Wir brauchen ein neues Wirtschaftssystem!
1) Warum
das herrschende Weltwirtschaftssystem zur Zerstörung der Lebensgrundlagen für
alle höheren Lebewesen führen muss.
Zu den tragenden Säulen dieses Weltwirtschaftssystems
gehören:
a) Freier Kapital- und
Warenverkehr
b) Grenzenloser Freihandel
c) Unbegrenztes
Wirtschaftswachstum
d) Gewinnmaximierung
e) Maximale Konkurrenz im
Sinne des sogenannten Sozialdarwinismus
(dieser wird von Beobachtungen der Tierwelt abgeleitet,
in der sich nur die stärksten Männchen durchsetzen und für Nachwuchs sorgen
können. Leider hat man übersehen, dass Tiere ohne Maschinen um die
Vorherrschaft kämpfen, die ein Vielfaches der Zerstörungskraft natürlicher
Wesen haben).
Durch den grenzenlosen Freihandel sind
Hochlohnländer gezwungen, mit Niedriglohnländern zu konkurrieren. Das können
sie aber nur, wenn sie leistungsfähigere Maschinen haben. Durch den freien
Waren- und Kapitalverkehr kann jedoch niemand einen Investor daran hindern,
mordernste Maschinen in Niedriglohnländern zu installieren. Das führt
zwangsläufig zu einer zunehmenden Automation der Warenproduktion. Will man
Massenarbeitslosigkeit vermeiden, muss man immer kurzlebigere Produkte
erzeugen.
Folgen dieser Entwicklung sind:
A )Immer höherer Energie-, Raum- und Rohstoffbedarf
pro Beschäftigten für den Broterwerb: Für Verkehrs- und Bauflächen werden
derzeit in Österreich pro Tag rund 15 Hektar (inklusive Sport- und Abbauflächen
ca. 25 Hektar = 250.000 m²) Grünland verbaut.
b) Immer schnellere Sättigung des Marktes, wodurch
der Zwang entsteht, in immer kürzeren Abständen überflüssige, sinnlose Dinge
kreieren zu müssen, um die leistungsfähigen Produktionseinrichtungen auslasten
zu können.
c) Zunehmende Verseuchung der Mitwelt und des
Weltraums mit Technikabfällen.
d) Rohstoff-Kriege
Letzter Ausweg: Bedarfsweckung durch absichtliche
Zerstörung bestehender Werte = Kriege.
Da es auf einem begrenzten Planeten nichts
Unbegrenztes geben kann, muss dieser Weg, der zu allem Überfluss auch noch
weltweit verbreitet werden soll, zum Ende der Menschheit führen. Diese Meinung
vertreten auch viele ernst zu nehmende Wissenschaftler.
Warum brauchen wir überhaupt Menschen? Ich habe
Kollegen, die schon seit vielen Jahren dabei sind, diese Frage zu beantworten.
Und ihre Antwort lautet: Richtig, wir brauchen keine Menschen. Sie sind der
Meinung, wir sollten es zu unserem Forschungsziel machen, die Menschen
loszuwerden. (Zitat aus dem Buch: „Computermacht und Gesellschaft“ von Joseph
Weizenbaum, einem kritischen Computer-Wissenschaftler, der über 40 Jahre am
MIT-Institut gearbeitet hat.)
Welchen Vorgaben müsste ein Wirtschaftssystem
genügen, das sieben bis zehn Milliarden Menschen ein menschenwürdiges
Überleben auf dieser Erde dauerhaft ermöglichen soll?
1)Es soll mit dem geringstmöglichen Aufwand an
Energie, Produktionsraum und Rohstoffen einen vertretbaren Wohlstand
gewährleisten, ohne die Ökosysteme nachhaltig zu schädigen.
2)Konkurrenz sollte nur anregend wirken (wie das
Salz in der Suppe) und nicht in einen regelrechten, weltweiten Wirtschaftskrieg
ausarten wie derzeit, der durch die erzwungene Automatisierung immer höhere
Überproduktionen schafft, der letzten Endes in einem echten Zerstörungskrieg
endet, um wieder neuen Bedarf zu erzeugen.
3)Geld muss auf seine ursprüngliche Funktion als
universelles Tauschmittel zurückgeführt werden. Es darf nur so viel Geld im
Umlauf sein, wie durch Gegenleistungen in Form von Gütern oder Dienstleistungen
vorhanden sind. Der Lebensraum von sieben bis zehn Milliarden Menschen kann
kein Casino sein, in dem mit Menschenschicksalen gespielt wird (global player)!
4) Freihandel dürfte es nur zwischen Völkern geben,
die unter den gleichen Voraussetzungen arbeiten (örtliche Gegebenheiten,
Sozial- und Umweltschutzgesetzgebung etc.). Ein Bergbauer kann niemals mit
einer industriellen (bodenzerstörenden) Landwirtschaft in der Ebene
konkurrieren.
5) Mit umweltschädlichen Abfällen dürfte kein
Außenhandel betrieben werden, wie das heute u.a. mit dem Export von
Elektronikschrott nach Afrika oder Indien geschieht. Das erfordert die
Produktion langlebiger, reparierbarer Güter.
6) Die Entsorgungskosten für technische Produkte
müßten im Kaufpreis enthalten sein. Jeder Staat müßte mit seinen Abfällen
selber fertig werden.
7) Es dürften nur technische Verfahren zugelassen
werden, die einschließlich ihrer Rückstände versichert werden können (die
Nutzung der Atomenergie wäre damit von vornherein nicht möglich
gewesen). Wahrscheinlich würde es auch keine
Versicherung wagen, die Kosten für mögliche langfristige Folgen der Gentechnik
zu übernehmen.
8) Der freie Kapitalverkehr ist abzuschaffen.
Erstens, weil er zu Auslagerungen von Produktionsstätten führt, und zweitens,
weil große Konzerne auf diesem Weg immer mehr Einfluß auf die Politik des
Gastlandes haben.
9) Transporte müssten viel höher, entsprechend ihrem
Anteil am Klimawandel, besteuert werden. Die Steuerfreiheit von Schiffsdiesel
und Kerosin (Flugbenzin) fördert unnötige Überlandtransporte.
10) Die Industrie ist zugunsten der gewerblichen
Wirtschaft zurückzudrängen, weil sie pro Beschäftigten viel mehr Energie, Raum
und Rohstoffe braucht als Handwerk und Gewerbe und riesige Überschüsse
produziert, die die Ökosysteme belasten, ohne den Menschen Glück und
Zufriedenheit zu bringen.
Wie kann man diese Ziele erreichen?
Dazu müsste die künstliche Bedarfsweckung, die
künstliche Obsoleszens (bewusste Lebenszeitverkürzung technischer Produkte) und
der weltweite Handel mit gleichartigen Massengütern verboten oder durch Zölle
bzw. angemessene Transportsteuern (die auch die Umweltbelastung
berücksichtigen) so unattraktiv gemacht werden, dass man freiwillig darauf
verzichtet. Technische Erzeugnisse müssten langlebig sein und so konstruiert
und gebaut werden, dass sie mit einem vertretbaren Aufwand repariert werden
können. Dies müsste durch die Verknüpfung der Mehrwertsteuer mit der
Garantiezeit (je kürzer die Garantiezeit, desto höher die Mehrwertsteuer) und
der Umlegung der Steuern von der Arbeit zu den Produktionsmitteln zu erreichen
sein. Das würde viele dezentrale Arbeitsplätze mit relativ geringer Ausrüstung
schaffen und gleichzeitig den Verkehr dezimieren. Zusätzlich würde das Land
weniger entvölkert werden. Das alles bedeutet: Was wir in erster Linie
brauchen, ist nicht die Energiewende, sondern eine rigorose Geisteswende.
Hans Peter Dürr, der Amtsnachfolger Heisenbergs als
Institutsleiter des Max-Planck-Instituts für Physik in München, schreibt in
seinem Buch „Das Netz des Physikers“:
In diesem Zusammenhang müssen wir erkennen, dass es
in der Energiefrage – ähnlich wie auch bei ökologischen Fragen – eine
versorgungsorientierte und eine verträglichkeitsorientierte Strategie gibt. Bei
der versorgungsorientierten Strategie betrachtet sich der Mensch ganz
selbstverständlich als die „Krönung der Schöpfung“, dem es „natürlich“ zusteht,
seine Mitwelt zu seinen vollen Gunsten zu nutzen, besser: „auszubeuten“, um
seine immer wachsenden „Bedürfnisse“ – oder sollte man besser sagen: seine
ungehemmten Begierden? – zu befriedigen. Je nach der Einstellung dieses
Herrenmenschen werden die unterprivilegierten Mitmenschen in größerer und
kleinerer Zahl zu dieser auszubeutenden Mitwelt gerechnet.
Bei der verträglichkeitsorientieren Einstellung
betrachtet sich der Mensch als Teil eines größeren, empfindlichen und
verletzlichen Organismus, der Biosphäre der Erde oder gar der ganzen Erdkruste,
in die er auf Gedeih und Verderb eingebettet ist. Wichtig für sein Verhalten
ist, was diesem Organismus zugemutet werden kann, ohne ihn ernsthaft zu
schädigen. Dies ist eine ökologische Betrachtungsweise, eine Weiterentwicklung
des Humanismus! Hier stellen sich Grundfragen: Wie wollen, wie können wir
zukünftig leben? Was heißt dabei „wir“? Ist nicht die Menschheit eine einzige
Schicksalsgemeinschaft? Verlangt dies nicht eine umfassende Solidarität, die
nicht gegen die Natur gerichtet ist, sondern diese mit einbezieht?
Und der Philosoph Hans Jonas schreibt in seinem Buch
„Das Prinzip Verantwortung“:
Ein weiterer Aspekt der erforderlichen neuen Ethik
der Verantwortung für eine entfernte Zukunft und der Rechtfertigung vor ihr ist
der Erwähnung wert: Der Zweifel an der Zulänglichkeit repräsentativer
Regierung, nach ihren normalen Grundsätzen und mit ihrem normalen Verfahren den
neuen Anforderungen gerecht zu werden. Denn diesen Grundsätzen und Verfahren
gemäß bringen sich nur „gegenwärtige“ Interessen zu Gehör und machen ihr
Gewicht geltend und erzwingen Berücksichtigung. Ihnen sind öffentliche
Autoritäten Rechenschaft schuldig, und dies ist die Art und Weise, wie die
Respektierung von Rechten konkret zustande kommt (im Unterschied zu ihrer
abstrakten Anerkennung). Die „Zukunft“ aber ist in keinem Gremium vertreten;
sie ist keine Kraft, die ihr Gewicht in die Waagschale werfen kann. Das
Nichtexistente hat keine Lobby und die Ungeborenen sind machtlos. Somit hat die
ihnen geschuldete Rechenschaft vorerst noch keine politische Realität im
gegenwärtigen Entscheidungsprozess hinter sich, und wenn sie sie einfordern
kann, sind wir, die Schuldigen, nicht mehr da.
Diese beiden Aussagen sollten Grundlagen für ein
neues zu entwickelndes Wirtschaftssystem sein. Ob diese geistige Kehrtwende
gelingt, wird von dem Einsatz abhängen, den die Erfinder der „Spiel- und
Spaßgesellschaft“ für das Wohl ihrer näheren und ferneren Nachkommen zu bringen
bereit sind. Ich denke jedenfalls, dass uns die Natur in den letzten Jahren
schon deutlich genug gezeigt hat, daß wir diese Schlacht gegen sie nicht
gewinnen können. Ein verantwortungsbewußter Feldherr würde in einer solchen
Situation einen geordneten Rückzug einleiten, um die Zahl der Opfer möglichst
niedrig zu halten. Und das sollten wir auch tun.
Erschütternd ist für mich, dass den meisten
Politikern, Wirtschaftsführern, Universitätsprofessoren sowie führenden
Vertretern der diversen Religionsgemeinschaften sehr wohl bewusst ist, dass der
derzeitige Weg direkt in die Katastrophe führt, sie aber die Mühe scheuen,
gegen den Strom zu schwimmen.
Wie könnte eine solche Geisteswende gelingen?
Als Erstes mussten die Menschen über die Situation,
in der wir uns befinden, aufgeklärt werden. Offiziell sind wir zwar eine
Demokratie, in Wirklichkeit längst eine Wirtschaftsdiktatur. Ich bin überzeugt,
würde ein führender Politiker heute rigorose Änderungen des Wirtschaftssystems
fordern, ohne sich eines breiten Rückhalts in der Bevölkerung versichern zu
können, wären seine Tage als Politiker sicher gezählt. Daher ist es eine
unbedingte Voraussetzung, daß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung
(weltweit) diese Geisteswende fordert und es eben nicht bei der sie
versklavenden „Regel“ von Frank Stronach und den Wirtschaftsbossen seines
Schlages bleibt, die da lautet: Wer das Geld hat, macht die Regel!
Weiters müssten sich die Universitätsprofessoren
dazu bekennen, daß wir diesen Weg nicht ungestraft weitergehen können. Sie müssten
den Studenten, den Politikern und den Wirtschaftsführern die tatsächliche
Situation offenbaren.
Drittens müssten verantwortungsbewusste Denker mit
breitem Horizont ein Rahmenprogramm erstellen, das dann Experten im Detail
ausarbeiten müssten.
Dieser ganze Wandel kann sicher nur schrittweise und
in kleinen Strukturen, den Nationalstaaten, durchgeführt werden. Megastrukturen
wie die EU, die USA oder China sind sicher zu unflexibel, um Fehler schnell
genug korrigieren zu können. In dieser Übergangszeit müssten sich
Vorläuferstaaten mit Zöllen gegen unfaire Konkurrenz schützen dürfen.
Ich glaube nicht, dass wir noch Zeit für lange
Spielereien haben, wenn es uns ein Anliegen ist, daß auch künftige Generationen
noch menschenwürdig auf diesem Planeten leben können sollen. Beginnen müssten
damit die sogenannten hochentwickelten Industrienationen, die diese trostlose
Situation geschaffen haben – also auch wir! Es bleibt zu hoffen, dass weltweit
viele Menschen den Ernst der Lage erkennen und bereit sind, ehrlich an diesem
Monsterprojekt zu arbeiten.
Halt- und Hilfe gibt dem
Wetterbaum sein Wurzelraum. Und wenn des Sturmes Urgewalt den Wipfel brach,
treibt durch der Wurzeln Lebenskraft ein Ast empor, ein Wetterwipfel wie zuvor.
So kann sein Schicksal jeder überwinden, dem es gelingt, die Hilfe in sich
selbst zu finden.
(Quelle:
Wegwarte 4/13:
Erkenntnisse eines
Wegwarte-Lesers aus der Steiermark, gewonnen aus seiner langjährigen beruflichen
Tätigkeit als Techniker an einer Schnittstelle von Industrie und Forschung.)
1 Kommentar:
Hervorragende Analyse des Status Quo!
Allerdings ist der Wachstumswahn weniger in der 'Befriedigung der ungehemmten Begierden' des Individuums, als vielmehr im ständig (Zins-)Wachstum fordernden Schuldgeldsystem zu suchen. 'Das Geld arbeiten lassen' - viel zu wenige Zeitgenossen hinterfragen diesen Spruch der Geldverleiher und machen fröhlich in deren verbrecherischen Pyramidenspiel mit... Deshalb: Ohne vorherige Reform des Geldsystems kann es niemals wahre Reformen geben!
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