2016-07-02

Bundespräsidentenwahlwiederholung: Nähere Informationen zum Urteil des VfGH

Stellungnahme zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die WAHLANFECHTUNG der Bundespräsidenten-Stichwahl durch Heinz-Christian-Strache

Aus der Sicht einer seit fast 30 Jahren unabhängig, ohne jede Subvention durch Steuergelder, Parlamentsparteien oder  Konzern-Inserate für Österreich arbeitenden Vertreterin der "Zivilgesellschaft":

1. Die Zahl der von gesetzeswidriger Handhabung der Briefwahlkarten betroffenen Stimmen wird in der mündlichen Urteilsverkündung des VfGH mit rund 77.000 angegeben, also beträchtlich mehr als die rund 30.000 Stimmen Unterschied zwischen Hofer und VdB. Das bedeutet aber nicht, daß es nicht in Wahrheit (sogar ziemlich sicher) weit mehr gewesen sind. Denn der VfGH hat ab Erreichen dieser Zahl von betroffenen Stimmen (die für die Stattgebung der Wahlanfechtung ausgereicht hatten) von weiteren Zeugeneinvernahmen Abstand genommen - wohl aus prozeßökonomischen und Zeitdruck-Gründen. Mehr als aufheben kann er die Wahl ja nicht.

Aber: In der grandiosen Anfechtungsschrift von Dr. Böhmdorfer werden Gesetzesverstöße in 94 von 117 Wahlbezirken im Detail angeführt. Nur 20 davon wurden vom VfGH einer näheren Prüfung unterzogen; bei 14 davon (also mehr als zwei Dritteln) waren die Gesetzwidrigkeiten bereits so gravierend, daß deren Stimmenzahl bereits für die Aufhebung der Wahl ausreichte. Wären also die weiteren 74 (!) inkriminierten Wahlbezirke auch geprüft worden, wäre die Zahl der von Gesetzwidrigkeiten betroffenen Stimmen ein Vielfaches der 77.000 festgestellten geworden. Das geht in der medialen Berichterstattung völlig unter! (Strache sprach in der Pressekonferenz zurecht von lediglich "der Spitze des Eisberges".)

2. Diese Gesetzwidrigkeiten hatten sehr wohl "Raum" für Stimmenmanipulationen ermöglicht, deswegen wurden sie ja vom VfGH auch als "schwerwiegend genug" eingestuft. "Beweisen" wird man Manipulationen nie können! Das wäre - wenn überhaupt - eine Aufgabe für die Strafgerichte, die bei diesem Ausmaß an bundesweiten Verstößen völlig überfordert wären, wie im Verfahren klar zutage trat (ich habe ja fast alle Verhandlungstage "vor Ort" mitverfolgt). Eine Aufgabe für den Verfassungsgerichtshof kann dieser "Beweis" gar nicht sein. Es wurde aber in der Erklärung von Präsident Holzinger im Namen aller 14 Verfassungsrichter auch nicht gesagt, daß es keine Manipulationen gegeben habe.
Es ist wichtig, daß dies unabhängigen Beobachtern bewußt bleibt.

Der allgemeine Tenor in Medien und Politiker-Reden, wegen "Schlampereien und Formalfehlern"müsse die Wahl wiederholt werden, ist also unrichtig. Dieser Eindruck soll nur deshalb vermittelt werden, damit das wahre Ausmaß der Ungeheuerlichkeiten verschleiert wird. Man darf ja nicht vergessen, daß die SPÖ zur Gänze und die ÖVP teilweise Wahlempfehlungen für Van der Bellen abgegeben hatte und die Bezirkswahlleiter (meist die Bezirkshauptmänner) praktisch ausschließlich "rote" oder "schwarze" Parteifunktionäre sind. Auch der oberste Beamte der Bundeswahlbehörde, Min.R. Mag. Stein, ist ein "roter" Parteifunktionär.

Dementsprechend sind die (bewußten?) "Verfehlungen" auch nicht - wie in den meisten Medien angeprangert - den ehrenamtlichen, freiwilligen Beisitzern und Wahlzeugen der Parteien anzulasten, sondern in erster Linie den Leitern und stellvertr. Leitern der (Bezirks-)Wahlbehörden. Diese Spitzenbeamten werden von uns allen hochbezahlt, sind von ihrer Funktion her für die korrekte Handhabung der Briefwahlkarten verantwortlich, sind meist selbst ausgebildete Juristen, müssen die einschlägigen Gesetze auf jeden Fall genau kennen und diese den Beisitzern und Wahlzeugen der Parteien erklären. Diese Beamten (wie z.B. der "rote" Bürgermeister von Villach-Stadt als besonders krasser Fall u.v.a.) hätten angeprangert werden müssen, was in den Medien nur ganz am Rande "durchkam".

3. Die gesetzwidrige, vorzeitige Weitergabe von Wahlergebnissen durch die Bundeswahlbehörde Stunden vor Wahlschluß im Zeitalter der "sozialen" Medien mit ihrer binnen Minuten bundesweiten Verbreitungskapazität  betraf das gesamte Bundesgebiet. Damit ist laut Urteil des VfGH die freie, unbeeinflußte Wahlentscheidung  (Präsident Holzinger nannte dies die "Reinheit der Wahl") nicht mehr gewährleistet und die Wahl wäre schon allein deshalb aufgehoben worden - dank Dr. Böhmdorfer's Anfechtungsschrift, in der dieser Umstand - zurecht - detailliert dargelegt wird. Das wird es daher bei kommenden Wahlen auch nicht mehr geben.  Der VfGH kann nur tätig werden, wenn "Probleme" an ihn herangetragen werden, deshalb war die Anfechtung so wichtig!

4. Wenn man bedenkt, daß auch alle 14 Verfassungsrichter seit Jahrzehnten de facto von "rot" und "schwarz" bestellt werden, kann man das Ausmaß des "Erfolges" dieser Wahlanfechtung erst so richtig ermessen! Die Argumente und die durch die Zeugeneinvernahmen bestätigten Rechtswidrigkeiten waren eben so massiv, daß eine andere Entscheidung nicht möglich war.

5. "Grüne" auf der ganzen Linie gescheitert.
 
Das ist die eigentliche Sensation dieses Urteils. Es muß jedem unvoreingenommenen Beobachter klar sein, wie massiv seit Jahrzehnten diese Partei und ihre hunderten, vorgelagerten, meist aus Steuergeldern hoch-subventionierten, sogenannten NGO's (eigentlich sollten sie PGO's, also Pro-Regierungs-Organisationen heißen) medial "gepuscht" werden. Und trotzdem so ein Ergebnis!

Zu Beginn versuchten  die (sogenannten) "Grünen", die mit Umweltschutz schon lange nichts mehr "am Hut" haben, die in der Anfechtungsschrift seriös aufgezeigten Gesetzesverstöße total herunterzuspielen und für allesamt (sinngemäß) erfunden und irrelevant zu erklären (Aussagen der "grünen" Parteichefin Glawischnig). Als dies ab einem gewissen Punkt des Verfahrens nicht mehr zu halten war, verlegten ihre Anwälte sich auf eine Argumentation, die spekulativer und "unjuristischer" nicht hätte sein können, und an die sie offensichtlich bis zuletzt auch wirklich geglaubt und im Verfahren mehrfach und immer wieder wortreich ausgeführt haben. Sie meinten nämlich, daß - theoretische - Vergleiche des Briefwahlergebnisses in den wenigen, vom VfGH tatsächlich überprüften Bezirken ergeben würden, daß aufgrund einer statistischen Wahrscheinlichkeitsrechnung des "renommierten" Wahlhochrechners und -Statistikers Neuwirth deren Ergebnisse vom "allgemeinen Trend" der Briefwahlstimmen in keiner Weise abweichen würden, daher ein Einfluß auf das Wahlergebnis auszuschließen sei.

Dieser Argumentation hat der VfGH nur eine einzige Zeile in seiner Vorab-Erklärung des noch kommenden, schriftlichen "Erkenntnisses" gewidmet und sie völlig verworfen. Auf "Spekulationen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen" könne man kein Rechts-Urteil eines Gerichtshofes
gründen. Dies wohl im (nicht erwähnten) Hinblick darauf, daß ja nur 20 der 94 inkriminierten Bezirke (von insgesamt 117) vom VfGH überhaupt geprüft wurden. Wie kann man da von einem "allgemeinen Trend" der Briefwahl überhaupt sprechen???


A u s b l i c k

Es muß allen klar sein, daß auch diese "zweite Chance" ein schwerer Kampf werden wird bzw. bereits ist. Die Medien werden wieder völlig einseitig "berichten", VdB wird wieder die "breite Bürgerbewegung" (der NGO's - siehe oben) hinter sich haben und jetzt auch einen gewissen Mitleidseffekt - quasi "jetzt erst recht". Es wird alles davon abhängen, ob und in welchem Ausmaß das vernünftige, "bürgerliche" Lager im weitesten Sinn endlich auch an der Basis über Parteigrenzen hinweg wirklich aufwacht und aktiv wird! Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, aber das sollten viele andere auf ihre Weise auch tun.

Die Maschinerie gegen Hofer läuft vom ersten Tag an: Schon wird er dafür kritisiert, daß er 3.Nationalratspräsident bleibt, obwohl genau das für eine reibungslose und verfassungskonforme  Interims-Ausübung der in den nächsten vier Monaten vakanten Funktion des Bundespräsidenten notwendig ist. Diese muß durch das Nationalratspräsidium "als Kollegialorgan" erfolgen, also durch alle drei gewählten Nationalratspräsidenten. Die Doppel-, eigentlich Dreifachbelastung Nationalratspräsident/Übergangs-Drittel-Bundespräsident/ neuerlicher Bundespräsidentschaftskandidat gegenüber dem Pensionisten VdB, der sich ausschließlich dem Wahlkampf widmen kann, ist sicher eine große Herausforderung.

Die Zurücklegung der Funktion von Nationalratspräsidenten während der Amtsperiode hat schon einmal in der Geschichte der (1.) Republik  Österreichs (1934) zu verheerenden Folgen geführt, nämlich zu einer Auflösung des Parlaments und damit dem Beginn der austro-faschistischen Diktatur des Ein-Parteien-Ständestaates, in dem alle anderen Parteien verboten und deren Führer und prominente Vertreter inhaftiert und "aus dem Verkehr gezogen" wurden. Damit war Österreich bereits vier Jahre vor dem "Anschluß" eine DIKTATUR.

Außerdem war auch Noch-Bundespräsident Fischer während seiner ersten Präsidentschaftskandidatur bis zu seiner Wahl amtierender, sogar erster Nationalratspräsident. Aber das verschweigen die meisten Medien....

In diesem Sinne mit besten Grüßen an alle Empfänger dieses Rundschreibens!

Inge Rauscher, Sprecherin des überparteilichen EU-Austritts-Komitees in Österreich,
Bevollmächtigte des EU-Austritts-Volksbegehrens vom Juni 2015 in Österreich (261.056 Unterzeichner),
Obfrau der "Initiative Heimat & Umwelt"

p.A. 3424 Zeiselmauer, Hageng. 5, Tel. 0681/107 740 66, ihu@a1.net.




Das Stichwahl-Urteil des VfGH im Wortlaut



"Unjuristisch ausgedrückt: Die Stichwahl muss in ganz Österreich zur Gänze wiederholt werden", sagte VfGh-Präsident Holzinger.

"Meine sehr geehrten Damen und Herren. Wahlen sind das Fundament unserer Demokratie. Es ist die vornehmste Pflicht des Verfassungsgerichtshofs dieses Fundament funktionstüchtig zu halten. Die Entscheidung, die ich jetzt verkünden werde, macht niemanden zum Verlierer und niemandem zum Gewinner. Sie soll alleine einem Ziel dienen, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und in unsere Demokratie zu stärken.
Im Namen der Republik: Der Verfassungsgerichtshof hat über die von Heinz-Christian Strache eingebrachte Anfechtung des zweiten Wahlganges der Bundespräsidentenwahl vom 20. Mai 2016 gemäß Artikel 141 des Bundesverfassungsgesetzes zu Recht erkannt. Der Anfechtung wird stattgegeben. Das Verfahren des zweiten Wahlganges der Bundespräsidentenwahl vom 22. Mai 2016 wird ab der Kundmachung der Bundeswahlbehörde vom 2. Mai 2016 aufgehoben soweit darin die Vorlage eines zweiten Wahlganges angeordnet wird.

FPÖ-Kandidat schließt Rücktritt als 3. Nationalratspräsident vor der Wahl aus

Wien (OTS) - Im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH (Sonntagsausgabe) kündigt FPÖ-Kandidat Norbert Hofer an, dass der "Brexit" eines der Hauptthemen seines Präsidenten-Wahlkampfs sein wird.
Auf die Frage, ob er für ein EU-Austrittsreferendum in Österreich sei, sagt Hofer: "Wenn sich EU-Verträge so ändern, dass das auch Änderungen im österreichischen Gesetz bedingt, muss man die Bürger ohnehin befragen. Das wäre der Fall bei einem Beitritt der Türkei – aber auch, wenn die EU zentralistischer wird."
Einen Rücktritt als 3. Nationalratspräsident vor der Wahl schließt Hofer aus: "Die Verfassung sieht vor, dass die Präsidenten im Kollegium diese Aufgabe übernehmen und nicht einer alleine. Wir drei haben bisher sehr gut zusammengearbeitet und werden das auch weiterhin tun." Und weiter: "Ich glaube, ich habe bislang bewiesen, dass ich diese Funktion überparteilich ausführen kann."
(Quelle: OTS-APA)

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