ISBN 978-3-85371-329-7
Soll künftig schon Kritik an der EU-Entwicklung, die Äußerung einer »falschen« Meinung über historische und gegenwärtige Ereignisse zur Straftat erklärt werden? Hannes Hofbauer macht mit seinem Buch eindringlich auf die Gefahr aufmerksam, dass durch »Erinnerungsgesetze« die Meinungsfreiheit ausgehebelt wird. Neue Straftatbestände auf EU-Ebene könnte man als "Verordnete Wahrheit" bezeichnen. Die Leugnung von einem gerichtlich als Völkermord deklarierten Ereignis ist bereits strafbar. Die Meinungsfreiheit ist also eingeschränkt. Es gilt also als erwiesen, was irgendein Gericht als Wahrheit erkannt hat. Könnte dieser Gesinnungsterror nicht bald ausgeweitet werden? Werden VfGH oder Bundesverfassungsgerichtsurteile verordnete Wahrheit? Hinterfragen von gewissen Gerichtsurteilen ist bereits strafbar!
Gedankenverbrechen? Gedankenpolizei? Georg Orwell lässt grüßen!
Aus heise.de:
Können Sie ein Beispiel für die Instrumentalisierung der Justiz geben?
Hannes Hofbauer: Das
Jugoslawien-Tribunal, das als ad hoc-Gerichtshof eingesetzt wurde und
von privaten Sponsoren wie z.B. der Soros-Stiftung mitfinanziert wird,
hat entsprechende Legitimitätsprobleme. Seine Zurückweisung jeder
Zuständigkeit für Kriegsverbrechen der NATO-Truppen, die mit
massenhaftem Einsatz abgereicherter Uranmunition und Bombardierung
ziviler Ziele Opfer in hoher Zahl verursacht haben, hat seine Autorität
untergraben. Damit wurde der Verdacht genährt, dass der Krieg der NATO
mit juristischen Mitteln fortgesetzt würde.
Aber auch der Internationale Strafgerichtshof in
Den Haag operiert als juristischer Arm westlicher geopolitischer
Interessen, wenn er Staatschefs von al-Baschir (Sudan) oder al-Gaddafi
(Libyen) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagt, die Täter
der ausländischen Interventionen in Afghanistan oder Irak jedoch nicht
einmal wahrnimmt. Das liegt freilich auch daran, dass die USA – wie
Russland, China, Indien, Israel und Iran – diesen Gerichtshof nicht
anerkennen. So kommt es zur seltsamen Situation, dass Washington zwar
darauf drängt, missliebige Personen wegen Kriegsverbrechen anzuklagen,
selbst aber auf Immunität besteht.
Bleiben wir beim Beispiel Libyen: dort hat eine
weit über das UN-Mandat hinausgehende Intervention einer Allianz aus
USA, Frankreich, Großbritannien und Katar einen Regimewechsel
herbeigeführt, dem zehntausende Menschen zum Opfer fielen. Als
Kriegsgrund wird mehr und mehr dieser geopolitische Wille deutlich sowie
die Neuordnung der Ressourcenverteilung von Öl, Gas und Wasser. Wenn
nun der Gaddafi-Sohn Saif vor dem Internationalen Strafgerichtshof als
Kriegsverbrecher oder Völkermörder verurteilt wird – angeklagt ist er
bereits -, dann kann ein Leugnen seiner Verbrechen bereits zu einer
weiteren Straftat werden. Die Rechtsprechung würde damit zum politischen
Instrument. Mit ihr wird das Argument für die ausländische Intervention
post tragödiam zur einzigen Wahrheit, die nicht mehr hinterfragt
werden darf. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Umgang mit Meinung
und Meinungsfreiheit gefährlich ist.
Wie wurde diese politische und rechtliche Entwicklung philosophisch flankiert?
Hannes Hofbauer:
Seit Anfang der 1990er Jahre, mit dem Beginn der jugoslawischen
Bürgerkriege und der Einmischung in dieselben durch Deutschland, die USA
und andere Mächte können wir beobachten, dass das Völkerrecht Schritt
für Schritt ausgehebelt wird. An seine Stelle tritt mehr und mehr ein
als Menschenrecht titulierter Universalismus. Was vordergründig
sympathisch wirkt, hat jedoch auch fragwürdige Implikationen. Denn wie
starr völkerrechtliche Rahmenbedingungen auch gewesen sein mögen und wie
stark sich dahinter autokratische und diktatorische Regime verschanzen
konnten, Völkerrecht war immer kodifiziertes Recht. Menschenrechte
hingegen sind stark interpretierbar. Und somit eignen sie sich für
Argumente, eingreifen zu können, ohne dass nachgeprüft werden kann, ob
solche Eingriffe zu einer Verbesserung der Menschenrechte beitragen.
Erinnern wir uns an die Kriegsgründe, mit denen
die USA in Afghanistan für die Rechte der Frauen oder im Irak für die
Rechte der Volksgruppen, in Jugoslawien desgleichen, in den Krieg
gezogen sind. Bomben für Menschenrechte lautete die geradezu zynische
Formel. Und wirklich verbessert hat sich in den meisten Fällen wenig bis
nichts. Hinter diesen neuen Menschenrechtskriegen stehen Philosophen
vom Schlage Jürgen Habermas und Bernard-Henri Levy. Letzterer wurde
geradezu zum Mastermind muslimischer Aufstände und Stichwortgeber für
bosnische und libysche Bürgerkriegshelden.
Welche Konsequenzen hat die veränderte Rechtsprechung auf die öffentliche Meinungsbildung und die wissenschaftliche Forschung?
Hannes Hofbauer: Die
staatliche Verordnung von historischen Wahrheiten interpretiere ich als
Schwäche der jeweiligen Staaten. Es ist ein Zeichen türkischer
Unsicherheit, wenn die Massaker an den Armeniern 1915 bei Strafandrohung
nicht als Völkermord interpretiert werden dürfen; genauso ist es mit
umgekehrten inhaltlichen Vorzeichen in Frankreich, wo Leugnung dieses
Völkermordes strafbar sein soll. In einem solchen Klima ist freie
politische, wissenschaftliche und journalistische Betätigung erschwert
und von Fall zu Fall direkt bedroht. Die Tabuisierung von Debatten durch
richterliche Maßnahmen ist einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig.
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