Mittwoch, den 12. September 2012 um 07:47 Uhr
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist ein Schwarzer Tag für Deutschland und Europa. Nun müssen die Euro-Kritiker sich eine neue Strategie überlegen. Von Jürgen Elsässer, Chefredakteur COMPACT
"In den Klauen des Euro-Monsters" - das haben wir auf dem Titelbild der aktuellen COMPACT-Ausgabe konstatiert, leider mit Recht. Auch das Bundesverfassungsgericht hat vor der stählernen Pranke der Finanzgangster kapituliert.
Wer das Ganze auf n-tv gesehen hat, musste Würgreflexe unterdrücken. Zuerst zwei naive Moderatorinnen, die uns Verarschten die juristische Henkersmahlzeit mit süßem Augenaufschlag und sinnloser Fröhlichkeit servierten. Dann Philipp Rösler von der Boygroup, zu dem jeder Kommentar nur mit dem Strafgesetzbuch kollidieren könnte. Am schockierendsten für mich war aber die gute Laune von Gregor Gysi, der dem Urteil tatsächlich etwas Positives abgewinnen wollte: Die Richter hätten die Bundesregierung verpflichtet, völkerrechtlich verbindlich zu verankern, dass deutsche ESM-Garantien jenseits der bisher formulierten 190 Milliarden Euro der Zustimmung des Bundesatages bedürften. Selten so gelacht! Der ESM-Vertrag bekommt eine "völkerrechtlich verbindliche" Fußnote, und auf EZB-Anfrage wird der Euro-besoffene Bundestag jede Erhöhung durchwinken wie bisher. Da gehen die 100-Milliarden-Pakete im Bedarfsfall im Stundentakt raus, und abends darf Gysi bei Jauch seinen Senf dazugeben - das war's dann. Demokratie? Aus die Maus!
Zweites Problem: Selbst wenn der deutsche EZB-Anteil bei 190 Mrd. gedeckelt bliebe, müssen wir seit Freitag weiterzahlen: Da hat nämlich die EZB - im Klartext: Goldman Sachs, denn deren Vertreter Mario Draghi ist dort Chef - gegen die Stimme der Bundesbank beschlossen, künftig UNBEGRENZT Staatsanleihen aufzukaufen. Für alle Summen haftet Deutschland mit 28 Prozent, ohne dass Bundestag oder auch nur die Bundesregierung gefragt werden. Wegen dieser ungeheuerlichen Entscheidung hatte ja Gauweiler auf die Schnelle noch beantragt, dass Karlsruhe seine ESM-Entscheidung noch einmal verschiebt. Aber das war schon gestern abgebürstet worden. Wo kämen wir da hin, wenn die Richter das auch noch prüfen müssen...
Nun sind wir Euro-Kritiker bzw. Euro-Gegner vor der Entscheidung: Wie weiter machen? Jedenfalls: Weitere Klagen in Karlsruhe sind vergeudete Zeit! Hoffen auf die Altparteien ist auch sinnlos, auch Gysis Linke kann man vergessen. Die Demos fanden leider keine Unterstützer, in Karlsruhe am vergangenen Samstag waren es gerade 500. Andere Parteien - Freie Wähler, PDV, Bürger in Wut - müssten sich erstmal vereinigen, wenn sie was erreichen wollen. Ist das realistisch?
Vielleicht müssten sich die verschiedenen Oppositionsgruppen erstmal auf eine Vision einigen, so dass man vom Klein-Klein und Nur-Dagegen wegkommt. Wie müsste ein demokratisches Deutschland aussehen? Welche Verfassung braucht es? Welche Verträge müssen gekündigt werden? Welche Bündnisse brauchen wir? Kurz und gut: WIE KANN DEUTSCHLAND SOUVERÄN WERDEN?
Den globalistischen und eurobesoffenen Blockparteien muss ein "souveränistisches" Kraftfeld entgegengestellt werden. Das wird seit einiger Zeit auf verschiedenen Kongressen diskutiert, verschiedene Denkschulenngressen arbeiten daran. Zeit für einen größeren Austausch? COMPACT lädt ein zur "Souveränitätskonferenz" am 24.11. in Berlin mit Hauptredner Peter Scholl-Latour. Anmeldung und weitere Infos hier.
Lesen Sie weitere Artikel zum Euro- bzw. EZB-Monster in der aktuellen COMPACT-Ausgabe:
Titelthema COMPACT 9/2012: Endspiel um den Euro
In den Klauen des Euro-Monsters. Von Jürgen Elsässer
Stasi 2.0 – die Steuerfahnder kommen. Von Dietmar Pietsch
Staatsbankrott: Die Deutschland-Titanic. Von Christian Weilmeier
Spekulanten und Bankster: Die Zombies von der Wallstreet. Von Harald Harzheim
Wolfgang Kubicki im Interview: «Was wäre die Alternative zum ESM?»
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