2017-07-24

Vorhalt und Empfehlung an das ‚Hochrangige Politische Forum 2017‘ und das ‚Ministertreffen zur Beseitigung der Armut und zur Förderung des Wohlstandes in einer sich wandelnden Welt‘ unter der Schirmherrschaft des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen zur Umsetzung der im Jahr 2015 beschlossenen Nachhaltigkeitsziele (SDG).



Wir, eine Gruppe von Wissenschaftlern, Experten, Praktikern und Mitgliedern der Zivilgesellschaft, die auch praktische Erfahrungen in der internationalen und regionalen Politik haben, haben uns für eine dreitägige Konferenz zusammengefunden, um die Umsetzung der vereinbarten "Nachhaltigen Entwicklungsziele" (SDG) zu unterstützen und voranzutreiben. Da wir erkannt haben, dass die derzeit dominierende Finanzordnung, die "Weltfinanzarchitektur", Drehscheibe der bedrohlichen Defizite für eine nachhaltige Entwicklung ist, haben wir uns als Schlüsselfrage für unser Treffen zu folgender Fragestellung entschlossen:

Stellt die gegenwärtige „Weltfinanzarchitektur“ eine Behinderung für die Erreichung der SDG dar - und welche Änderungen sind notwendig?

Deshalb haben wir unsere Diskussionen auf Ziel 17 konzentriert
 - vor allem auf den Punkt 17.4 - und kamen zu folgenden Schlussfolgerungen:
Die gegenwärtige Gesamtsituation ist geprägt durch eine zunehmende, internationale Verschuldung aller Staaten - vor allem der Entwicklungsländer - und eine Überlastung mit Schuldendienstleistungen.
Letztere begrenzen die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung.
Vorgeschlagene Maßnahmen, wie Einnahmen durch die verbesserte Einhebung von Steuern und anderen Abgaben sowie die Erhöhung der ODA (Öffentlichen Entwicklungshilfe), können nicht wirklich wirksam sein, da man kein Wasser aus leeren Gläsern gießen kann. Die Vorschläge in Punkt 17.4 perpetuieren die gegenwärtige, nicht-nachhaltige finanzielle Situation, indem sie lediglich Ratschläge zur  Linderung der wachsenden Belastung geben.
Um aber die strangulierende gegenwärtige Finanzordnung zu lockern und Manövrierraum für die Verwirklichung der SDG zu geben, sind grundlegende Veränderungen im gegenwärtigen Weltfinanzsystem unvermeidlich.

Diese Änderungen müssen beinhalten:

a)      Ein neues System flexibler Wechselkurse, das Ländern hilft, die in für sie ungeeigneten starren Wechselkursregimen gefangen sind. Dies gilt insbesondere für die Eurozone und für Afrika. Dadurch können die bedrängten Länder wieder monetäre Souveränität erlangen, und erreicht werden, dass die Wechselkurse Kaufkraftparität wiederspiegeln.  Diese Maßnahmen sollten in ein Weltwährungsabkommen (World Currency Agreement - WCA) eingebettet sein, das die Einführung frei schwankender Wechselkurs und mehrerer Währungen fördert.

b) Umstrukturierung des IWF zu einer demokratischen und gemeinnützigen Hilfseinrichtung und als Sekretariat für das WCA.

c)      Umstrukturierung der Weltbank-Gruppe zu einer wirksamen, die Wohlfahrt verbessernden Entwicklungsbank, die keine/n bedingungslosen Freihandel, Privatisierung von öffentlichem Eigentum und Gemeingütern, Aufhebung von Sozialen Diensten und sonstigen Staatsausgaben für das Gemeinwohl nach dem sogenannten Washingtoner Konsens vorsieht.

d) In ​​diesen Institutionen sollten alle Staaten gleiche Stimmrechte haben, um zu vermeiden, dass große und mächtige Nationen das System beherrschen, und dies wiederum zu einer neuen Ungleichheit und indirekten Machtpolitik führt.

e) Vereinbarung über einen Weltschuldennachlass (debt cut), der eine Voraussetzung für eine erfolgreiche weltweite nachhaltige Entwicklung ist, da alle Schulden finanziellen Vermögenswerten (Schuldforderungen) entsprechen, die zu einer nicht rückzahlbaren Größe angewachsen sind und überfordernde Schuldendienstleistungen nach sich ziehen.

f) Umleitung der Geld-Schöpfung von den Zentralbanken zu den lokalen Gemeinwesen, um ihnen eine selbstbestimmte Geldpolitik, den Zugang zu zinsfreiem Geld für eine angepasste strukturelle Entwicklung sowie eine Kreditkontrolle mit produktiver Zweckausrichtung zu ermöglichen.
Dies kann durch die Unterstützung der Gründung von neuen, nicht auf Gewinn gerichteten, lokalen Banken, wie Gemeindebanken, und die Einführung von lokalen von den Gemeindebanken verwalteten Währungen, die von den lokalen Verwaltungen in den Städten und Regionen herausgegeben werden, erreicht werden.

g) Die Welthandelsordnung muss reformiert werden, einerseits durch die Gewährung von Schutz für junge Industrie-Initiativen in Entwicklungsländern und andererseits durch die Einführung des für alle Transaktionen. Dies bedeutet, dass der freie Zugang zu einem bestimmten Markt nur gewährt wird, wenn der Exporteur / Importeur nachweisen kann, dass die Ware oder die Dienstleistung unter sozialen und ökologischen Bedingungen (Standards) gleich oder zumindest ähnlich produziert wurde bzw. erfolgt ist wie im Bestimmungsland. Ausgleichszahlungen sollten zur Schaffung eines fairen Wettbewerbs verwendet werden. Aber diese Abgaben sollten nicht in die nationalen Budgets (dies würde Protektionismus induzieren) fließen, sondern in einen internationalen Entwicklungsfonds, der die Länder bei der Verbesserung ihrer Produktionsstandards und -systeme unterstützt.

Wir hoffen, dass unsere Vorschläge gut angenommen werden und wünschen zufriedenstellende Fortschritte in den gemeinsamen Anstrengungen.

Für die Gruppe

Ass.-Prof. Dr. Alfred W. Strigl

Für das Redaktionskomitee<<<<<<<<<<<
Prof. Dr. Richard Werner (Southampton Business School, UK)
Prof. Dr. Heinrich Wohlmeyer (Universität für Bodenkultur, Wien)
Mag. Kathrin Latsch (Moneta, Hamburg)
Dipl.-Ing Klaus Sambor (Runder Tisch Grundeinkommen, Wien)
Dr. Marianne und Dipl.-Ing. Franz Schallhas (AG Gerecht Wirtschaften, Steinakirchen, N.Ö.)
Anton Winter (Nouvelle Alliance, Frankfurt, D) 

Übersetzung – Ilse Kleinschuster und Heinrich Wohlmeyer, Wien im Mai und Juni 2017




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