wirtschaftlichen und finanziellen Problemen geleistet werden müssen». Und dieser Preis wird «weiter steigen» (S. 132). «Der Euro wurde zu einer Gefahr für Europa!» Auch als Ganze ist die Europäische Union gescheitert. Die mit der Ode an die Freude und Freiheit vielbesungene «Verbrüderung» ist nicht eingetreten. Sie lässt sich auch «nicht künstlich organisieren» (S. 31). Heute sind durch die EU «nicht nur Freiheit und Demokratie bedroht, sondern auch unsere Prosperität». Demokratie ist in Brüssel «nicht realisierbar» (S. 16): «Die Hauptfigur der EU ist nicht der Bürger, sondern der Beamte» (im Original fettgedruckt!). Er lebt «von mehr Planung, Regulierung, Kontrollierung und Koordinierung» (S. 25) und schädigt damit die wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung der einzelnen Länder. Demokratie funktioniert «nur auf der Ebene der Nationalstaaten» (S. 33). Werden die Nationalstaaten durch die Bewegung zu einem «ever-closer Europe» geschwächt, verschwindet die Demokratie. Die «sogenannte Vertiefung» ist «nicht nur unnötig, sondern auch politisch gefährlich und ökonomisch bremsend» (S. 24). «Europa war in der Vergangenheit nie eine politische Entität (und ohne Zweifel muss es auch nicht eine werden)» (S. 31). Mit «Vertiefung» und «Vereinheitlichung» oder «Unifikation» bringen wir in Europa ja keinen «Sonnenstaat» hervor, sondern weit eher die «‹Brave New World› von Huxley, eine Welt von Zamjatin, Orwell und Denkern dieses Typs» (S. 31). «Der Vertrag von Lissabon steht im Widerspruch zum Grundsatz der Souveränität des tschechischen Staates» (S. 42) und «des tschechischen Volkes» (S. 43). «Das heutige System des Entscheidens in der Europäischen Union ist etwas anderes als das von der Geschichte geprüfte und in der Vergangenheit erprobte System der klassischen Demokratie» (S. 51). Im Europäischen Parlament gibt es keine parlamentarische Opposition. «Wir haben [Anm.: im kommunistischen System] die bittere Erfahrung gemacht, dass dort, wo es keine Opposition gibt, die Freiheit verkommt.» (S. 51) Aber auch «eine eventuelle Stärkung des Europäischen Parlaments» wäre «keine Lösung für den demokratischen Defekt», er gehört zu «den unkorrigierbaren Geburtsfehlern» der Europäischen Union. (S. 64). Es gibt kein europäisches Volk oder keinen «europäischen Demos». «Die Auflösung der Staatsgrenzen und die Umwandlung vom ‹Europa der Staaten› zum ‹Europa der Regionen› beruht auf der Fehlideologie des Multikulturalismus. Der Versuch der politischen Eliten, «die EU weiter und tiefer zu integrieren, [führt nur] zu einer weiteren Vergrösserung des demokratischen Defizits und zu einer weiteren Entfernung vom Bürger» (S. 66). In Wahrheit schadet die EU der Europa-Idee (S. 64: Václav Klaus verweist hier auf so prominente Kritiker wie den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, den Abgeordneten Peter Gauweiler, den Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof, die Einbringer von Verfassungsbeschwerden beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe und auf den Dichter und Essayisten Magnus Enzensberger). Die EU «geht über die Köpfe der Bürger hinweg» (S. 65), wie das die Abstimmungen über die europäische Verfassung oder zur Einführung des Euro gezeigt haben. Deshalb wurde ja in vielen Staaten tunlichst vermieden, das Volk zu befragen. Das Resümee, das Václav Klaus zieht, ist so eindeutig und logisch fundiert, dass ihm jeder einigermassen mitdenkende Bürger zustimmen muss: Die noch immer von einem Grossteil der politischen «Elite» betriebene Entwicklung der Europäischen Union hin zu einem Bundesstaat und einer Währungs- und Transferunion ist gescheitert! Sie war eine «idée fausse». Das nicht einzugestehen wird noch «enorme Kosten verursachen». Je früher wir aus der Erkenntnis des Scheiterns die Konsequenz ziehen, desto grösser ist die Chance, dass wir in Europa Freiheit, staatliche Souveränität, Demokratie, Wohlfahrt und kulturelle Identität in der Vielfalt ihrer Ausdrucksformen bewahren können. «L’Europe, c’est la diversité», es schöpft seine Kraft aus der Vielfalt seiner Völker und Staaten, nicht aus Gleichmacherei, Vereinheitlichung und Uniformierung. Wir brauchen, so Klaus, keine europäische oder «global governance», sondern die intergovernmentale Kooperation und Koordination von souveränen Staaten «auf gleicher Augenhöhe». Das Buch sollte zur Pflichtlektüre unserer Politiker werden, womöglich noch bevor tunesische oder ägyptische Verhältnisse bei uns eintreten. (Quelle) |
Wiener Wirtschaftwissenschafter Franz Hörmann:
"Banken erfinden Geld aus Luft"
"Es gibt ein systemisches Betrugsmodell einer Institution, der in unserem Wirtschaftssystem das Monopol zur Geldschöpfung über Kredite eingeräumt wird", meint Franz Hörmann.
Warum das Finanzsystem ein Betrugsmodell ist, was Bilanzen damit zu tun haben und warum der ultimative Crash droht, erklärt der Wiener Wirtschaftwissenschafter Franz Hörmann
Für Franz Hörmann, Professor an der Wirtschaftsuniversität in Wien, ist die Zeit der Banken und des Geldes vorbei. Ein Paradigmenwechsel sowohl in den Wirtschaftswissenschaften, als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht, ist für ihn unumgänglich. Im Gespräch mit derStandard.at erklärt er, warum wir die Banken getrost ignorieren können, die freien Märkte "Blasenmaschinen zum Missbrauch für die Eliten" sind und noch in den nächsten drei Jahren der Zusammenbruch des gesamten Systems droht. mehr>>
Netzseite von Professor Hörmann:
Mein Name ist Franz Hörmann und ich bin a.o.Univ.Prof. im Institut für Unternehmensrechnung an der Wirtschaftsuniversität Wien.
B U C H P R Ä S E N T A T I O N:
"DAS ENDE DES GELDES - Wegweiser in die ökosoziale Gesellschaft"
Franz Hörmann, Otmar Pregetter
Video der Buchpräsentation sowie Podiumsdiskussion (98 Min.)
7-teiliges Video:
Kurzbericht, Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7
Berichterstattung auf FM4
Bericht über die Buchpräsentation auf "The Intelligence"
Interview in der Züricher Wochenzeitung [165 KB] (WOZ) vom 10.02.2011 (S 7)
Podiumsdiskussion am Do., 20.01.2011, 21:00 Uhr im Votiv-Kino, nach der Österreich-Premiere
des Films "ZEITGEIST - Moving Forward"
Live-Interview auf Deutschlandradio Kultur vom 30.12.2010, 9:00 Uhr: Text, MP3-Datei (Dauer: 11' 08")
Live-Interview auf Radio F.R.E.I. (Freier Rundfunk Erfurt International) vom 14.12.2010, 9:00 Uhr
zum Thema "Ende des Geldsystems": MP3-Download (Dauer: 23' 17")
Interview auf FM4 vom 6.12.2010, 15:01 Uhr zum "Bank Run Day": Text, PodCast, MP3-Download (Dauer: 5' 54")
Reflektierte Betrachtungen zum "Finanzsystem als Betrugsmodell" auf "The Intelligence"
29.11.2010
"Finale Krise des Finanzsystems im nächsten Jahr?" - Interview auf Telepolis (Heise) vom 16.11.2010
... war der 4t-häufigst gelesene Artikel des Jahres 2010
"Banken erfinden Geld aus Luft" - Interview im online-Standard vom 13.10.2010
... war der 3tt-häufigst gelesene Artikel des Jahres 2010
"Der Professor als Phantast" - Replik von Eric Frey ("KrisenFrey")
Weitere Aussagen von Gouverneur Dr. Ewald Nowotny: die Geldschöpfung der Banken, wie er sie versteht! (20.12.2010)
Stellungnahme von Gouverneur Dr. Ewald Nowotny vom 22.11.2010 zu einigen Aussagen im online-Standard Interview
Gegenargumente [1.881 KB] zu den Ansichten der Zentralbanker
Material und Hintergrundinformationen
Wilhelm Hankel im Interview
"Trichet ist der Leichenbestatter"
Wilhelm Hankel sieht als Folge der ökonomischen Krise die politische.
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Die Professoren Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty, stehen am Freitag, 7. Mai 2010, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach der Übergabe einer Klageschrift gegen die deutsche Griechenland-Hilfe. Das Hilfspaket verstößt nach ihrer Ansicht gegen die EU-Verträge. Vor zwölf Jahren klagten vier renitente Professoren gegen die Einführung des Euro.
Wilhelm Hankel über den "monströsen Unsinn Währungsunion" und warum er gegen Euro und Griechenhilfe vor Gericht zog
Video
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Christian Rainer, Profil
Raus aus dem Euro?
Die Frage muss erlaubt sein. Eine Antwort auch.
Nach den Ereignissen der vergangenen Woche bieten sich zwei Themen zur Kommentierung an: die Briten bashen oder den Euro bashen. Die Briten samt all den Adoranten in Österreich hätten sich zumindest zynische Worte verdient: Welchen Defekt braucht es, um die durch Blut vererbten Herrschaftsprivilegien einer nachhaltig verhaltensauffälligen Aristokratie zu bejubeln? Oder ist dieses Verhalten am Ende nicht Symptom, sondern die Therapie einer wesentlich mysteriöseren Krankheit?Wegen der geringen Auswirkung der Windsor-Hochzeit auf den Rest Europas wollen wir auf weiteren Spott verzichten, und auch – tolle Überleitung – weil die Briten dem Euro nicht beigetreten sind, skeptisch blieben und weiterhin dem Pfund vertrauen.
Der Euro also. In der vergangenen Woche zeigte sich zum wiederholten Male, dass Griechenland den Rest Europas belügt und zum Narren hält. Für ähnliche Aussagen haben sechs Griechen den Herausgeber von „Focus“ geklagt. Grund: eine Titelgeschichte des deutschen Nachrichtenmagazins zur Finanzkrise, die Coverzeilen „Betrüger in der Euro-Familie“, daneben die griechische Liebesgöttin Aphrodite mit Stinkefinger.
Was daran klagbar sein soll, bleibt ungewiss: Zunächst hatte Griechenland gefälschte Budgetzahlen an die EU gemeldet, dann versprach man Besserung, nun stellte sich heraus, dass die Zahlen zur Neuverschuldung im Jahr 2010 wiederum falsch waren. Kollege Markwort sollte noch eins drauflegen.
Die Krux: Österreich ist mit dem Schicksal Griechenlands eng verbunden. Was immer die Griechen und einige weitere EU-Mitglieder so treiben, kostet andere Staaten zumindest viel Geld und allenfalls einen Zusammenbruch der gesamten Geldwirtschaft. Dass die Verbindung vor allem in der gemeinsamen Währung besteht, liegt auf der Hand. Daher die Frage: Ist das alles noch sinnvoll, oder sollten wir eine Flucht zurück in ein partikulares Zahlungsmittel überlegen – sprich in den Schilling?
Die Antwort: Wir sollten zumindest überlegen. Kein Ausstiegsszenario parat zu haben ist fahrlässig. Aus folgenden Gründen: Erstens ist es eben gefährlich, einem derart labilen System auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Und das System ist derzeit zweifellos labiler, als es zu Zeiten des Schillings war. Gelegentlich wird das Gegenteil behauptet. Zum Beispiel heißt es, der Schilling wäre im Zuge der Finanzkrise ein Opfer von Spekulanten geworden, da Österreich durch die Exponiertheit seiner Banken in Osteuropa ein gutes Opfer gegeben hätte. Bewiesen ist das nicht einmal im Ansatz.
Vielmehr besteht eine derartige Gefahr eben genau jetzt. Details ab Seite 44 dieses Hefts. Nur so viel: Falls die ganze Angelegenheit im Wege eines Super-GAUs so unbeherrschbar wird wie ein japanisches Atomkraftwerk, dann gibt es in Europa keine guten und keine schlechten Staaten mehr, dann wird alles in einem Aufwaschen weggeschwemmt, egal wo die Verursacher sitzen. Aber die Schuldenkrise betrifft Österreich auch bei einer weichen Landung überproportional: nämlich in Relation zu den eigenen Außenständen der Republik. Falls eine gesamteuropäische Entschuldung durch Inflation notwendig wird – derzeit kein unwahrscheinliches Szenario –, dann profitieren die hoch verschuldeten und in der Folge hoch entschuldeten Staaten stärker als Österreich.
Und damit zu zweitens: Der Euro ist eben ungerecht, er bestraft die Tüchtigen und belohnt die Faulen. Früher war das anders. Wenn etwa die Italiener Mist bauten, dann wurde die Lira abgewertet. Dadurch verloren die Italiener selbst Geld, weil sie teurer importieren mussten (und mehr für Urlaubsreisen zahlten).
Nun ist das alles ziemlich undurchschaubar geworden. Beispiele: Falls der so genannte Schutzschirm für die nahezu Illiquiden nicht mehr schützt – dazu reicht ein Vertrauensverlust an den Finanzmärkten –, dann zahlt jeder Österreicher die Schulden der anderen per Haftungskapital: der Griechen, der Portugiesen, der Iren (nicht von Spanien, da wären wir wieder beim Super-GAU).
Das ist aus folgendem Grund besonders unfair: Hätte jeder Grieche auf staatlichen Pump (durch Transferleistungen) ein gutes Leben geführt oder wäre ihm sein halbes Haus von der Regierung finanziert worden, dann würden die Österreicher nun dafür zahlen. (Genau so war es.)
Hinzu kommt: Wer die Korruption, das Schwarzgeld und die Verteilung des Vermögens in vielen dieser Länder betrachtet, kann erahnen, dass es einen gut funktionierenden Wirtschaftskreislauf abseits des hochoffiziellen wie hoch darbenden Systems gibt. Der so zirkulierende inoffizielle Wohlstand wird aber nicht zur Bewältigung der offiziellen Krise angetastet.
Schlussfolgerung: Weil einerseits ein Crash und anderseits auch ohne Super-GAU eine grobe Benachteiligung einzelner Länder im Raum steht, braucht es Alternativen. Möglicherweise abseits des Euro, vielleicht mit einer Kernzone, allenfalls für Österreich allein, besser gemeinsam mit Deutschland und anderen. Zumindest als Notfallsplan.
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Jürgen Elsässer spricht:
Und zwar in ihrem eigenen Interesse. Auf dem freien Binnenmarkt hatten ihre alten Industriekombinate keine Chance gegen die hochproduktive Konkurrenz der Deutschen, Franzosen usw. Eine flächendeckende Deindustrialisierung war die Folge. Der ganze EU-Osten verdiente Geld nur noch mit Hütchenspielen („Finanzinnovationen“) , Tourismus und Prostitution. Die einzige Rettung für diese Staaten ist: Raus aus der EU, Errichtung hoher Zollmauern gegenüber dem Westen, und im Schutz dieser Zollmauern Neuaufbau ihrer Industrie.
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