2015-08-21

Statt Grexit Transferunion

von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Europa steht seit langem in einem Spannungsverhältnis zwischen Ländern und Regierungen, welche die Euro-Zentrale nur als einen Erfüllungsgehilfen für Europas Nationalstaaten sehen, die also die prinzipielle Souveränität der europäischen Staaten nicht zugunsten Europas aufgeben wollen einerseits, und der vor allem von der Juncker-Clique und den EU-Funktionären betriebenen Zentralisierung der Souveränität von Europa nach Brüssel andererseits.
Das wochenlange Gezerre zwischen Griechenland und den übrigen Euro-Staaten war nicht nur ein Geschachere um Geld, sondern vor allem auch ein Machtspiel: Wenn die europäischen Staaten souverän durch ihre nationalen Parlamente Geld ausgeben wollen und dürfen, dann müssten sie eigentlich auch ihre eigene Haushaltsverantwortung und die Folgen dieser Haushaltsentscheidungen tragen. Die No-Bailout-Klausel des Lissabon-Vertrages setzt deshalb mit Recht voraus, dass die anderen europäischen Länder nicht für den Ausgabeleichtsinn eines Landes haften müssen. Europa braucht deshalb eine Insolvenz­ordnung, ein geregeltes Verfahren, in dem auch einzelne Länder innerhalb des Euro die Folgen des eigenen Finanzleichtsinns nicht in Europa sozialisieren, sondern allein tragen müssen.
Die Juncker-Clique dagegen will eine ­politische Zentralunion mit zentraler Finanzsouveränität über die Mitgliedsstaaten (Fiskalunion). Die EU-Kommission will deshalb Finanzschwierigkeiten einzelner Euro-Länder wie Griechenlands an sich ziehen, um kollektive europäische Lösungen dafür anzubieten – in Wirklichkeit aber, um die Länder finanziell zu entmündigen und finanzielle Zentralmacht über sie zu gewinnen.
So wurden fünf Jahre lang Rettungspakete und Schuldenfonds angeboten, welche zwar nichts verbessert, aber die Schuldsummen Griechenlands von 80 auf 320 Milliarden Euro dramatisch erhöht haben. Und nun wird ein drittes Hilfspaket geschnürt, welches wohl mehr als 100 Milliarden Euro zur Behauptung der Finanzvormundschaft über Griechenland durch das EU-Politbüro einsetzt.
Dahinter stehen die Machtsucht des EU-Politbüros und der Druck Amerikas, um jeden Preis Griechenland wegen der Nato noch im Euro zu halten. Wir werden also in Zukunft weiter regelmässig Geld zahlen, nicht aus eigenem Interesse, sondern aus Interesse der EU-Zentralmacht und der atlantischen Besatzungsmacht.
Welche Folgen hat die Griechenland-Rettung?
Nachdem der Griechenland-Beschluss der Euro-Gruppe vom 12. Juli 2015 von den Parlamenten akzeptiert wurde, hat Griechenland seine Finanzsouveränität weitgehend verloren, hat sich finanziell unter die Vormundschaft der EU-Zentrale gestellt, hat die EU-Zentrale ihren Anspruch auf Fiskalzentralmacht (Fiskalunion) entscheidend durchgesetzt, wird sie nicht nur in Griechenland, sondern künftig auch in anderen Fällen als Hilfs-, Kontroll- und Finanzierungsentscheider über die Euro-Länder gesehen werden, haben sich die USA mit ihrer Forderung nach «Nato-Geschlossenheit um jeden Preis» auf Kosten Europas durchgesetzt und ist vor allem entgegen der No-Bailout-Klausel des Vertrages zu Lissabon eine Transferunion zwischen den Euro-Ländern festgeschrieben worden.
Vor allem Italien und Frankreich waren an der «Hilfe» für Griechenland interessiert, weil sie vor dem gleichen Problem stehen und wohl bald ebenfalls Euro-Hilfe brauchen. Sie sind beide politisch nicht stark genug, Wirtschaftsreformen durchzuführen, rutschen also automatisch weiter in die Verschuldung und damit in die Hilfszone. Es ist unschwer vorauszusagen, dass dem weitere Länder folgen werden, wenn es leichter ist, Hilfe zu organisieren als innenpolitisch Reformen durchzusetzen – bis schliesslich der ganze Euro-Club in Schulden versinkt und eine Generalkorrektur (Währungsreform) braucht.
Folgen für Deutschland:

Das nun kommende dritte Hilfspaket für Griechenland wird nicht bei 86 Milliarden (plus 35 Milliarden Restrukturierungshilfe plus 15 Milliarden regelmässige Griechenlandsubvention) bleiben, sondern ständig weiter subventioniert werden, wie der Finanzausgleich auch in Deutschland zeigt, wo zum Beispiel Bremen sich standhaft weigert, seine Dauerdefizite abzubauen, weil es durch den Finanzausgleich bequem von den sparsameren Ländern dauerunterstützt wird. Im deutschen Finanzausgleich haben sich zwei Drittel der Nehmerländer bequem auf die Dauerhilfen von drei Geberländern eingerichtet. Ähnlich wird es auch bei der zur Transferunion gewordenen Europa-Umverteilung werden, allerdings in noch dramatischerer Grössen(Verschuldungs)ordnung.
Damit wird der von der EZB bereits vorgezeichnete Weg des «Euro-Easing», der ungehemmten Vermehrung der Euro-Währung, ebenso wie der Dollar-Währung in den USA, zwangsläufig. In beiden Zonen soll nicht mehr gespart, sondern Geldmengenwachstum herbeigeführt werden, also Geldschwemme.


Die USA diskutieren ernsthaft, «ihre Dollar-Überschuldung in Dollar-Flutung zu ertränken». Ebenso will Draghi und will das Euro-Politbüro auch in Europa die Schulden mit wachsender Geldmenge aufrechterhalten.


Für Deutschland bedeutet dies das Ende des harten Euro, die Aufweichung und Entwertung unseres Geldes und den Weg von der wachsenden Geldmengenvermehrung zur galoppierenden Inflation und Währungsreform – wie dies immer in der Geschichte bei Geldmengenvermehrungen gewesen ist. 
Dabei wird Deutschland verarmen. Je mehr es Transferleistungen zahlen muss, desto mehr muss den eigenen Bürgern ihr Leistungsertrag zur Umverteilung abgezogen werden. Insofern ist die vermeintliche Griechenlandhilfe ein Markzeichen nicht nur der Verarmung Griechenlands, sondern auch ganz Europas und Deutschlands.
Was kann man tun? Die angelsächsische Finanzoligarchie hat nach ihrem Beschluss der Dollar-Flutung begonnen, alle Sachwerte und Unternehmen in der Welt mit den frisch gedruckten Dollars aufzukaufen. Auch jetzt finden in Deutschland und Europa wieder verstärkte Unternehmensaufkäufe durch US-Firmen statt, die ihre immer wertloser werdenden Dollars noch in Unternehmensbeteiligungen anlegen wollen.
Und China kauft mit seinem 3 Billionen Dollar-Guthaben in der Welt alles zu jedem Preis auf, um rechtzeitig aus dem schwindenden Geldwert noch in Sachwerte umzusteigen.
Wir sollten auch privat erkennen, dass der Euro in einer Transferunion und mit einer Euro-Flutung betreibenden EZB nicht solide bleiben kann, dass also verliert, wer auf Geldwerten sitzt und nicht rechtzeitig in Sachwerte umsteigt. Wer dies zuerst tut, gewinnt am meisten. Tun es alle, beschleunigt sich die Inflation entsprechend. Insofern hat der Griechenland-Deal vom Juli 2015
Griechenland selbst nicht entschuldet, nicht reformiert, sondern ihm nur vorübergehend weiter über Wasser geholfen, die europäischen Geberländer mit neuen Schulden für Dauersubventionen belastet, der Brüsseler Kommission wachsende Finanzkompetenz und Transfersouveränität verschafft – Europa zur Transferunion entwickelt und zu hohem Preis für Europa die Nato gegen Russland geschlossen gehalten. Die Schuldenorgie in Griechenland und Europa wird weitergehen, aber mit Euro-Flutung statt Sparen beantwortet werden. Statt des fälligen Staatsbankrotts in Griechenland will Europa nur Zeit gewinnen, nimmt dafür aber späteren Gesamtbankrott in Kauf. 

(Quelle: Zeit-Fragen)





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