2019-05-01

Obst schmeckt nach nichts


In der Agrarwirtschaft dominieren – wie in fast allen anderen Wirtschaftsbereichen – die Konzerne. Sie verdrängen die kleineren Unternehmen und betreiben in erster Linie Gewinnmaximierung. Das hat negative Auswirkungen auf die Menschen. Die Obst- und Gemüseproduktion wird von den Agrarkonzernen mit ihren genormten Einheitsprodukten beherrscht. Man bekommt in ganz Europa, ja, sogar weltweit, mehr oder weniger dieselben Produkte. Sie werden in großen Mengen angebaut, bereits vor der Reife geerntet und in großen speziellen Lagerhäusern aufbewahrt. Zur Erntezeit in Österreich werden Produkte aus den Vorjahren angeboten. Sie schauen im Supermarkt, bestrahlt von künstlichem Licht, wunderbar aus, schmecken jedoch nach nichts. Die Produzenten bekommen so wenig dafür, dass teilweise die Erntekosten nicht mehr gedeckt werden können. Es werden optisch schöne Apfelsorten angeboten, die alle fad schmecken, austauschbar sind. Die ursprüngliche Sortenvielfalt wurde stark verringert. Es geht primär um Größe, Farbe und Haltbarkeit. Die Beispiele kann man bei anderen Obstsorten fortsetzen. Pfirsiche sind rein äußerlich betrachtet groß und wunderschön, im Endeffekt jedoch steinhart und geschmacklos. Auch hier wird im unreifen Zustand geerntet, weil dann offensichtlich die Haltbarkeit verlängert werden kann. Auch die Pflaumen sind äußerlich makellos, schauen frisch und verlockend aus. Wenn man sie essen will, merkt man, dass sie innen bereits eine leicht bräunliche Farbe haben. Die Beispiele könnte man unendlich lang fortsetzen. Die Arbeitsbedingungen in diesen Großkulturen sind verheerend. Die Arbeiter werden ausgebeutet. Die Produkte werden einer massiven chemischen Behandlung unterzogen. Der Konsument sollte versuchen, sich dagegen zu wehren. Wenn es möglich ist, sollte man direkt beim Produzenten oder auf Bauernmärkten einkaufen, kleinere Spezialgeschäfte sollen gefördert werden. In der EU muss man umdenken, dem Primat der großen Konzerne mit ihren Lobbyisten müssen Grenzen gesetzt werden. Das wäre eine verdienstvolle Aufgabe der neu gewählten EU-Vertreter. Lösungsvorschlag: alle Förderungen für die großen Agrarkonzerne einstellen und dafür naturnahe kleine Unternehmen entsprechend fördern.
Kronen-Zeitung vom 28.4.2019
Dr. Horst Filzwieser, Bruck an der Mur 
Erschienen am So, 28.4.2019

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