2017-08-25

Zehn Schlüsselfragen an die Politiker, politischen Parteien und politischen Bewegungen, deren positive Beantwortung über die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft(en) und damit über die Wählbarkeit der Mandatare, Parteien und Bewegungen entscheidet.


von Prof. Dr. Heinrich Wohlmeyer (Universität für Bodenkultur, Wien) 

Vorbemerkung: Die übliche Ausrede für das Nichtstun ist die Machtlosigkeit auf der Welt-, EU- etc.-Bühne. Dem muss entgegengehalten werden, dass eine glaubwürdige Doppelstrategie immer möglich ist.
Dies heißt: Man thematisiert die Frage, ist bereit unter Protest einen durch die Machtverhältnisse erzwungenen Kompromiss einzugehen, aber gibt das erklärte Ziel nicht auf.
Es gilt das Wort von Konfuzius: Wenn Du das Ziel kennst, wie bist Du aufzuhalten?!
Dass dies mit Konsequenz und Mut geht möge folgendes Beispiel zeigen:
1969 habe ich in ‚aussichtsloser Position‘ (Urteil der Vertreter der Parteien und der ‚Fachleute‘) mit Hilfe der Experten des Finanzministeriums (alle anderen Ministerien verweigerten das Engagement in diesem aussichtlosen Fall) beim GATT in Genf die Anerkennung einer rettenden Ausgleichsabgaberegelung für die Österreichische Lebensmittel- und Stärkeindustrie durchgekämpft.
Die Reaktion des Chefdiplomaten in Genf, Botschafter Rudolf Martins, war allerdings, dass man den Wohlmeyer in Zukunft nicht mehr mitnehmen solle, weil er das gute diplomatische Klima störe… 
Heute ist die geo- und finanzpolitische Lage so dramatisch, dass jedes Nichthandeln im Bereich der Rahmenbedingungen grob fahrlässig und damit schuldhaft ist.

11) Bekenntnis zur überschaubaren gesellschaftlichen Einheit des
föderalen Nationalstaates und zum dem die Beziehungen der Staaten regelnden gewachsenen (traditionellen) und multilateral kodifizierten Völkerrecht.
Begründung: Der Mensch ist auf die überschaubare Kleingruppe hin angelegt.[1] Je größer die gesellschaftlichen Einheiten werden, desto bürgerferner und asozialer werden sie. Dies zeigt die Geschichte der Menschheit.
In überschaubaren Einheiten sind einsichtige und erfüllende gesellschaftliche Rollen möglich, und vor allem direkte Demokratie, in der die Bürger/innen entscheiden, wie sie glückhaft leben wollen, verwirklichbar.
Das traditionelle Völkerrecht widerspricht der gegenwärtigen ‚extraterritorialen Justiz‘ wie sie von den ‚westlichen Hegomon-Staaten‘
– allen voran den USA – praktiziert wird.[2] Dies ist Diktatur im juristischen Kleid, die den Weltfrieden gefährdet. Wer als Demokrat nicht gegen diese juristische Ungeheuerlichkeit aufsteht, leistet dieser Vorschub.

22)    Bekenntnis zu einer am Gemeinwohl orientierten Finanzordnung,
in der die Geldschöpfung und Geldverwendung wieder beim Staat
(bei den Gemeinwesen) liegt.
Begründung: Wir leben derzeit in einer ‚institutionalisierten dauerhaften Finanzsklaverei‘. Das Großkapital, das seine Interessen in den verschiedenen nationalen, supranationalen und internationalen Verträgen und Institutionen abgesichert hat (IWF, WB-Gruppe, Washington Consensus, Lissabonner Verträge, EMS, EZB etc.), vermehrt sich zulasten der Masseneinkommen. Die Schere zwischen arm und reich öffnet sich dramatisch zwischen den Staaten und innerhalb der Staaten. Die Staatsschulden sind de facto nicht mehr rückzahlbar.
Die Großkapitaleigner finanzieren die politischen Akteure und diese gewähren ihnen dafür den Fortbestand der nicht zukunftsfähigen, asozialen Rahmenordnungen. Eines der jüngsten und einprägsamsten  Beispiele ist die Inthronisation von Emmanuel Macron in Frankreich.

33)    Vereinbarung eines Weltschuldenschnittes um einerseits den ‚Finanzpostkolonialismus‘ zulasten der Entwicklungsländer zu beenden und andererseits die Staaten aus dem Würgegriff des Großkapitals zu befreien.
Begründung: Die gegenwärtige Entwicklung treibt in Bürgerkriege und Kriege, von denen – wie in der Vergangenheit - das Großkapital zusätzlich Profite erhofft. Ein Weltschuldenschnitt ist ohne den immer wieder an die Wand gemalten ökonomischen Niedergang möglich, weil den Schulden aus dem Nichts kreierte Guthaben gegenüberstehen, die zulasten der Realwirtschaft verzinst und rückbezahlt werden.
Vielmehr handelt es sich um einen Befreiungsschlag, der ähnlich wie beim seinerzeitigen Schillingeröffnungsbilanzgesetz einen Neustart ermöglicht.
Der alttestamentarische Schuldenschnitt alle 50 Jahre im Jobeljahr (Erlassjahr) als Voraussetzung für eine kontinuierliche Gesellschaftsentwicklung, trug dieser Problematik Rechnung.[3]

Nach und vor einem Schuldenschnitt ist die
Durchbrechung der untragbaren Zinseszinsdynamik durch Abschöpfung der Zinsgewinne und deren gemeinwohlorientierte Umverteilung erreichbar.
Erläuterung: Die Zinseszinsdynamik ist schon mathematisch nicht durchhaltbar. Die ungebremste Vermehrung der Kapitaleinkommen zulasten der Masseneinkommen führt zu einer neuen ‚Sozialen Frage‘. Die Abschöpfung der Zinsgewinne kann durch eine internationale paktierte Kapitalertragsteuer von mindesten 5 % des Finanzkapitals sowie der Realvermögen, die mehr als $10 Mio. betragen, mit ebenfalls
5 % des erhobenen (geschätzten) Vermögenswertes erfolgen.
Die Besteuerung der Vermögen von gemeinwohlorientierten Genossenschaften sollte sich an den auf die einzelnen Genossenschafter entfallenden Anteilen orientieren. Bei kulturell gebundenem Besitz, wie dem von Kirchen, Klöstern, Privatschulen und Museen, sollten die nachgewiesenen Betriebs- und Erhaltungskosten von der Steuer abziehbar sein.

44)    Durchsetzung des Bestimmungslanprinzips in der Handelspolitik.
Begründung: Ohne diese Norm führt der ungeregelte Wettbewerb zur Abwanderung der Wertschöpfung in jene Gebiete die die sozialen und ökologischen Standards des Bestimmunglandes unterbieten (‚Wettbewerb nach unten‘).
Daher sollte es freien Marktzutritt nur geben, wenn nachgewiesen wird, dass bei der Leistungserstellung (Güter und Dienstleistungen) die sozialen und ökologischen Standards des Bestimmungslandes vergleichbar eingehalten wurden.
Konsequenz: Entweder überhaupt kein Marktzutritt oder Erhebung einer der Kostendifferenz entsprechenden Ausgleichsabgabe.
Die Ausgleichsabgaben sollen einen internationalen Entwicklungsfonds speisen, aus dem jene Staaten unterstützt werden, die ihre Standards nachweislich anheben.

55)    Neuordnung des Steuersystems um eine zufriedenstellende Finanzierung der Gemeinwesen zu ermöglichen.
Diese ‚Strategische Steuerreform‘ müsste insbesondere folgende Steuern enthalten:
- Eine allgemeine Kapitalumsatzsteuer von 0,1 % (ein Promille) auf alle Umsätze bei gleichzeitiger Begrenzung der baren Umsätze auf € 50.000.-.
- Eine Internetabgabe von 1 Cent je Megabit (ein Millionstel Cent je bit) mit Freibeträgen je Person von einem Megabit und Befreiung der Sektoren Gesundheit, Bildung und Kultur sowie der Grundversorgung (Nahrung und Energie).
- Besteuerung des Verbrauches von nicht erneuerbaren Rohstoffen und Primärenergieträgern in der Höhe der Kosten des Recyclings oder der Ersatztechniken.

66)    Auf Basis  der Strategischen Steuerreform
Finanzierung des sozialen Netzes aus den erschlossenen Abgaben.
Dies bewirkt nicht nur soziale Sicherheit sondern auch eine Entlastung der menschlichen Arbeit von Steuern und Abgaben, die dadurch kostengünstiger wird. Weitere Maßnahmen siehe Punkt 7).

77)  Chancen auf erfüllende Arbeit für alle Menschen durch  
8.1) Senkung bzw. Aufhebung der Lohnebenkosten (siehe oben Punkt 6).
8.2) Finanzierbarkeit des ‚informellen Sektors‘ (Kindererziehung, häusliche Arbeit, familiäre Alten- und Krankenpflege, Kulturbetrieb, Arbeitsmöglichkeiten für ‚weniger Lernfähige‘ und Behinderte etc.).
8.3) Finanzierbarkeit von gemeinwohlorientierten Investitionen auf Bundes- Landes- und Gemeindeebene.
8.4) Verbesserter Finanzausgleich zugunsten der kleineren gesellschaftlichen Einheiten und deren Aktivitäten.
8.5) Vor allem Finanzierbarkeit eines Grundeinkommens (Grundsicherung), das es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, individuelle Beschäftigungs- und Einkommenskombinationen zu gestalten.
Dadurch wird eine ‚Beschäftigungsstrategie der Vielfalt‘ möglich, die dem Einzelnen reale Chancen zur Selbstverwirklichung in der Gemeinschaft bietet.
Die gleichzeitig anzustrebende finanz- und handelspolitische Absicherung ist eine unverzichtbare Voraussetzung. Wir können nämlich wohl eine beispielgebende Gesellschaftspolitik machen, können aber nicht alle Menschen aufnehmen, die von ihr profitieren wollen. Wenn wir dies täten, würde das Sozialsystem finanziell und organisatorisch sowie vor allem von den ethischen Grundlagen her (Voraussetzung einer gemeinwohlorientierten Ethik) kollabieren.
Vielmehr müssen wir in anderen Ländern vorbildhaft beraten.

88)    Einführung einer verpflichtenden und öffentlich begleiteten, an den objektiven Interessen der Menschen orientierten Technologiefolgenabschätzung um kostspielige und ökologisch und sozial schädliche Irrwege zu verhindern, die von großen Interessensgruppen promoviert werden.
Beispiele sind das Begraben des Dieselmotors, der umweltfreundlich auch mit Pflanzenölen betrieben werden kann, zugunsten der Elektromobilität, deren Risiko-Profil bezüglich Herstellung und Lebenszyklus (insbesondere der Batterien) nicht ausgelotet wurde.
Die geostrategischen Risiken und Versorgungsrisiken aller Techniken, die seltene Erden benötigen, wurden bislang ausgeklammert.
Die Risiken der Vollautomatisierung und Digitalisierung (Angreifbarkeit und Störung oder Zerstörung durch Naturereignisse, Lebensdauer, Elektrosmog etc.) werden nicht diskutiert.

99) Reform des Bildungswesens
Von einer ‚Bildungspolitik‘ der Kompetenzvermittlung, um ökonomisch nützlich zu sein und im Konkurrenzkampf bestehen zu können, zu einer Bildungspolitik, die diese Bezeichnung verdient. Dazu gehören neben dem soliden Erlernen der Basiskulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) ein ausgewogener Geschichtsunterricht, ein verpflichtender Ethikunterricht sowie eine gute Staatsbürger- und Wirtschaftskunde.
Der Gemeinwohlethik ist hierbei besondere Bedeutung zuzumessen.

110)                      Schließlich vor allem
Loslösung von den Vorgaben des derzeitigen Welthegemons
(und seiner Adepten), dessen Strategien in den letzten Jahrzehnten im Zerstören von seinen Machtansprüchen entgegenstehenden Staaten bestanden haben, und nun in eine Konfrontation mit Russland und im fernen Osten hineintreiben.[4]
Das heißt: Rückkehr zur unverwässerten immerwährenden Neutralität Österreichs, um (zusammen mit der Schweiz) glaubhaft friedenstiftend tätig sein zu können, und das eigene Land aus dem unsäglichen Leid eines ‚modernen‘ Vernichtungskrieges herauszuhalten.
Dies bedeutet u. a. das Nichtmittragen von Sanktionen gegen Russland und Syrien sowie die Nichtteilnahme an NATO-Aktivitäten.






[1] Siehe John C. Eccles (Nobelpreisträger für Neurologie) und Hans Zeier (Biologe), Gehirn und Geist – Biologische Erkenntnisse über Vorgeschichte, Wesen und Zukunft des Menschen, Kindler Verlag 1980, und Leopold Kohr, Die Lehre vom rechten Maß, Otto Müller Verlag 2006, und Die überentwickelten Nationen, Otto Müller Verlag, 2003.
[2] Siehe auch: Herfried Münckler, Imperien – Die Logik der Weltherrschaft vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten, Rohwolt TB 2006
[3] Leviticus 25, 9 ff.
[4] Siehe auch Daniele Ganser, Illegale Kriege: Wie NATO-Länder die UNO sabotieren, Orell Füssli Verlag, Kindle Edition 2016, und Noam Chomsky, Wer beherrscht die Welt?: Die Globalen Verwerfungen der amerikanischen Politik, Kindler Edition 2016

1 Kommentar:

Hartmut Lau hat gesagt…

Das Zinseszins Schuldgeld System ist in seiner naturgesetzlichen Mathematik der absolut zwingende Faktor zur Versklavung der Menschen.
Der geistige Schwachsinn der Alternativlosigkeit zeigt sich in der Praxis, dass an der Zinsschraube und der Zeitschiene gebastelt wird, und somit die Implosionen der jeweiligen Volkswirtschaften zeitlich undefinierbar, aber mit naturgesetzlicher Gewalt eintreten muessen.

Wenn die Voelker dieser Erde die Versklavung nicht wollen, dann muss das Werkzeug, hier der Zins und der Zinseszins absolut aus der mathematischen Gleichung, nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis entfernt sein.

Anstelle dessen sind heute bereits Banken in der juristischen Form der Genossenschaft vorhanden. Finanzierungen koennen Projekte jeglicher Art gewaehrt werden, denn jeder Mensch hat einen unendlichen Wert.

Die Kapitaldeckung ist ueber die Geburtsurkunde bei weitem gesichert.Und da jeder Mensch in einer genossenschaftlich organisierten Bank Anteilsinhaber sein kann, so hat auch jeder Mensch in diesem Konstrukt die staatliche Lizenz, Geld zu schoepfen. Die Konditionen: Keine Zinsen, und die Rueckzahlung kann geschenkt werden....
Und hier ist der Ansatz einer Innovation :

Z. B. Deine Projektkosten brutto 100 %, darin enthalten sind:

20 % Spenden fuer Infrastruktur und Soziales fuer die Stadt/ Gemeide in der Du Deinen Wohnsitz hast.
2,5 % Kapitalerhoehung der Genossenschaftsbank
5 % Verwaltungskosten
5,5 % Gewinnbeteiligung an die Genossen

Und all das erlauben bereits die heutigen nationalen und internationalen Gesetze.

Damit sind in der Dienstleistungskette und in der Gesellschaft Politstrukturen und andere parasitaere Nutzniesser nicht mehr involviert.

Das Geld hat den Menschen zu D I E N E N.

Kreativitaet ist gefragt, darin liegt der Motor der Evolution verborgen.

Und in der konkreten praktischen Arbeit kannst auch Du darin teilnehmen. Frag mich per e mail, und Du bekommst eine Antwort.