2016-06-11

Klageschrift der FPÖ zur Anfechtung des zweiten Wahlganges der Bundespräsidentenwahl vom 22. Mai 2016 (152 Seiten)



Nun ist der Verfassungsgerichtshof Österreich aufgefordert durch sein Urteil Neuwahlen zu ermöglichen und den Wählern ihr Recht auf freie und geheime Wahlen zurückzugeben!
Artikel 60 Abs 1 B-VG:

(1) Der Bundespräsident wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der zum Nationalrat wahlberechtigten Männer und Frauen gewählt; stellt sich nur ein Wahlwerber der Wahl, so ist die Wahl in Form einer Abstimmung durchzuführen. Art. 26 Abs. 5 bis 8 ist sinngemäß anzuwenden.

 Die sehr gut formulierte Wahlanfechtung des früheren Justizministers Dr. Böhmdorfer enthält u.a. folgende Textpassage (Seite 6 der Klageschrift):

"..... Hätten sich bloß 15.432 Wähler - dies sind lediglich 0,35 % der gültig abgegebenen Stimmen bzw. 0,24 % der Wahlberechtigten - anders entschieden, so wäre das Gesamtergebnis umgekehrt ausgefallen."
Diese Einschätzung teilte ja auch Inge Rauscher jüngst der Presse mit, was auch von der Schweizer Wochenzeitung "Zeit-Fragen" veröffentlicht wurde.




Kommentar von Inge Rauscher, Obfrau der "Initiative Heimat & Umwelt" und Sprecherin des überparteilichen EU-Austritts-Personenkomitees:

WAHLANFECHTUNG DER BUNDESPRÄSIDENTENWAHL SEIT GESTERN ONLINE VERFÜGBAR - demokratiepolitischer Skandal ersten Ranges aufgedeckt!


Gestern hat die FPÖ den Volltext der Wahlanfechtung (über 150 Seiten) online gestellt, und zwar unter dem Link

Was darin im Detail vom früheren Justizminister Dr. Böhmdorfer als Verfasser der Anfechtungsschrift  aufgezeigt wird, muß jedem Demokraten die Haare zu Berge stehen lassen und offenbart ein erschreckendes Zustandsbild vor allem bei der gesamten Handhabung und Auszählung derBriefwahlkarten. Ein derartiges Ausmaß an "Verfehlungen" und vor allem der zeitliche Ablauf der Geschehnisse am Wahltag selbst und am Tag danach, dem Tag der Auszählung der Briefwahlkarten, kann unmöglich nur "Zufall" oder "Schlamperei" sein.

Wenn der Verfassungsgerichtshof die Stichwahl für das höchste Amt des Staates trotz der dokumentierten, massiven Gesetzesverletzungen nicht zur Gänze aufhebt und diese Wahl nichtwiederholen läßt, wäre das ein demokratiepolitischer Skandal ersten Ranges! Es geht dabei erst in zweiter Linie darum, welche Partei bzw. welcher Bewerber um das Amt dadurch geschädigt wurde, in erster Linie geht es dabei um die Demokratie insgesamt.Dies vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, wie knapp der offiziell ausgeworfene (das Wort "tatsächlich" kann man jetzt dafür nicht mehr verwenden) Stimmenanteil war,  der  die von der an totalitäre Systeme erinnernden  Einheitsfront (alle gegen einen) herbeigeführte "Entscheidung"  brachte:

"Hätten sich bloß 15.432 Wähler - dies sind lediglich 0,35 % der gültig abgegebenen Stimmen bzw.0,24 % der Wahlberechtigten - anders entschieden, so wäre das Gesamtergebnis umgekehrt ausgefallen." (Zitat aus der Anfechtungsschrift)

Es möge jeder, der die sehr fundierte  Anfechtungsschrift studiert,  die von höchstem allgemeinen politischen Interesse ist, die dort dokumentierten "Ungereimtheiten" mit dieser extrem niedrigen Stimmenanzahl, die - angeblich - den Ausschlag gab, in Beziehung setzen. Wenn eine solche "Entscheidung" vom Verfassungsgerichthof hingenommen wird, dann wird es in Österreich sehr "finster"!

Aus der Klage:

Am 24.04.2016 hat der erste, am 22.05.2016 der zweite Wahlgang für die Wahl zum ös­terreichischen Bundespräsidenten stattgefunden. Der mit dem vorliegenden Schriftsatz angefochtene zweite Wahlgang war dabei von Unregelmäßigkeiten überschattet, wie man sie in Österreich bei bundesweiten Wahlen in dieser Form bisher nicht gekannt hat. Die unterlaufenen Fehler reichen weit über den vorliegenden Anlassfall hinaus, denn sie zeigen eine derart mangelnde Gesetzestreue der Wahlbehörden, die dem Selbstver­ständnis Österreichs als Rechtsstaat nicht zu entsprechen vermag. Sogar der scheidende Bundespräsident Dr. Heinz Fischer sah sich vor diesem Hintergrund dazu veranlasst, von einem "unakzeptablen Nichteinhalten klarer Rechtsvorschriften" zu sprechen.'
Neben unzähligen Detailfehlern bei Abhaltung der Wahl, die zumindest von einem mangelnden Bemühen der Wahlbehörden um Einhaltung der Verfahrensvorschriften zeugen, haben sich in die Abhaltung der Wahl offenbar flächendeckend Usancen einge­schlichen, die in klarem Widerspruch zur verfassungsrechtliche sowie völkerrechtlich3 verankerten Garantie der Abhaltung von freien und geheimen Wahlen stehen. Denn nicht anders ist zu erklären, dass — bei der an sich bestehenden Verpflichtung zur Ge­heimhaltung des Abstimmungsverhaltens bis zum Schluss der Wahl — bereits ab dem Vounittag des Wahltages Auszählungsergebnisse durchsickerten und das Wahlverhalten der noch nicht bei der Wahl erschienenen Wähler beeinflussen konnten. Nur exempla­risch sei erwähnt, dass die APA ab 14:31 echte Auszählungsergebnisse durch ihrer Aus­sendunden verbreitet hat.
Ähnlich gravierend ist auch die bei der angefochtenen Wahl verbreitet anzutreffende Praxis der Wahlbehörden, die Vorschriften über die korrekte Behandlung der Wahlkar­ten schlichtweg zu ignorieren. Offenbar aus Gründen der "Arbeitserleichterung" werden vor Schluss der Wahl die Wahlkarten nach Belieben vorsortiert oder gar geöffnet und ausgezählt. Dies, obwohl der Zweck der diesbezüglichen Verfahrensvorschriften ganz klar darauf ausgerichtet ist, bei dem besonders manipulationsgefährdeten Instrument der Briefwahl einer möglichen Manipulation gezielt vorzubeugen. Dieser Zweck wurde bei der angefochtenen Wahl über weite Strecken unterlaufen. Dass bei der vorliegenden
1       Tageszeitung               "Die               Presse"               vom               02.06.2016,                                abrufbar               unter
ren?direct=5003068&_vl_backlink=/home/politik/innenpolitik/5003068/index.do&selChannel=&from=ar ticlemore.
2               Insb Art 60 Abs 1 B-VG und Art 3 des 1. ZPEMRK.
3           Insb Art 8 Staatsvertrag von Wien.


Wahl die Wahlkarten nicht bloß eine Randerscheinung, sondern im Ergebnis der aus­schlaggebende Faktor waren, bedarf wohl keiner näheren Erörterung.
Gerade wenn von den Meinungsforschern ein knappes Ergebnis erwartet wird und/oder sich ein solches — wie im vorliegenden Fall — auch tatsächlich einstellt, kommt jeder —auch geringer - Beeinflussung eine wahlentscheidende Bedeutung zu. Laut offizieller Kundmachung der Bundeswahlbehörde war der Ausgang der Wahl auch denkbar knapp. Von 4.472.171 gültig abgegebenen Stimmen entfielen
2.220.654          auf Ing. Norbert Hofer
2.251.517            auf Dr. Alexander Van der Bellen.
Die beiden Kandidaten trennen daher lediglich 30.863 Stimmen. Hätten sich bloß 15.432 Wähler — dies sind lediglich 0,35% der gültig abgegebenen Stimmen bzw 0,24% der Wahlberechtigten — anders entschieden, so wäre das Gesamtergebnis umgekehrt ausgefallen. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass bei einem derart knappen Er­gebnis schon Kleinigkeiten für den Ausgang der Wahl entscheidend sein können.
Umso erstaunlicher ist, dass sich die Wahlbehörden darum offenbar keine großen Sor­gen machten. Wenn — wie es der frühere Bundespräsident Dr. Karl Renner formuliert hat — das Wahlrecht die "Visitenkarte des Staates" darstellt,4 so kann und darf allerdings eine mit solchen Verfahrensfehlern behaftete Wahl des Bundespräsidenten in Österreich nicht Bestand haben. Nicht, weil die Wahl vom Ergebnis her nicht akzeptabel wäre, sondern weil den Wählerinnen und Wählern ein gesetzmäßiger Ablauf der Wahl ge­schuldet ist, und diese Schuld bei der hier angefochtenen Wahl vom Staat in keiner Weise eingelöst wurde.

Da die österreichische Verfassung ein Aufgreifen der im Folgenden aufgezeigten Fehler und — gesetzlichen — Strukturmängel nur aus Anlass einer konkreten Wahlanfechtung erlaubt, steht ein anderer Weg der Geltendmachung dieser Fehler zwecks Bereinigung der Rechtslage für die Zukunft nicht offen. Den Wählerinnen und Wählern ist diese Be­reinigung — und vor allem auch ein Vorbeugen gegen weitere Verschlechterungen der Wahlbehördenpraxis — für die Wiederholung des zweiten Wahlganges sowie auch für die Zukunft aber jedenfalls geschuldet.



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