2013-02-28

Verfassungswidrigkeit der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union




1. Die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union ist mit der Bundesverfassung
unvereinbar. Sie verletzt die unabänderlichen Strukturprinzipien Österreichs, nämlich das demokratische
Prinzip, das Rechtsstaatsprinzip, das Sozial(staats)prinzip und das Bundesstaatsprinzip,
die nicht zur Disposition der Politik, auch nicht der des Bundesvolkes stehen, weil das
die Freiheit und Gleichheit, aber auch die Brüderlichkeit/Solidarität der Österreicher aufheben
würde, also die Verfassung, die mit dem Menschen geboren ist.
2. Das Bundesverfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, dem
die Österreicher am 12. Juni 1994 zugestimmt haben, konnte die Bundesverfassung rechtens
nicht ändern. Eine Änderung der Strukturprinzipien und Baugesetze der Bundesverfassung hat
nicht zur Abstimmung gestanden. Es ist nur über den Beitritt zur Europäischen Union entschieden
worden, aber nicht einem Beitritt zugestimmt worden, der die unabänderlichen Strukturprinzipien
der Österreichischen Republik mißachtet. Der Beitrittsvertrag Österreichs vom 26.
April 1994, der am 1. Januar 1995 wirksam wurde, ist somit rechtswidrig und nichtig. Die weitere
Integrationspolitik Österreichs hat das Unrecht nicht geheilt. Der Vertrag von Lissabon
führt zu weiteren Verletzungen der unabänderlichen Strukturprinzipien und Baugesetze, vor allem
des demokratischen Prinzips.
3. Nach dem demokratischen Prinzip darf die Republik Österreich ihre existentielle Staatlichkeit
oder existentielle Aufgaben und Befugnisse des Staates nicht auf eine Europäische Union
übertragen, die keine eigenständige demokratische Legitimation und keine originäre Hoheitsgewalt
hat. Die Gründung des existentiellen Unionsstaates aber setzt eine sich dafür öffnende neue
Verfassung Österreichs voraus, die nur durch Referendum des Österreichischen Volkes gegeben
werden kann.
4. Die Politische Klasse akklamiert ohne ernsthaften Diskurs der Staatswerdung Europas und
versucht die Öffentlichkeit durch Propaganda und medienwirksame Feierlichkeiten zu beruhigen.
Ohne hinreichenden Diskurs in der Öffentlichkeit und insbesondere in den Parlamenten des
Bundes und der Länder ist die europäische Staatsgründung demokratiewidrig, nicht anders als
der Unionsstaat, der gegründet werden soll.
5. Als vertraglicher Bundesstaat ist die Europäische Union mit Aufgaben und Befugnissen eines
existentiellen Staates ausgestattet, ohne daß diese durch ein Europäisches Volk, das sich zu
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einem existentiellen Staat verfaßt hat, legitimiert wird. Die Völker der Mitgliedstaaten können
die gemeinschaftliche Ausübung der übertragenen Hoheitsrechte nur legitimieren, wenn das
Prinzip der begrenzten Ermächtigung eingehalten wird. Allein dieses Prinzip ermöglicht die
demokratische Verantwortbarkeit der Unionspolitik durch die nationalen Parlamente. Die darüber
hinaus gehenden weiten und offenen Ermächtigungen der Union mißachten das demokratische
Prinzip der Republik Österreich auch insoweit, als dieses Prinzip in einem Gemeinwesen
der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit unabänderlich ist.
6. Die Wirtschafts- und Währungsunion hat in der Europäischen Union eine neoliberale Wirtschaftsverfassung
der Märkte und des Wettbewerbs geschaffen. Die damit verbundene Entstaatlichung
ist mit dem Sozialprinzip, zumal mit dessen Prinzip der wirtschaftlichen Stabilität, das
die Pflicht zur wirksamen Beschäftigungspolitik einschließt, unvereinbar. Auch das Sozial(
staats)prinzip ist in Österreich, obwohl es nicht explizit im Bundesverfassungsgesetz genannt
ist, ein unabänderliches Strukturprinzip. Aufgrund der Grundfreiheiten (Warenverkehrs-,
Dienstleistungs-, Niederlassungs-, Kapitalverkehrsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit) hat
der Gerichtshof der Europäischen Union die Deregulierung der mitgliedstaatlichen Wirtschaftordnungen
erzwungen. Seine Judikatur hat die Wirtschaft den europäischen und global integrierten
Märkten und dem räumlich, sachlich und vor allem ethisch entgrenzten Wettbewerb überantwortet.
Sie läßt der staatlichen Beschäftigungspolitik entgegen dem Stabilitätsprinzip der
Bundesverfassung (gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht) keine wirkliche Chance. Insbesondere
die Kapitalverkehrsfreiheit führt zum Niedergang des Wirtschaftsstandortes Österreichs, aber
auch anderer Mitgliedstaaten, vor allem Deutschlands. Die Finanzmarktkrise hat jedem die verheerenden
Wirkungen des demokratiewidrigen globalen Kapitalismus vor Augen geführt.
7. Die Haushaltskontrolle der Union ist mit der demokratischen Budgetverantwortung des nationalen
Parlaments, welche untrennbar mit der Wirtschaftshoheit des existentiellen Staates verbunden
ist, nicht vereinbar.
8. Europäischer Rat und Rat bestimmen die Grundzüge der Wirtschaftspolitik auch Österreichs
gemäß der Wirtschaftsverfassung der Union, aber zu Lasten der österreichischen Wirtschaftsverfassung
und, soweit das geboten erscheint, auch zu Lasten der österreichischen Wirtschaftsinteressen.
Diese Grundzüge sind die Grundlage der multinationalen Überwachung der
Wirtschaftspolitik.
9. Das Herkunftslandsprinzip/das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der nationalen
Rechtsordnungen entdemokratisiert weitgehend die Lebensverhältnisse der Mitgliedstaaten, etwa
im Lebensmittelrecht, im Dienstleistungs- und Arbeitsrecht, weil nicht die eigenen Gesetze
des Bestimmungslandes, sondern die des Herkunftslandes maßgeblich (geworden) sind.
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10. Der demokratisch in keiner Weise legitimierte Gerichtshof der Europäischen Union versteht
sich als Motor der Integration. Er hat die Rechtsprechung in Grundsatz-, insbesondere in
Grundrechtefragen mittels der von ihm durchgesetzten unmittelbaren und vorrangigen Anwendbarkeit
des Unionsrechts, aber auch durch die Umwandlung der Grundfreiheiten in grundrechtsgleiche
subjektive Rechte an sich gezogen (usurpiert) und die nationale Verantwortung für das
Recht entwertet. Er hat damit auch die nationale Politik entmachtet. Auf den Vorrang des gesamten
Unionsrechts, einschließlich des sekundären und tertiären Unionsrechts, vor dem gesamten
Recht der Mitgliedstaaten, sogar vor deren Verfassungsgesetzen, weist die 17. Erklärung
zum Vertrag von Lissabon ausdrücklich in. Sie ist ständige Praxis des Gerichtshofs seit 1963.
Das widerspricht dem Maastricht-Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts und ist mit
der existentiellen Staatlichkeit der Mitgliedstaaten unvereinbar.
11. Der Grundrechteschutz gegenüber den Rechtsakten der Union läuft, seit der Gerichtshof
der Europäischen Union die Grundrechteverantwortung hat, weitestgehend leer. Der Gerichtshof
hat nicht einen einzigen Rechtsetzungsakt der Union für grundrechtewidrig erklärt. Der Vorbehalt
des deutschen Bundesverfassungsgerichts, daß der Wesensgehalt der Grundrechte im allgemeinen
unangetastet bleiben müsse, ist praktisch ohne Bedeutung.
12. Der Grundrechteschutz ist in schlechte Hände geraten, weil der Gerichtshof der Europäischen
Union für den Grundrechteschutz weder demokratisch legitimiert ist noch die erforderlichen
Kenntnisse der nationalen Rechtsordnungen hat, um den Rechten der Menschen Schutz zu
geben. Die Europäische Grundrechtecharta schwächt den Grundrechteschutz. Die Sozialpflichtigkeit
des Eigentums steht genauso wenig in der Charta wie ein Recht auf Arbeit. Die Medienfreiheit
etwa ist nur zu achten, die Lehrfreiheit ist nicht genannt, u.a.m.
13. Die Grundrechtecharta erlaubt für den Kriegsfall und den Fall unmittelbarer Kriegsgefahr
die Todesstrafe. Diese kann nach den verteidigungspolitischen Ermächtigungen auch von der
Union eingeführt werden. Um einen „Aufruhr“ oder „Aufstand“ „rechtmäßig niederzuschlagen“,
darf trotz des Rechts auf Leben getötet werden.
14. Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist ein existentielles Staatsgebiet.
Dessen Sicherheit zu gewährleisten übernimmt mehr und mehr die Europäische Union, ohne das
wirklich leisten zu können. Die Europäische Staatsanwaltschaft und der Europäische Haftbefehl
greifen tief in die nationale Strafhoheit ein. Die Union soll nach dem Vertrag von Lissabon in
den wichtigsten Bereichen auch Strafvorschriften vorschreiben können.
15. Die Mitgliedstaaten verlieren durch Integration der Streitkräfte in die Gemeinsame Verteidigung
weitgehend die Verteidigungshoheit. Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung,
Konfliktbewältigung und Stärkung der internationalen Sicherheit können und werden
Kriege sein, zumal die Missionen den Terrorismus auch in Drittländern bekämpfen können sol4
len. Eine (humanitäre) Intervention dieser Art ist durch das völkerrechtliche Gewaltverbot untersagt.
Die Union aber spricht sich das Recht zum Kriege zu. Die Neutralität Österreichs wird
auf bewaffnete Angriffe auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates beschränkt und damit weitestgehend
obsolet.
16. Die finanzpolitische Generalklausel des Art. 311 AEUV ermöglicht es der Union, europäische
Steuern zu erheben oder weitere Kategorien der Mittelbeschaffung einzuführen, ohne daß
die nationalen Parlamente dem zustimmen müßten. Im vereinfachten Änderungsverfahren des
Art. 48 Abs. 6 EUV ist der Europäische Rat ermächtigt, den Kern der Verfassung, nämlich alle
Regelungen des Dritten Teils des Vertrages über die Arbeitsweise der Union (AEUV), der den
Binnenmarkt, die Wirtschafts- und Währungsunion, die Beschäftigungs- und Sozialunion, den
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und die meisten anderen Politikbereiche umfaßt,
ganz oder zum Teil zu ändern, ohne daß die nationalen Parlamente oder gar Völker dem
zustimmen müßten. Auch das Europäische Parlament und die Kommission sind nur anzuhören.
Zwar dürfen die Zuständigkeiten der Union nicht überschritten werden, aber diese Zuständigkeiten
sind in Art. 3 bis 6 AEUV äußerst weit gefaßt. Für die mitgliedstaatliche Zustimmung genügt
die der Bundesregierung, weil der Beschluß des Europäischen Rates kein Staatsvertrag ist,
wie ihn Art. 50 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 4 B-VG (jetzt) voraussetzt.
17. Ausblick: Neue Staatsverträge müssen ein europäisches Europa schaffen, das demokratische,
rechtsstaatlich und sozial ist, das die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen
und Völker wahrt, das die Europäische Union nicht zu einem zentralistischen Einheitsstaat entwickelt,
sondern eine Bundesstaatlichkeit wahrt, in der die Völker selbst über ihr Schicksal bestimmten.
Insbesondere muß die Wirtschaftsverfassung sozial werden, so daß die Menschen
nicht weiter ausgebeutet werden können. Die gegenwärtige Union ist so organisiert, daß sie zur
Diktatur entarten kann. Nur in einer Republik der Republiken können die Europäer frei und europäisch
leben.
18. Der Verfassungsgerichtshof ist aufgerufen, dem Recht der Österreicher zum Siege zu verhelfen.
Er muß der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, der Demokratie, dem Rechtsstaat und
dem Sozialstaat, aber auch dem Bundesstaat Rechtsschutz geben. Wenn er die Verfassungswidrigkeit
der Integrationsverträge festgestellt hat, kann er der Politik zwei Jahre Zeit einräumen
um zu neuen Verträgen mit der Europäischen Union zu finden. Sonst muß Österreich aus der
Union ausscheiden.

Wien, 23. Oktober 2008
Prof. Dr. iur. K. A. Schachtschneider

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