Die Diskussion um die Abschaffung der
Wehrpflicht in Österreich zeigt deutlich, dass es hier keineswegs um
Modernisierung oder Verbesserung irgendeines Zustandes geht, sondern um
die Vorbereitung auf reibungslose Teilnahme österreichischer Männer und
Frauen an Angriffskriegen im Ausland.
hep. Nachdem Österreichs derzeitiger
Verteidigungsminister Norbert Darabos (SP) im Jahr 2010 seinen Genossen
noch vorgerechnet hatte, dass ein Berufsheer mindestens doppelt so viel
kosten würde wie das derzeitige System der österreichischen Wehrpflicht,
vollzog er im selben Jahr eine 180-Grad-Wende und begann für ein
«Profiheer» und die Abschaffung der Wehrpflicht zu werben. Seither
werden von seiten des Ministerbüros keine Kosten gescheut, diesen
Schwenk zu einer schnell einsetzbaren Söldnertruppe als alternativlos
hinzustellen.
Die ÖVP – zweite Regierungspartei in der grossen Koalition –, die in den vergangenen Jahrzehnten unermüdlich den Tod der Neutralität in der realen Politik beschworen, sich für einen Nato-Beitritt und für die Errichtung eines Berufsheers eingesetzt hatte, änderte nun ihren Standpunkt grundsätzlich und argumentiert nun hauptsächlich mit dem Kostenargument für die Erhaltung der Wehrpflicht.
Die ÖVP – zweite Regierungspartei in der grossen Koalition –, die in den vergangenen Jahrzehnten unermüdlich den Tod der Neutralität in der realen Politik beschworen, sich für einen Nato-Beitritt und für die Errichtung eines Berufsheers eingesetzt hatte, änderte nun ihren Standpunkt grundsätzlich und argumentiert nun hauptsächlich mit dem Kostenargument für die Erhaltung der Wehrpflicht.
Volksbefragung der Österreicher im Jänner 2013
Aus dieser Pattsituation soll nun eine Befragung der
Bevölkerung führen. Die beiden Regierungsparteien einigten sich darauf,
im Jänner 2013 das Volk zu befragen. Das Ergebnis soll bindend sein.
Am 20. Jänner 2013 werden allen wahlberechtigten Österreichern folgende Fragen gestellt:
»Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres? Oder sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?»
Die Antwortmöglichkeiten sind dementsprechend nicht «Ja» oder «Nein», sondern die Wähler machen ein Kreuzerl bei der bevorzugten Variante.
Am 20. Jänner 2013 werden allen wahlberechtigten Österreichern folgende Fragen gestellt:
»Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres? Oder sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?»
Die Antwortmöglichkeiten sind dementsprechend nicht «Ja» oder «Nein», sondern die Wähler machen ein Kreuzerl bei der bevorzugten Variante.
«Weil alle die Wehrpflicht aufgeben, werden auch wir dazu gedrängt»
Sich unhinterfragt nach angeblich aktuellen Trends
zu richten, ist im Leben wie in der Politik kein guter Kompass. Die
Argumente für die Abschaffung der Wehrpflicht und die Errichtung eines
Berufsheeres oder «Profiheeres», wie es neuerdings genannt wird, sind
schnell aufgezählt:
Erstens, die Wehrpflicht habe ausgedient und wäre im friedlichen Europa von heute nicht mehr begründbar, zweitens, wir bräuchten Profis, die mit den neuen Bedrohungsszenarien für Österreich, zum Beispiel Katastrophen, Terrorangriffe oder Cyber-Attacken umgehen könnten, und drittens, machen es ja alle so. Hier werden dann gerne Zahlen bemüht: Von 27 EU-Mitgliedsländern bestehen nur noch 5 auf ihrer Wehrpflicht (Finnland, Griechenland, Estland, Zypern und Österreich). Sogar «allianzfreie Länder» wie Schweden oder Irland haben schon auf ein sogenanntes Profiheer umgestellt.
Die vom Minister und seinen Beauftragten angestellten Berechnungen, dass ein Profiheer kostengünstiger wäre, wurden von sämtlichen Fachleuten widerlegt.
Die Wehrpflicht kann für einen aufgeklärten Demokraten nicht ausgedient haben, ausser der Traum würde wahr, und der gesamten Menschheit wäre es gelungen, alle Schwerter zu Pflugscharen gemacht zu haben. Die Armee eines demokratischen Staates, der verfassungsmässig festgeschrieben keine Angriffskriege führen darf, muss in der Bevölkerung verankert bleiben und sich auf die Schutz-, Vorsorge- und Verteidigungsaufgaben des eigenen Landes konzentrieren.
Ein Land, das sich in Kriege in anderen Ländern nicht einmischt, wird sich vor Terror nicht fürchten müssen. Einzig und allein die Teilnahme an internationalen Kampfeinsätzen in EU-Battle-Groups gefährdet die Bevölkerung in Österreich und am Einsatzort. Wirkliche Sicherheit gewährleistet die Stärkung eines neutralen Österreich.
Die Argumente sind fadenscheinig und manipulativ. Was ist also das Motiv für die Umstellung? Hier gibt der Präsident der Offiziersgesellschaft, Eduard Paulus, eine interessante Antwort: «Ein Berufsheer ist der Wunsch jener Kreise, die unbedingt im Ausland Krieg spielen wollen. Da gehören ja sogar die Grünen1 dazu. Und das können sie mit einem reinen Wehrpflichtigenheer natürlich nicht. Die wollen ein Berufsheer, weil sie dann keine Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen müssten.» (vgl. «Die Presse» vom 18.7.2010)
Erstens, die Wehrpflicht habe ausgedient und wäre im friedlichen Europa von heute nicht mehr begründbar, zweitens, wir bräuchten Profis, die mit den neuen Bedrohungsszenarien für Österreich, zum Beispiel Katastrophen, Terrorangriffe oder Cyber-Attacken umgehen könnten, und drittens, machen es ja alle so. Hier werden dann gerne Zahlen bemüht: Von 27 EU-Mitgliedsländern bestehen nur noch 5 auf ihrer Wehrpflicht (Finnland, Griechenland, Estland, Zypern und Österreich). Sogar «allianzfreie Länder» wie Schweden oder Irland haben schon auf ein sogenanntes Profiheer umgestellt.
Die vom Minister und seinen Beauftragten angestellten Berechnungen, dass ein Profiheer kostengünstiger wäre, wurden von sämtlichen Fachleuten widerlegt.
Die Wehrpflicht kann für einen aufgeklärten Demokraten nicht ausgedient haben, ausser der Traum würde wahr, und der gesamten Menschheit wäre es gelungen, alle Schwerter zu Pflugscharen gemacht zu haben. Die Armee eines demokratischen Staates, der verfassungsmässig festgeschrieben keine Angriffskriege führen darf, muss in der Bevölkerung verankert bleiben und sich auf die Schutz-, Vorsorge- und Verteidigungsaufgaben des eigenen Landes konzentrieren.
Ein Land, das sich in Kriege in anderen Ländern nicht einmischt, wird sich vor Terror nicht fürchten müssen. Einzig und allein die Teilnahme an internationalen Kampfeinsätzen in EU-Battle-Groups gefährdet die Bevölkerung in Österreich und am Einsatzort. Wirkliche Sicherheit gewährleistet die Stärkung eines neutralen Österreich.
Die Argumente sind fadenscheinig und manipulativ. Was ist also das Motiv für die Umstellung? Hier gibt der Präsident der Offiziersgesellschaft, Eduard Paulus, eine interessante Antwort: «Ein Berufsheer ist der Wunsch jener Kreise, die unbedingt im Ausland Krieg spielen wollen. Da gehören ja sogar die Grünen1 dazu. Und das können sie mit einem reinen Wehrpflichtigenheer natürlich nicht. Die wollen ein Berufsheer, weil sie dann keine Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen müssten.» (vgl. «Die Presse» vom 18.7.2010)
Handelswege freischiessen, gemeinsam mit der Nato
Den zweiten Teil der Antwort gibt der
Ex-SP-Finanzminister und Grossunternehmer Hannes Androsch. Androsch, der
von der SP-Führung kürzlich zum Leiter des «Komitees für ein Ende der
Wehrpflicht»2 ernannt wurde, sagt frei heraus, warum es ihm
so wichtig und so dringend mit der Abschaffung der Wehrpflicht und der
Einführung eines Berufsheers ist. Die Aufgabe eines Heeres habe sich
verändert, es «geht darum, im europäischen Verbund in Zusammenarbeit mit
der Nato einsatzbereit zu sein, die Rohstoff- und Energiequellen zu
verteidigen, die Transportwege, Seewege und Pipelines. Dazu kommen das
Flüchtlingsproblem, Terrorismus und Cyberwar.»3
Damit ist klar gesagt, dass die Beteiligung an Kriegen um Rohstoffe und Handelswege der Grund für das «Kriegsspielen im Ausland» ist. Das sind keine «Friedensmissionen», die hier für unsere jungen Männer und Frauen in unserem neuen «Profiheer» vorgesehen sind.
Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Aussagen von Minister Darabos einordnen: «Die konventionelle Landesverteidigung steht für das österreichische Bundesheer nicht mehr an erster Stelle. Heute stehen rund 1500 österreichische Soldatinnen und Soldaten im Auslandeinsatz. Seit Bestehen des Bundesheeres waren es noch nie so viele.» (OTS-Originaltext vom 11.5.2012)
Damit ist klar gesagt, dass die Beteiligung an Kriegen um Rohstoffe und Handelswege der Grund für das «Kriegsspielen im Ausland» ist. Das sind keine «Friedensmissionen», die hier für unsere jungen Männer und Frauen in unserem neuen «Profiheer» vorgesehen sind.
Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Aussagen von Minister Darabos einordnen: «Die konventionelle Landesverteidigung steht für das österreichische Bundesheer nicht mehr an erster Stelle. Heute stehen rund 1500 österreichische Soldatinnen und Soldaten im Auslandeinsatz. Seit Bestehen des Bundesheeres waren es noch nie so viele.» (OTS-Originaltext vom 11.5.2012)
Neue Anschlusspolitik an Deutschland geplant?
Nun wird auch klar, warum Darabos so drängt, die
Aufgabengebiete der EU-Battle-Group, an der sich Österreich seit 2011
beteiligt, auszubauen. Erst vergangene Woche schlug der österreichische
Verteidigungsminister laut Aussendung des Verteidigungsministeriums bei
einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Nikosia vor, die
Kampftruppen «als taktische Reserve für bestehende EU-Missionen
vorzuhalten». So könnte die Battle-Group etwa in Bosnien-Herzegowina
eingreifen, «falls sich die Sicherheitslage verschlechtert».
(OTS-Originaltext vom 27. September)
Ein Anliegen, das er mit dem designierten Leiter des EU-Militärstabs, dem österreichischen Generalmajor Wolfgang Wosolsobe, teilt: «Wir setzen uns dafür ein, die Truppe vielseitiger einsetzbar zu machen.» («Die Presse» vom 11. Mai) und «Die Battle-Group ist ein wichtiges Instrument, mit dem die EU im internationalen Krisenmanagement jederzeit planen kann.» (OTS-Originaltext vom 11. Mai)
Ab dem 1. Juli 2012 übernahm das österreichische Bundesheer logistische Führungsaufgaben in einer solchen Battle-Group. Das österreichische Heer stellt etwa 350 Soldaten in einer gepanzerten Transportkompanie, die mit Kroaten, Iren, Mazedoniern zusammenarbeiten und sich derzeit unter der Führung Deutschlands bereithalten, innerhalb von fünf Tagen in sämtlichen Krisengebieten einsatzbereit zu sein. Für 2016 ist die nächste Teilnahme Österreichs an den Kampftruppen gemeinsam mit Deutschland geplant.
Ein Anliegen, das er mit dem designierten Leiter des EU-Militärstabs, dem österreichischen Generalmajor Wolfgang Wosolsobe, teilt: «Wir setzen uns dafür ein, die Truppe vielseitiger einsetzbar zu machen.» («Die Presse» vom 11. Mai) und «Die Battle-Group ist ein wichtiges Instrument, mit dem die EU im internationalen Krisenmanagement jederzeit planen kann.» (OTS-Originaltext vom 11. Mai)
Ab dem 1. Juli 2012 übernahm das österreichische Bundesheer logistische Führungsaufgaben in einer solchen Battle-Group. Das österreichische Heer stellt etwa 350 Soldaten in einer gepanzerten Transportkompanie, die mit Kroaten, Iren, Mazedoniern zusammenarbeiten und sich derzeit unter der Führung Deutschlands bereithalten, innerhalb von fünf Tagen in sämtlichen Krisengebieten einsatzbereit zu sein. Für 2016 ist die nächste Teilnahme Österreichs an den Kampftruppen gemeinsam mit Deutschland geplant.
Österreich übt brav – «Combined Endeavor 2012»
Zwischen dem 7. und 20. September fand auf dem
US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Deutschland die weltweit grösste
Militärübung im Bereich Kommunikation («Interoperabilität») der Welt
statt. Das österreichische Bundesheer stellte heuer 26 der 1400 Soldaten
und Zivilpersonen aus 40 Nato- und PfP-Ländern. Laut offizieller
Stellungnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung dient diese
Übung in erster Linie der multinationalen Zusammenarbeit mit
unterschiedlichen Kommunikationssystemen, die «vor allem bei
Auslandeinsätzen wesentlich zur Sicherheit der Soldaten beitragen.»
Finanziert wird diese Übung von Eucom, dem United States European
Command, einem zentralen Nato-Kommando in Europa. «Die wichtigste
Aufgabe des United States European Command in seiner Unterstützung der
Nato besteht darin, kampfbereite Truppen zur Unterstützung der
US-Beiträge für das Nato-Bündnis zur Verfügung zu stellen […].»4
Österreich hat eine andere Tradition und hätte wichtige Aufgaben
Wir sind nicht weltfremd, wenn wir heute ungeachtet
des medial gemachten Trends Krieg als Mittel der Politik ablehnen und
Gewalt höchstens zum Zweck der Verteidigung für legitim erachten.
Genausowenig weltfremd sind wir, wenn wir wieder ein Österreich wollen,
das sich auf seine Rolle als neutraler Staat in der Weltgemeinschaft
besinnt, aus Militärbündnissen eben wieder aussteigt und sich auf
politische Vermittlung und aktive Unterstützung bei Verhandlungen
konzentriert. •
1 Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen,
fordert zum Beispiel die sofortige Einstellung der Wehrpflicht und will
ein effektives Bundesheer, das man regelmässig in den Auslandeinsatz
schicken kann.
2 Personenkomitee «Unser Heer», www.personenkomiteeunserheer.at, abgerufen am 28.9.2012
3 Tageszeitung «Österreich» vom 7.9.2012
4 U.S. European Command, Globalsecurity.org, Stand 6.11.2008. Zitiert, in: Wagner, Jürgen: Das Eucom in Stuttgart Vaihingen – Multifunktionaler Kriegsstützpunkt. http://imi-online.de/download/JW-EUCOM.pdf
Quelle: Zeit.Fragen
2 Personenkomitee «Unser Heer», www.personenkomiteeunserheer.at, abgerufen am 28.9.2012
3 Tageszeitung «Österreich» vom 7.9.2012
4 U.S. European Command, Globalsecurity.org, Stand 6.11.2008. Zitiert, in: Wagner, Jürgen: Das Eucom in Stuttgart Vaihingen – Multifunktionaler Kriegsstützpunkt. http://imi-online.de/download/JW-EUCOM.pdf
Quelle: Zeit.Fragen
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