2014-09-20

Neu: Kirche gegen die anglo-amerikanische EU-"Religion" Freihandel

Endlich auch von klerikaler Seite eine Stimme gegen die EU-Verträge:

Schönborn in Sorge wegen des Freihandelsabkommens TTIP:
Wiener Erzbischof in "Heute"-Freitagskolumne: Freier Markt darf nicht oberstes Gesetz sein, Menschen wichtiger als Konzerne

Bedenken zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP hat Kardinal Christoph Schönborn in der Tageszeitung "Heute" geäußert. Als Österreicher und Europäer bereite ihm die Richtung des derzeit verhandelten Wirtschaftspaktes zwischen der EU und den USA Sorge, da das Wohl der Menschen "vor den großen Gewinnen der Konzerne" gehen müsse. "Der freie Markt darf nicht das oberste Gesetz sein", so der Wiener Erzbischof. Den Staat erinnerte Schönborn diesbezüglich an seine "Regulierungspflicht".

"Nah und frisch? Ja, natürlich!", hatte der Kardinal als Titel seiner Freitags-Kolumne "Antworten" gewählt, was er nicht als "Werbeeinschaltung für Lebensmittelketten" verstanden wissen wolle, wohl aber als Plädoyer für regionale Produkte. Oft stelle er sich Fragen wie: "Wie viele Kilometer hat ein Produkt zurückgelegt, bis es auf meinen Teller kommt? Wie naturnahe ist die Erzeugung unserer Nahrungsmittel? Wie krisensicher ist ein Lebensmittelmarkt, wenn er immer mehr von Handelswegen rund um den Globus abhängig ist, ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt?"

Argumentierten Befürworter des Freihandelsabkommens auch mit wachsenden wirtschaftlichen Chancen und Arbeitsplätzen, stehe dem doch die Angst vieler vor sinkenden Sozial- und Umweltstandards in allen Lebensbereichen gegenüber, so der Erzbischof. "Es droht die Verdrängung unserer heimischen Lebensmittel durch mächtige ausländische Agrarkonzerne." Der Staat müsse regulierend eingreifen, denn es sei "nur die halbe Wahrheit", allein den Konsumenten dafür verantwortlich zu machen, umweltbewusst einzukaufen und heimische Produkte solchen aus Übersee vorzuziehen oder bei diesen auf "Fairtrade" zu achten.


(Quelle: Kathweb.at)

Das EU-Grundlagenrecht verpflichtet die Mitgliedsstaaten nicht nur nach innen zu einer „offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ sondern fordert auch nach außen den „Abbau internationaler Handelshemmnisse“ (Art. 21, VEU), die „Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen“ (Art. 206, VAEU). Die Mitbestimmungsrechte der nationalen Parlamente bei Freihandelsverträgen wurden durch den Lissabon-Vertrag stark eingeschränkt. Das Mandat für die Aushandlung von Freihandelsverträgen liegt ausschließlich bei der EU-Kommission, die aufs engste mit den großen EU-Konzernen und ihren Lobbyisten verbunden ist und zu den entschiedensten Verfechtern einer aggressiven neoliberalen Außenwirtschaftspolitik zählt. Entsprechend intransparent werden diese Verträge – siehe TTIP, TISA, CETA & Co – hinter verschlossenen Türen ausgemauschelt, so die Solidar-Werkstatt.
Da ist zu applaudieren! Haben doch alle, die Verantwortung in Österreich trugen die Österreicher in die EU geredet:
 Auch die Kirche stand um nichts nach:
 Wenn sich die Mächtigen, sagen wir in Österreich, auf keine Kirche stützen könnten, wären sie auch heute noch wackelige Mächtige. "Ich glaube", sagt A. Khol, Klubobmann der ÖVP, daß wir die Kirche für diesen Staat, alle Kirchen für diesen Staat brauchen ." (ORF-Pressestunde, 21.5.95) Jeder Pfarrer erspart sozusagen fünfundzwanzig Polizisten. Und jeder Bischof hält ein ganzes Bundesland ruhig. Nachdem bereits das "EG-Informationskonzept" der ÖVP dem Klerus eine wichtige Rolle bei der Abwicklung des Anschluß-Manövers zuweist (Profil, 8.2.93) und der Generalsekretär der Industriellenvereinigung selbst den Wiener Erzbischof zu einer Stellungnahme zugunsten des EU-Komplotts drängt (Lucian O. Meysels: ‘Unheilige Allianzen', 1995), fordert Andreas Khol über die Medien eine Erklärung der Bischofskonferenz ein mit der Aussage: "Die Europäische Union ist das zukünftige Europa (...). Österreichs Christen sollen dazu ja sagen." (TT, 30.8.93) Weil auch der Klerus ohne diesen Staat ein wackeliger Klerus wäre, versprach der Wiener Weihbischof Schönborn gleich tags darauf eine Stellungnahme der Bischöfe. Er stellte in Aussicht, daß die zu erwartende Erklärung "vernünftigerweise ein Ja zur Europäischen Union nahelegt". (Presse, 31.8.93)
Ja sagen sie überhaupt gerne. Der Kärntner Bischof Kapellari sagte seinerzeit in Zeitungsinseraten "Ja zur EXPO", sein Kollege, Militärbischof A. Kostelecky, sagte 1991 Ja zum Transport jener US-"Bergepanzer" durch Österreich, die dann in der irakischen Sandwüste Tausende von Menschen bei lebendigem Leibe eingebaggert haben (NZZ, 14.9.91). Und so hat die österreichische Kirchenführung die Geschäfte der Herrschenden schon das ganze Jahrhundert herauf reichlich mit ihrem Segen bedacht. Es war bestimmt nie zu ihrem Nachteil, bloß fast immer zum Nachteil ihrer Anhänger. Die Bischöfe sagten Ja zur Monarchie ("von der göttlichen Vorsehung auf den Thron gesetzt"), Ja zum Weltkrieg ("unserem Friedenskaiser aufgezwungen"), Ja zur Ersten Republik ("Herrschaft des christlichen Volkes"), Ja zur Zerstörung derselben durch den autoritären Ständestaat ("jedes Reich braucht notwendig einen Führer") und schließlich Ja zur Besetzung Österreichs und zum Anschluß an Nazideutschland: "Wir erkennen freudig an, daß die nationalsozialistische Bewegung ... Hervorragendes geleistet hat und leistet. Am Tage der Volksabstimmung ist es für uns Bischöfe selbstverständliche nationale Pflicht, uns als Deutsche zum Deutschen Reich zu bekennen, und wir erwarten auch von allen gläubigen Christen, daß sie wissen, was sie ihrem Volke schuldig sind." Durch ihre Anpassungsfähigkeit an jede neue Situation hat die Kirche über alle von ihr mitverschuldeten Katastrophen hinweg ihre Pfründe gesichert.
Wer diese Geschichte kennt, konnte von vorne herein unfehlbar davon ausgehen, daß die Bischöfe bereit sein würden, im geforderten EU-Anschluß den Willen Gottes zu erkennen. Nach erfolgreich verhandeltem Ablaß, versteht sich. Und der ging so: Der Regierung wurde ein "Lex Kirche" (TT, 24.3.93) abverhandelt. "Was steht im Gesetz geschrieben?" (Luk. 10,26) Im neuen österreichischen Meldegesetz steht geschrieben, "daß das Religionsbekenntnis künftig auf dem Meldeschein bekanntgegeben wird" (Kurier, 4.11 93) , für die Kirche eine unschätzbare Datenbasis zur Einhebung von mehr als vier Milliarden Schilling an Kirchenbeiträgen. In derselben Pressekonferenz schließlich, in der die Bischöfe feierlich ihre Ja-Empfehlung vorstellten, forderten sie das Parlament auf, jetzt auch den oben geschilderten Handel mit Beschluß zu sanktionieren. (Kurier, 26.3.94). In dieser Deutlichkeit hätten wir das gar nicht mehr nötig gehabt.
Am Sonntag vor der sogenannten Volksabstimmung verkündete Kardinal König in der Kronenzeitung über zwei Seiten hinweg: "Ich bete für Europa" und gebot den Leserinnen und Lesern: "Zur Abstimmung gehen und mit ‘Ja' stimmen". Der Pfarrer von Jerzens im Pitztal ließ seine Schäfchen am selben Tag in der Kirche wissen: "Am nächsten Sonntag findet keine Hl. Messe statt, da ich schnell nach Deutschland fahre, um einen kranken Freund zu besuchen. Natürlich nachdem ich meine Stimme für Europa, mein Ja zur EU, abgegeben habe!" (Rundschau, 7.6.94) Und Fernsehpater Paterno grinste in dieser Zeit von Millionen bezahlter Zeitungsseiten herunter: "Ich gehe zur Abstimmung und stimme mit Ja." Weil die Menschen mit tatkräftiger Unterstützung des Staates von ihrem ersten Quäken an auf kirchliche Autoritäten abgerichtet werden, sind sie immer wieder zum größten Teil schutzlos ihren Vorbetern ausgeliefert. Das wissen sich die Herrschenden zunutze zu machen. Die Salzburger PR-Agentur "IKP - Institut für Kommunikations-Planung" hatte da die Idee, die besonders katholischen Bauern, die sich nicht wie Schafe zur EU-Schlachtbank führen lassen wollten, mit Hilfe ihrer Oberhirten doch noch zu schnappen. Im Auftrag der Industriellenvereinigung bastelte die Agentur aus einem Foto aus der Schublade, Ausschnitten aus der erwähnten Erklärung der Bischofskonferenz und einem selbstgetexteten Aufruf untenstehendes Inserat zusammen und schaltete es ganzseitig in sämtlichen österreichischen Bauernzeitungen in der jeweils letzten Ausgabe vor der Abstimmung. Damit dieser Coup gelingen konnte, hatte es freilich der Zustimmung der von den Bauern bezahlten Redakteure zum Abdruck der Anzeige bedurft und zumindest der stillschweigenden Duldung durch die Bischöfe. Beides kein Problem. Welcher unentschlossene Leser vermochte sich da noch bei seiner Entscheidung der vom Großkapital so geschickt ins Spiel gebrachten Unfehlbarkeit des Papstes zu widersetzen? Den möcht' ich kennen.


Es ist noch nicht zu spät, Hr. Schönborn, bewerben Sie das neue EU-Austritts-Volksbegehren!

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