Artikel 23j.
(1) Österreich wirkt an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
der Europäischen Union auf Grund des Titels V Kapitel 1 und 2 des
Vertrags über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von
Lissabon mit, der in Art. 3 Abs. 5 und in Art. 21 Abs. 1 insbesondere
die Wahrung beziehungsweise Achtung der Grundsätze der Charta der
Vereinten Nationen vorsieht. Dies schließt die Mitwirkung an Aufgaben
gemäß Art. 43 Abs. 1 dieses Vertrags sowie an Maßnahmen ein, mit denen
die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren
Drittländern ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt
werden. Auf Beschlüsse des Europäischen Rates über eine gemeinsame
Verteidigung ist Art. 50 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden.
(2)
Für Beschlüsse im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
der Europäischen Union auf Grund des Titels V Kapitel 2 des Vertrags
über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon gilt
Art. 23e Abs. 3 sinngemäß.
(3) Bei
Beschlüssen über die Einleitung einer Mission außerhalb der Europäischen
Union, die Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung,
Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens oder
Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden
schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach
Konflikten umfasst, sowie bei Beschlüssen gemäß Art. 42 Abs. 2 des
Vertrags über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von
Lissabon betreffend die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen
Verteidigungspolitik ist das Stimmrecht im Einvernehmen zwischen dem
Bundeskanzler und dem für auswärtige Angelegenheiten zuständigen
Bundesminister auszuüben.
(4) Eine
Zustimmung zu Maßnahmen gemäß Abs. 3 darf, wenn der zu fassende
Beschluss eine Verpflichtung Österreichs zur Entsendung von Einheiten
oder einzelnen Personen bewirken würde, nur unter dem Vorbehalt gegeben
werden, dass es diesbezüglich noch der Durchführung des für die
Entsendung von Einheiten oder einzelnen Personen in das Ausland
verfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahrens bedarf.
Aus der Verfassungsklage Österreich:
Dem Bundesheer obliegt die militärische
Landesverteidigung (Art. 79 Abs. 1 B-VG). Nach Art. 23f B-VG wirkt
Österreich an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der
Europäischen Union aufgrund des Titels V des Vertrages über die Europäische
Union nach näherer Regelung dieser Vorschrift mit. Dazu gehören auch
„Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung, einschließlich friedensichernder
Maßnahmen“ (Abs. 3). Absatz 3 dieser Vorschrift erlaubt den Einsatz des
Bundesheeres außer zur Landesverteidigung nur, soweit dies durch
Bundes-Verfassungsgesetz geregelt ist. Kampfeinsätze zur
Krisenbewältigung gegen andere Völker und Staaten sind gegebenenfalls militärische
Angriffe, auch wenn sie als humanitäre Interventionen zu rechtfertigen
versucht werden710.
Der Vertrag von Lissabon regelt im Abschnitt 2 Kapitel 2 des Titels 5 des Vertrages
über die Europäische Union über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik,
die in die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik integriert
ist, „Missionen“, also Interventionen auf dem Gebiet anderer Staaten, die
auch Kriege gegen andere Staaten sein können. Art. 28b (43) Abs. 1 EUV stellt
das klar. Er lautet:
„Die in Artikel 28a Abs. 1
vorgesehenen Missionen, bei deren Durchführung die Union auf zivile und militärische Mittel
zurückgreifen kann, umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der
militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze
im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen
und Operationen zur Stabilisierung
der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus beigetragen werden, unter
anderem auch durch die Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem
Hoheitsgebiet.“
Mit dieser Regelung gibt sich die Europäische Union ein begrenztes ius ad bellum.
Sie umfaßt auch Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich
friedensschaffender Maßnahmen, Operationen zur Stabilisierung der
Lage nach Konflikten. Das ist eine Umschreibung von Kriegen. Missionen
können zur Bekämpfung des Terrorismus durchgeführt werden, auch um
Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet zu
unterstützen. Auch das soll nach dem Vertrag von Lissabon Kriege rechtfertigen,
jedenfalls militärischen, also kriegerischen Beistand. Terrorismus ist ein
schwer definierbarer Begriff711. Mit
dem Begriff des Terrorismus in einem Drittland läßt sich der Einmarsch in
dieses Drittland und die Besetzung des Drittlandes rechtfertigen. Die
gegenwärtige Politik der Vereinigten Staaten von Amerika und die
völkerrechtliche Debatte, welche diese Politik auf sich gezogen
hat, geben Anschauungsmaterial und Argumentationsgrundlagen. Diese
Friedenspolitik genannte Außen- und Sicherheitspolitik hat sich offen von dem
Nachkriegsparadigma des Gewaltverbots (Art. 2 Abs. 1 Charta der Vereinten
Nationen) gelöst. Weltmächte und Großmächte fühlen sich für den äußeren Frieden unter anderen Staat, aber auch für den inneren Frieden in
anderen Staaten verantwortlich. Das stellt die Gleichheit und Unabhängigkeit der
Staaten, die Grundlage der Charta der Vereinten Nationen ist, in Frage712. Mit den
Artikeln 28a bis e (42-46) EUV schafft der Verfassungsvertrag die rechtlichen
Voraussetzungen anstelle der Vereinigten Staaten von Amerika als
Groß- oder Weltmacht zu agieren. Die militärische Aufrüstung, die in Art. 28a (42)
Abs. 3 UAbs. 2 S. 1 und Art. 28d (45) EUV angelegt ist, zielt auf diese
Entwicklung. Durch die Integration in die Europäische Union hat sich der
außen- und sicherheitspolitische Status Österreichs entgegen dem Bekenntnis
„immerwährender Neutralität“ (Art. 9a Abs. 1 S. 1 B-VG) grundlegend
verändert und verändert sich durch den Vertrag von Lissabon weiter. Das ist
ein Paradigmenwechsel österreichischer Politik von existentieller Relevanz,
welche mit dem Baugesetz immerwährender Neutralität Österreichs unvereinbar
ist.
1 Kommentar:
danke dafür, dass sie sich in diesen zeiten zum ganz wichtigen thema "neutralität" äussern!!!
den "normalbürgern" fehlt leider im allgemeinen die politische bildung, um diese wichtigen dinge zu durchschauen, müssen den politikern vertrauen, nur genau dieses vertrauen ist schon lange nicht mehr gegeben!
wir müssen alle viel dazulernen und uns ALLE auf die füsse stellen! JETZT!
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