Einige Schriften:
Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Grenzen
Demokratie
braucht Ressourcenneutralität
und
Bevölkerungsautonomie
Hans P. Aubauer
Feldkirch, am 6. September
2009
Ressourcenneutralität meint, kein Ressourcenverbrauch auf
Kosten anderer Länder. Bevölkerungsautonomie meint, keine Geburtenraten auf
Kosten anderer Länder. Denn die Freiheit zur demokratischen Selbstbestimmung
darf nicht dieselbe Freiheit anderer Länder einschränken. Insbesondere darf
keinem Land die Verfügungsgewalt über seine eigenen Ressourcen, seine Nahrung,
Energie, Rohstoffe entrissen werden. Sie sind die natürliche Existenzgrundlage.
Kein Land darf enteignet werden, gezwungen werden, seine Leben spendenden Ressourcen
auszuführen, außer gegen gleichwertige Ressourceneinfuhren. Daraus folgt aber die
Unverträglichkeit eines Überschusses von Ressourceneinfuhren mit demokratischer
Freiheit.
Die Ressourcenneutralität
20% der Weltbevölkerung verbrauchen
88% der Naturressourcen, produzieren 75% der Schadstoffe und Abfall, gewinnen
daraus 85% des Einkommens und Geldes mit dem sie die 88% der Ressourcen kaufen.
Dass die Reichen die Ressourcen der Armen bestenfalls
mit dem Geld erwerben, das sie aus der Ressourcenverwertung gewinnen, genügt
nicht als Rechtfertigung für diesen Raub an Lebenschancen. Denn ihrer
natürlichen Existenzmöglichkeiten beraubt, geraten die Ressourcengeberländer in
Not, Elend und hohe Geburtenraten. Die Bevölkerung wächst schneller, als die
Wirtschaft wachsen kann. Damit steigt die Armut und dies beschleunigt das hohe Bevölkerungswachstum.
Beide schaukeln einander gegenseitig hoch (eine „Malthus Falle“, im Internet unter:
„malthusian trap“). Als verzweifelter Ausweg erscheint eine Einwanderung in
reiche Länder, wodurch aber nicht nur der Wohlstand, sondern auch der Ressourcenverbrauch
der Einwanderer ansteigt. Der ungerechte Ressourcenstrom von den armen in die
reichen Länder bewirkt einen unsinnigen gleichgerichteten Migrationstrom. Unsinnig,
weil jeder Einwanderer entweder den Ressourcenstrom anhebt, oder den individuellen
Wohlstand im Zielland absenkt. Denn ein und dieselbe begrenzte Ressourcenmenge muss
unter mehr Menschen aufgeteilt werden. Die Eingewanderten nutzen die Ressourcen
ihres Herkunftslandes nicht direkt in diesem, sondern indirekt im Zielland, in
das die Ressourcen hin geflossen sind. Sie wandern mehr oder weniger den
Ressourcen und damit dem Möglichkeiten nach, aus ihnen Wohlstand zu erarbeiten,
ein Rückfall in das Zeitalter der jagenden und sammelnden Nomaden.
Die Ressourcenneutralität
entzieht dieser Absurdität die Basis: Die reichen Länder kommen nach einem
Übergang mit den eigenen Ressourcen aus und mit jenen, die sie mit ihnen einhandeln
können. Wenn etwa mit Bananen die Fläche eines äquatornahen Landes genutzt
wird, wird dessen Bürgern eine gleichwertige eigene Fläche zur Verfügung
gestellt. Erreicht wird dies beispielsweise durch eine schrittweise zunehmende
Besteuerung der Ressourcen sowie des in den Importen enthaltenen grauen
Ressourcenanteils. Eine Besteuerung, die aufkommensneutral ist, weil die dabei
aufgebrachten Mittel verwendet werden, um bisherige Steuern um ein und denselben
Betrag pro Kopf zu senken, oder diesen Betrag zurückzuzahlen. Die reichen Länder
leisten auf diese Weise ihren Beitrag zum Abbau des Wohlstandsgefälles zu den
armen Ländern. Sie lassen diesen ihre eigenen natürlichen Ressourcen und
liefern ihnen kostenfrei das Wissen, um daraus möglichst viel Lebensqualität zu
gewinnen.
Der zur Demokratie nötige Freiraum
kann nur außerhalb des sich gefährlich verschärfenden globalen Verteilungskampfes
um rasch knapp werdende Naturressourcen gefunden werden. Demokratie und die
gewaltsame „Sicherung von Ressourcenimporten“ schließen einander aus. Die
Ressourcenneutralität ermöglicht dagegen die militärisch, politische Neutralität.
Die Bevölkerungsautonomie
Die Ressourcenneutralität ermöglicht
aber auch die Bevölkerungsautonomie, die Freiheit jeder Bevölkerung
demokratisch über die Maßnahmen entscheiden zu können, von denen ihre
zukünftige Größe abhängt. So könnte die Bevölkerung etwa anlässlich der regelmäßig
stattfindenden Parlamentswahlen gefragt werden, um wie viele jährliche Prozent
sie wachsen oder schrumpfen will, und dies nach ausführlicher chancengleicher
Diskussion der Vor- und Nachteile der zur Wahl stehenden Optionen. Die schwierige
Absenkung der Nutzung der Naturressourcen auf das Angebot des eigenen Landes (auf
die Ressourcenneutralität) muss mit der Möglichkeit der Wahl zwischen den
Alternativen einhergehen, ob Wenige individuell über viele Ressourcen verfügen
wollen oder Viele über wenige.
Wohlstand (noch besser
Wohlbefinden) lässt sich nur durch menschliche Arbeit aus diesen
Naturressourcen gewinnen. Und wenn ein Land mit nur wenigen natürlichen Ressourcenvorkommen
gesegnet ist, dann hängt das Wohlbefinden vor allem von der Qualität dieser
Arbeit ab, von der Bildung, dem Einfallsreichtum und der Tüchtigkeit seiner
Bevölkerung. Deshalb muss ihre Mehrheit nicht nur wählen können, wie viele immigrieren,
sondern auch wer. Derzeit wandern im Mittel weniger Qualifizierte ein, und hoch
Qualifizierte aus. Das Potential zur Schaffung von Wohlbefinden sinkt: Weil die
Qualifikation Eingewanderter oft auch nach mehreren Generationen nicht angehoben
werden kann und weil die Effizienz der Schulen wegen der Überlastung mit
Integrationsaufgaben abnimmt. Und die Einwanderung hoch Qualifizierter aus
armen Ländern ist ungerecht, weil sie in ihren Herkunftsländern bitterlich
fehlen.
Es darf keinen Vorteil bringen,
wenn Länder mehr als die eigenen Naturressourcen verbrauchen oder wenn sie mehr
Menschen in die Welt setzen, als von ihnen getragen werden können, sodass sie
auswandern müssen. Im Einklang mit dem Verursacherprinzip müssen selbst
verursachte Lasten auch selbst getragen werden und dürfen nicht auf andere
Länder abgewälzt werden. Diesem Territorialprinzip, der Eigenständigkeit
kleiner, überschaubarer, beherrschbarer und daher demokratischer Einheiten,
steht das immer dominanter werdende Globalprinzip entgegen:
Territorial- statt Globalprinzip
Insbesondere seit den Schrecken des letzten Weltkriegs wird es unter der täuschenden
Flagge „globaler Grundfreiheiten“ vorangetrieben. Während Franklin D.
Roosevelt in seiner achten „State of the Union
Adress“ vom 6. Jänner 1941 noch eine politische Ordnung entwarf, die auf „Vier
Grundfreiheiten“ zur Meinungsäußerung, zur Religion, sowie von Not und Furcht –
überall in der Welt – aufbaut, findet sich in seiner mit Winston Churchill am
1. August 1941 beschlossenen „Atlantik Charta“ bereits folgender vierter Grundsatz:
„…alle Staaten,….(sollen) gleichermaßen
Zutritt zum Handel und zu den Rohstoffen der Welt erhalten, um zu wirtschaftlichem
Wohlstand zu gelangen…“. In seiner Rede an der Universität in Zürich vom 19.
September 1946 entwarf dann Churchill die Vision „Vereinigter Staaten von Europa“. Aus dieser Vision ist inzwischen die
Europäische Union (EU) geworden, getragen von „Vier Grundfreiheiten“ der
Niederlassung und des Verkehrs von Kapital, Waren und Diensten, die aber schon
gar nichts mit denen Roosevelts zu tun haben. Im Einklang mit Ihnen hebt die
„Raw Materials Initiative” 2008 der EU hervor, dass :…”die Sicherung eines zuverlässigen und ungestörten Zugangs zu Rohstoffen
ein zunehmend wichtiger Faktor für die Konkurrenzfähigkeit der Union … sei…“;
oder: “… Die Tatsache dass sich einige
wichtige Rohstoffquellen in Teilen der Welt befinden, die keine Marktwirtschaft
haben, oder politisch bzw. ökonomisch instabil sind, stellt besondere Risiken
dar…“; oder die EU Handelsstrategie “Global Europe” 2006: „… Hohe Priorität muss es sein mit den
Beschränkungen des Zugangs zu Ressourcen, wie Energie, Metallen (…) primären
Rohstoffen fertig zu werden…“:
Es gilt sich die Ressourcen der
Länder der Welt anzueignen - mit allen Mitteln. Dass es dort Menschen gibt, die
die eigenen Ressourcen zum Leben brauchen, wird ignoriert. Die gefährlich
harmlos klingende Parole: „…Allen Staaten
den Zutritt zu den Rohstoffen der Welt erhalten…“ untergräbt das Recht
jedes Staates auf die eigenen Ressourcen. Sie wird von den Mächtigen dieser
Welt gepredigt, weil sie in der Lage sind, lästige Konkurrenten der Ausbeutung
der Ressourcen zu verdrängen und diese an sich zu reißen.
Jeder zweite in der EU verspeiste
Fisch wird in auswärtigen Gewässern gefangen, meist an den Küsten Afrikas, wo
er zur Grundnahrungsversorgung gehört. Nachdem EU-Fischtrawler die Küsten
Somalias leer gefischt hatten und sich aus der Gegenwehr der dadurch einkommenslos
gemachten Fischer die Piraterie entwickelt hatte, wird allein diese Piraterie militärisch
bekämpft und die Raubfischerei der EU nun auch auf die Küsten Westafrikas ausgedehnt.
Zudem wird Afrika als Müllhalde und Absatzmarkt missbraucht und Schritt für
Schritt seiner Lebensmöglichkeiten beraubt. EU-Abfall, wie Elektronikschrott
wird unter Umgehung aller EU-Normen „entsorgt“, um die Kosten ihrer Einhaltung
zu umgehen. EU-Nahrungsmittel werden auf afrikanischen Märkten weit unter den
Preisen angeboten, zu denen dies die dortigen Kleinbauern können.
Eigenstaatlichkeiten oder
Demokratien sind all dem im Wege. Sie sind „abzuschaffen“, wenn sie etwa gemäß
der zitierten EU Dokumente keinen zuverlässigen und ungestörten Zugang zu ihren
Rohstoffen ermöglichen, etwa dadurch, dass sie „keine Marktwirtschaft haben“,
oder „politisch bzw. ökonomisch instabil sind“. Oder man errichtet mehr oder
weniger gewaltsam von außen korrupte Regierende, die die freie Ausbeutung der
Rohstoffe des Landes gegen den Willen der eigenen Bevölkerung ermöglichen. Wobei
vor allem das militärisch mächtigste Land mit schlechtem Beispiel vorangeht: Es
verschwendet besonders viele Ressourcen anderer Länder und hat in den letzten
beiden Jahrhunderten durchschnittlich jedes zweite Jahr in anderen Ländern
interveniert oder sie gewaltsam militärisch angegriffen, ohne dass dies als Verteidigung
rechtfertigbar war. Mehrmals wurden dabei demokratisch gewählte
Staatsverantwortliche durch Diktatoren ersetzt. Wenn dieses Globalprinzip
Schule macht, führt es geradewegs in die globale Selbstauslöschung. Ausgehend
von friedlichen, selbstgenügsamen und ressourcenneutralen Keimzellen ist das
Globalprinzip aufzulösen!
Volksentscheide mit
Informationsausgewogenheit
Hans Peter Aubauer
Einleitung
Die indirekte
Parteiendemokratie gerät auch in Österreich in den destruktiven Einfluss der Medien, in die Abhängigkeit von Lobbys und auch deswegen immer mehr außer Kontrolle, vor allem weil das kontrollierende Korrektiv des Souveräns, des Volkes, zunehmend ausgeschaltet
wird. Die Volksvertreter vertreten nicht mehr die Interessen des Volkes, kennen sie gar nicht, interessieren sich nicht für sie,
finden sie eher störend und haben die Einflussmöglichkeit des Volkes auf die Politik insbesondere durch den Souveränitätsabbau zugunsten der Europäischen Union undemokratisch zurück gedrängt. Undemokratisch, weil es grundsätzlich keine demokratische Möglichkeit geben kann, die Demokratie einzuschränken oder
gar abzuschaffen! Ganz entsprechend der indirekt demokratischen Möglichkeit die
Ausübung der Souveränität durch Regierende
in wiederkehrenden Wahlen zu überprüfen, müsste zumindest auch die EU-Mitgliedschaft Österreichs regelmäßig evaluiert werden. Das Volk müsste nach einer ausgewogenen Diskussion gefragt werden, ob es mehrheitlich mit der bisherigen Mitgliedschaft so einverstanden ist, dass sie fortgesetzt werden soll.
Zunehmend wird dagegen bequem indirekt demokratisch über die Köpfe der Menschen und gegen ihre mehrheitlichen Interessen entschieden, wodurch die Menschen je nach Temperament in die Resignation, in
das Aufbegehren oder bestenfalls in das Desinteresse getrieben werden —ganz im Interesse der Machthaber. Weil die Orientierung am Volks‑
willen durch die stabilisierende Rückkoppelung der Bevölkerung zwischen den Wahlgängen fehlt, ist das Machtviereck aus Parteien, Medien, Lobbys und der Europäischen Union instabil. Es droht in unbeherrschbare Konflikte, in die Unregierbarkeit und damit in die Versuchung abzugleiten die letzten demokratischen Elemente zu beseitigen und sie durch polizeistaatliche zu ersetzen. So entstehen Diktaturen. Formal existiert in Österreich das Volksbegehren. Von den Bürgern mühevoll erarbeitete
Volksbegehrensergebnisse
bleiben aber auch dann
ohne Wirkung, wenn sie beachtlich sind. Formal gibt es auch eine Volksabstimmung. Das österreichische Volk wurde
aber bei der wesentlichsten
Abstimmung über seinen
EU-Beitritt im Jahr 1994 durch
eine Propagandakampagne irregeführt. Zu
weiteren drastischen Einschränkungen der
österreichischen Souveränität, etwa
durch den Lissabon Vertrag wurde die
Bevölkerung gar nicht mehr gefragt. Formal gibt es das Bürgerbegehren der EU. Es demonstriert aber nur die Überheblichkeit gegenüber den Bevölkerungen. Faktisch bietet die Politik der Bevölkerung keinerlei direkt demokratische Kontrollmöglichkeiten.
Die auf die Politik übermächtig hereinbrechenden Herausforderungen -eine sozial verträgliche Reduktion der Belastung der Natur auf ihre Belastungsgrenze - der Ausstieg aus globalen Ressourcenverteilungskämpfen - die nationale Bewältigung des weltweiten Bevölkerungs-, Konsum- und Kapitalzuwachses - die Rettung des eigenen Entscheidungsspielraumes bei gleichzeitig wachsendem Globalisierungsdruck - diese Herausforderungen sind jedenfalls nur mit einer „direkt demokratisch kontrollierten
indirekten Demokratie" zu
bewältigen, also einer indirekten
Demokratie zusammen mit Volksentscheiden,
vor denen ausreichend und ausgewogen
diskutiert sowie informiert wird:
Volksentscheide weitgehend nach
Schweizer Vorbild und die
vorbereitenden Diskussionen etwa
nach dem Vorbild der „Regierungskampagne Kernenergie" vor der Volksabstimmung im Jahr 1978 und durchaus nach dem
Vorbild der gerade stattfindenden
öffentlichen Diskussionen um das
Projekt Stuttgart 21. Nur erwähnen
möchte ich hier den Vorschlag einer
„liquid democracy"1, die die neuen elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten zu einer Misch‑
form
von indirekter und direkter Demokratie nutzt.
Zu den Volksentscheiden
Erstens - durchaus entsprechend der
Schweizer Bundesverfassung
sollte geregelt werden, welche Art von Gesetzen, Staatsverträgen und anderen
Sachfragen zwingend einer Volksabstimmung
(einem obligatorischen Referendum)
unterstehen (z. B.
Verfassungsänderungen, Einschränkungen
der Souveränität oder der
Neutralität, ausländische Kampfeinsätze).
Zweitens - die übrigen Gesetze sollen einem fakultativen Referendum unterliegen,
d.h. innerhalb von drei Monaten nach
der Verabschiedung eines Gesetzes
oder einer Gesetzesänderung durch
das Parlament können 50.000
Stimmberechtigte mit ihrer
Unterschrift eine Volksabstimmung verlangen, in der sie der Verabschiedung oder Änderung zustimmen
oder sie verwerfen.
Drittens - in Anlehnung an das Instrument der Schweizer
Volkinitiative sollten Volksbegehren ohne inhaltliche
Einschränkung (auch über die Änderung der Verfassung oder von
Staatsverträgen), die von mindestens 100.000
Stimmberechtigten unterschrieben
werden, innerhalb einer geeigneten Frist nach Einreichung der Unterschriften einer Volksabstimmung unterzogen werden,
deren Mehrheits-Ergebnis bindend ist.
Zur Informationsausgewogenheit vor
Volksentscheiden
Es geht schlicht darum als Norm einzuführen, wozu die Politik bisher als direkt demokratischer Ausweg aus indirekt demokratischen Sackgassen gezwungen wurde: Ausführliche, gegenüber
den Kontrahenten chancengleiche,
tief in Sachdetails gehende, ergebnisoffene Diskussionen (u. a. mit der „Nulloption" bei Bauprojekten) in aller Öffentlichkeit unter Ausnützung der
elektronischen Möglichkeiten wie des
Internets. Die
Medien werden dabei gesetzlich verpflichtet, den Befürwortern und Gegnern (unabhängig von ihrer Finanzausstattung) gleiche Möglichkeiten
zu geben, sich an die Öffentlichkeit
zu wenden. Ganz in Übereinstimmung
mit der dem Gemeinwohl verpflichteten Pressefreiheit können sie
entweder nichts berichten oder auch völlig
einseitige Berichte bringen, solange
sie der Gegenmeinung ebenso viel Argumentationsraum einräumen. Vor der
Kernkraft-Volksabstimmung im Jahr 1978 gab es genau diese ausgewogene Berichterstattung. Die Politik sah sich zum öffentlichen Gespräch über die
Inbetriebnahme eines schlüsselfertigen
Kernkraftwerkes gezwungen, genau wie gerade jetzt im Stuttgarter Rathaus über die Fortsetzung
des vier Milliarden Euro Bahnprojektes Stuttgart 21. Gezwungen, weil das Zwentendorfer Kernkraftwerk
und der Stuttgarter Bahnhofsumbau
indirekt demokratisch ohne direkte
Zustimmung der Bevölkerung beschlossen
wurden und der so provozierte Bevölkerungswiderstand
das Gespräch zwischen den
Kontrahenten zusammen mit ihren
Fachleuten ertrotzte. Das sieben
Milliarden Euro teure Schweizer
Bahnprojekt des St. Gotthard Tunnels
wurde dagegen schon vor seiner
Inangriffnahme geeignet diskutiert
und in zwei Volksabstimmungen 1992
und 1994 direkt demokratisch von der Bevölkerung beschlossen. Konfliktlos und zum offensichtlichen Allgemeinwohl der Schweiz, aber auch Österreichs ist es inzwischen
in Fertigstellung.
Eine chancengleiche Diskussion vor Volksentscheiden entkräftet die Kritik an der direkten Demokratie
Das wesentliche Argument gegen die direkte Demokratie ist die angeblich mangelnde Qualifikation der Bevölkerung. Sie könne keine komplizierten Entscheidungen treffen. Schon die Schweizer Erfahrungen zeigen aber
das genaue Gegenteil. Erst in einer
gründlichen, kontroversen und öffentlichen Diskussion, in der alle Meinungen, Interessen, aber auch der ganze verfügbare akademische Sachverstand vertreten ist, entsteht das Wissen über die Lösung komplexer Fragestellungen, die der gegenwärtigen, aber auch zukünftigen Bevölkerungsmehrheit dient. Sachverständige
der einen Seite werden öffentlich der Kritik
von Fachkollegen der anderen Seite
ausgesetzt, die die Bevölkerung in
das Gespräch einbringt. Professoren
oder Ingenieure werden zu einer
verständlichen und überzeugenden
Sprache gezwungen. Die Dominanz der
Entscheidungen immer derselben wenigen protegierten Professoren im stillen Kämmerlein über die Meinungsbildung der Abgeordneten verschwindet
— Abgeordnete, die nachweisbar den Inhalt
dessen kaum kennen, über das sie
entscheiden. Oft habe ich öffentliche
Dispute erlebt, in denen Hausfrauen
ihre professoralen Gesprächspartner
gar nicht gut aussehen ließen.
Unsachlichkeiten der öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen würden die Gesellschaft spalten. Dagegen weichen Polemik
und Untergriffe in öffentlichen Auseinandersetzungen
zwangsläufig Sachargumenten, weil
sie entlarvt werden und ihre Urheber
schwächen. Ob es den Befürwortern
einer Entscheidung in einer
öffentlichen Argumentation gelingt,
die Gegner zu überzeugen oder
umgekehrt - in beiden Fällen wird
das Ergebnis von der Bevölkerungsmehrheit eher akzeptiert, als wenn Bevölkerungsteile, wie in der indirekten Demokratie, von der
Mitentscheidung ausgeschlossen werden.
Entsprechend einer weiteren Kritik könne
die direkte Demokratie von Populisten und Volksverhetzern missbraucht werden. Schon Hitler habe seine verbrecherischen Beschlüsse wie
den Einmarsch in Österreich (1938) durch
eine Volksabstimmung legitimieren
lassen. Das ist richtig, das
österreichische Volk wurde bei seiner Abstimmung aber
durch eine Propagandakampagne irregeführt. Bekanntlich erstrebte
der damalige Bundeskanzler Kurt
A. J. J. Schuschnigg davor eine
demokratischere Volksabstimmung
über die Unabhängigkeit Österreichs,
welche selbst von den damals
illegalen Sozialdemokraten und Kommunisten unterstützt worden wäre. Die Nationalsozialisten vereitelten sie aber.
Eine ausgewogene
Information und Diskussion
vor Volksentscheiden vermeiden
das Abgleiten in Irrationalitäten
und in die Abhängigkeit von
Partikulärinteressen. Ausführliche öffentliche chancengleiche Gegenüberstellungen dienen dagegen gerade dazu einseitigen Hetzern den Boden zu entziehen. Unruhestifter und Lobbyisten haben auf die extrem kleine Anzahl von Menschen, die üblicherweise
in der repräsentativen Demokratie
entscheiden, einen viel größeren
Einfluss, als auf eine breite öffentliche
Kontroverse. So ist etwa auch keine direkt demokratische Einführung der
Todesstrafe zu befürchten. Die Schweiz lebt
seit über 150 Jahren mit direkter Demokratie und noch nie wurde über die Todesstrafe abgestimmt. Eine „Eidgenössische Volksinitiative „zur
Rettung unserer Jugend: Wiedereinführung der Todesstrafe für Personen die mit Drogen handeln"" scheiterte 1985 bereits
im Sammelstadium.
Kritisiert wurde die Schweizer Volksabstimmung „Gegen den Bau von
Minaretten" vom 29. November 2009.
Da sie kein Menschenrecht verletzt, ist sie ein gelungener Versuch sich gegen die Aushöhlung des Nationalstaates
durch die außernationale Globalisierung zu
wehren. Natürlich können auch direkt
demokratische Entscheidungen falsch sein, wie für die Kernenergie in der Schweiz. Weil mehr Sachverstand und mehr von der Entscheidung betroffene
Menschen dabei mitwirken, liegt die Fehlerrate direkt demokratischer Entscheidungen aber weit unter der der indirekt demokratischen Entscheidungen.
Volksabstimmungen kosten angeb‑
lich
übermäßig Zeit und Geld. Dagegen wurde
nachgewiesene, dass die direkte Demokratie (mit etwa fünf jährlichen Volksentscheiden) im Vergleich zur rein repräsentativen Demokratie zu politisch und ökonomisch effizienteren Lösungen führt. Die Volksabstimmungen über Budget- und Steuerfragen in der Schweiz bringen z. B. die vorbildliche Ausgabendisziplin. Das Volk passt auf, dass sein mühevoll erarbeitetes Steuergeld nicht verschwendet wird. Und der Vergleich der Bahnprojekte Stuttgart 21 und St. Gotthard zeigt, wie zeit- und kostensparend direkte Demokratie
sein kann.
Es existiert einfach keine vernünftige Alternative zur Demokratisierung der Gesellschaft eines Kleinstaates mittels der dargestellten
drei informationsausgewogenen Volksentscheide, denen erstens ein Teil der Gesetzes- und Sachentscheidungen verpflichtend unterworfen wird (das obligatorische Referendum), Volksentscheide,
die zweitens alle politischen
Gesetzeswerdungen mit der Unterstützung
von 50.000 Stimmen kontrollieren
können (das fakultative Referendum) und
drittens bindende Volksabstimmungen
über alle Sachfragen, die 100.000
Stimmen initiieren können.
Dieser Vortrag wurde am 11.11.2010 von Univ. Prof. Hans Peter Aubauer
im Parlament gehalten.
Vortrag am Kongress "Mut zur Ethik" in Feldkirch: 2008 und 2009
Vortrag am Kongress "Mut zur Ethik" in Feldkirch: 2008 und 2009
Zügelung des Kapitalismus4 >hier
Zur Entmündigung Österreichs durch die Annahme des EU-Reformvertrages ohne Volksabstimmung>>>klick
A. Univ.
http://www.direktedemokratie.at/bb10.pdf
http://www.wien-konkret.at/politik/eu/vertrag-von-lissabon/kundgebung-ballhausplatz/aubauer/
- Prof . Dipl.-Ing. Dr. techn. Hans Peter Aubauer MSc. Biographie (Geboren 1939 in Graz) :
http://www.wien-konkret.at/politik/eu/vertrag-von-lissabon/kundgebung-ballhausplatz/aubauer/
- Prof . Dipl.-Ing. Dr. techn. Hans Peter Aubauer MSc. Biographie (Geboren 1939 in Graz) :
Wissenschaftliche Laufbahn: 1963: Diplom (Experimentelle Physik) an „Technischer Universität“ in Wien.
1968: Diplom- und Dissertationsabschluß (Theoretische Physik) an „University of Chicago“, Ill. U.S.A.
1978: Habilitation an „Universität“ in Wien
(venia legende: „Experimentelle und theoretische Festkörperphysik“).
Seither: „Umweltwissenschaft“ an der „Universität“ in Wien.
Beschäftigung: 1958: Endprüffeld der Fa. „Schrack“ in Wien (Starkstromanlagen).
1960: Forschungsabteilung der Fa. „C. Plath“ in Hamburg, Deutschland (Schiffselektronik).
1961: Forschungsabteilung der Fa. „Nuclide Analysis“ in State College, Pa. U.S.A. (Massenspektrometer).
Ab 1963: Lehrassistent an „Pennsylvania State
University“ in State College, Pa. U.S.A. Ab 1962: Forschungsassistent an
„University of Chicago“, Ill. U.S.A.
Ab 1968: Leiter einer Forschungsgruppe (Metalloptik) am „Max-Planck-Institut für Metallforschung“ in Stuttgart, Deutschland.
Ab 1971: Assistent am „II. Physikalischen Institut der Universität“ in Wien.
Seit 1978: Leiter der Arbeitsgruppe Umweltphysik
am Institut für Materialphysik der Universität in Wien. Hans Peter
Aubauer ist Physiker, 1939 geboren, aufgewachsen auf einem
Bergbauernhof, Studium der Experimentalphysik an der Tech. Univ. Wien,
der Theoretischen Physik an der Univ. Chicago USA, Forschungen am
Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart BRD, Habilitation
über Festkörperphysik.
Zugang zum Thema über Erfahrungen in
ertragsarmer Landwirtschaft und in lebensfeindlichen Großstädten,
Forschung und Lehre an Univ. Wien über die komplexen
Mensch/Naturwechselwirkungen, Zusammentreffen mit Konrad Lorenz in
Tübingen, den Biologen in Wien und interdisziplinärer Forschung in
Laxenburg. Engagement in Österreichischen und Internationalen
Umweltkonflikten.
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