Die Schweden-Demokraten (Sverigedemokraterna – SD) wollen, dass Schweden nach dem Vorbild des Brexits ein Referendum über den Austritt Schwedens aus der EU durchführt, berichtet das schwedische Blatt Expressen. Ausschlaggebend für diesen Vorschlag sollen finanzielle Überlegungen sein. Aus einem Papier des EU-Parlaments geht hervor, dass Schweden im Jahr 2016 als Nettobeitragszahler 3,31 Milliarden Euro an die EU geleistet hat.
In einem Interview mit dem Blatt Dagens industri sagt SD-Chef Jimmie Akesson, dass er bereits im Verlauf der nächsten Wahlperiode ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft durchführen lassen wolle. Die Reichstagswahl in Schweden findet am 9. September 2018 statt. “Die EU ist eine große Korruptions-Truppe, in der niemand die Kontrolle über irgendetwas hat”, meint Akesson.
Der SD-Chef wörtlich: “Wir zahlen viel Geld und bekommen ein bisschen zurück. Aber der Hauptgrund ist ideologisch: Wir werden nicht in einer supranationalen Union sein. Wir werden natürlich mit anderen Ländern zusammenarbeiten und mit Ländern in unserer Region Handel treiben, aber wir sehen keinen Sinn darin, in einer politischen Union zu bleiben, wie die EU eine ist.”
Künftig müsse “die Nation” in den Vordergrund rücken. “Ich meine, der Nationalismus war ein grundlegender Teil der gesamten schwedischen Gesellschaft und des Volksbaus, aber vor ein paar Jahrzehnten wurde er aufgegeben. Die Sozialpolitik konzentrierte sich nur auf den sozialen Teil, verlor aber die gesamte Verbindung zur Nation und zur nationaler Identität”, so Akesson.
EU-Gegner und EU-Befürworter
Nach einem Bericht des Blatts Norrtelje Tidning fiel bereits das Referendum zum Beitritt Schwedens in die EU im Jahr 1994 knapp aus. 52,3 Prozent stimmten für eine Mitgliedschaft, während 46,8 Prozent dagegen stimmten. Der Anteil der EU-Gegner im Land liege aktuell bei etwa 20 Prozent, während etwa 50 Prozent als EU-Befürworter eingestuft werden. Auffällig sei, dass sich die schwedischen Grünen (Miljöpartiet de Gröna) von einer Anti-EU-Partei zu einer Pro-EU-Partei gewandelt hat. Zehn Prozent der Sympathisanten der Umweltpartei waren 1996 für eine schwedische EU-Mitgliedschaft. In der jüngsten Umfrage des statistischen Zentralamts von Schweden (Statistiska centralbyran – SCB), die in der vergangenen Woche durchgeführt wurde, liegt dieser Anteil mittlerweile bei 70 Prozent.
Selbst in der Linkspartei (Vänsterpartiet – V) ist der Widerstand gegen die EU gefallen. 1996 waren weniger als zehn Prozent der Sympathisanten der Partei für die schwedische EU-Mitgliedschaft. Derzeit liegt dieser Anteil bei 45 Prozent.
Der Anteil der EU-Befürworter liegt bei den Schweden-Demokraten konstant bei 20 Prozent.
Nortelje Tidning führt aus: “Sicherlich gibt es Probleme in der EU-Zusammenarbeit. Nicht zuletzt ist die Bürokratie sehr teuer und zu umfangreich. Aber die Vorteile der EU-Zusammenarbeit sind in Erwägung zu ziehen. Die EU hat Frieden und Zusammenarbeit in einem Europa geschaffen, in dem zwei Kriege große Teile des Kontinents zerstört haben. Der Handel in der EU hat den Wohlstand in allen EU-Ländern, nicht zuletzt in Schweden, erhöht. Die EU hat es heute einfach gemacht, in anderen EU-Ländern zu arbeiten und zu studieren, wovon viele junge Menschen profitieren. Durch die EU-Mitgliedschaft kann Schweden auch Entscheidungen in wichtigen europäischen Ländern beeinflussen, wie beispielsweise die engen Regeln für den Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft.”
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